Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin
Leute aus der Mannschaft waren darin keine Neulinge mehr.
Sobald diese vier Theile vom Kopfe nach dem Deck geschafft waren, begann man mit dem Abhäuten des Specks. Die Haut des Wales war zu diesem Zwecke durch Einschnitte in einen Faden breite und zwischen acht und neun Fuß lange Streifen zertheilt worden.
Als sich der größte Theil des Specks an Bord befand, schnitten die Matrosen den mächtigen Schwanz des Thieres ab, der mit anderen nutzlosen Theilen des Rumpfes ins Wasser geworfen wurde. Andere Theile des Thieres wurden zur Ablösung des Specks an Bord genommen, weil diese Arbeit hier bequemer war als vorher, wo das große Seesäugethier noch angeseilt neben dem Schiffe lag.
Der ganze Vormittag ging, obwohl man keinen Augenblick rastete, mit dieser nicht gerade angenehmen Beschäftigung hin, und Bourcart ließ sie erst gegen ein Uhr, nach dem Mittagsessen, wieder aufnehmen.
Die Matrosen gingen nun daran, den Kopf selbst vollends zu zerlegen. Als die Harpuniere daraus vier Theile gemacht hatten, lösten sie mit der Axt die Barten los, die je nach ihrer Dicke mehr oder weniger lang sind. Von diesen faserig-hornigen Gebilden sind nämlich die vordersten kurz und schmal, sie nehmen dann nach der Mitte des Rachens hin an Größe zu und werden im hinteren Rachentheil wieder kleiner. In vollkommener Regelmäßigkeit angeordnet und mit den Wurzeln in einander gefügt, bilden sie eine Art Gitterwerk oder Reuse, die die winzigen Wasserbewohner, die Myriaden kleiner Gliederthiere, mit denen die Spritzwale sich ernähren, gut zurückhalten.
Als die Barten losgelöst waren, ließ Jean-Marie Cabidoulin sie nach dem Hintertheile, neben die Deckcajüte schaffen. Hier sollten sie geschabt werden, um sie von dem walrathähnlichen, aus dem Zahnfleisch abgesonderten, verhärteten Schleime zu befreien. Das im oberen Theil des Kopfes enthaltene Fett wurde herausgeschält und vorläufig zurückgelegt. Nachdem dann der Kopf von allem nutzbaren Inhalte befreit war, wurden dessen Ueberreste einfach über Bord geworfen.
Das Ende des Tages und den ganzen folgenden widmete die Mannschaft dem Schmelzen des Specks. Da von den Wachhabenden nichts über das Auftauchen eines zweiten Wals gemeldet wurde, brauchten die Boote nicht wieder ausgesetzt zu werden, und alle Leute konnten sich an der, eine gewisse Beschleunigung erfordernden Arbeit betheiligen.
Meister Cabidoulin ließ eine ziemliche Anzahl Baljen (Schiffskübel) zwischen dem Großmast und dem Vordercastell aufstellen. In diese warf man den zu kleinen Stücken zerschnittenen Speck, setzte ihn darin einem starken Drucke aus und verwandelte ihn dadurch in so kleine Stückchen, daß diese in die Töpfe des Schmelzofens eingelegt werden konnten, worin sie unter der Wirkung der Hitze schmolzen.
Was dann von dem Speck übrig blieb, die sogenannten Grieben oder Griefen, diente dann selbst wieder zur Unterhaltung der Feuerung für die Zeit, wo der Ofen in Betrieb erhalten wurde, d. h. so lange, bis der gesamte vorhandene Speck zu Thran verwandelt war. Nach Vollendung dieser Operation brauchte jener nur noch in die im Frachtraume aufgestellten Fässer abgelassen zu werden.
Das verursacht keine besonderen Schwierigkeiten. Man läßt den Thran einfach durch eine kleine Luke des Decks durch einen mit Hahn versehenen Hanfschlauch nach einer im Innern aufgestellten Balje ablaufen und von dieser aus wird er in die Fässer gefüllt. Damit ist die Arbeit beendigt und sie beginnt wieder in ganz gleicher Weise, wenn von den Booten weitere Wale neben die Schiffswand geschleppt worden sind.
Am Abend dieses Tages und als der Thran in die Fässer gefüllt war, fragte Bourcart den Meister Cabidoulin, ob er sich nicht über die von dem Thiere gelieferte Ausbeute getäuscht habe.
»Nein, Kapitän, erklärte der Böttcher, der Bursche hat uns hundertfünfzehn volle Fässer eingebracht…
– Wie… soviel? rief der Doctor Filhiol, das muß man gesehen haben, um es zu glauben!
– Ja freilich, meinte Heurtaux, doch das war auch der größte Walfisch, den wir je harpuniert haben.
– Ein glücklicher Wurf des Lieutenants Allotte, setzte Kapitän Bourcart hinzu, und wenn der sich so ein dutzendmal wiederholt, hätten wir fast schon unsere ganze Ladung.«
Man sieht aus diesen Worten, daß die günstigen Erwartungen Bourcart’s doch den Sieg über Jean-Marie Cabidoulin’s ungünstige Prophezeiungen davontrugen.
Die Meeresgegenden bei Neuseeland sind mit Recht sehr gesucht. Vor dem Eintreffen des
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