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Die Hölle von Tarot

Die Hölle von Tarot

Titel: Die Hölle von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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doch war, in der Natur perfekte geometrische Figuren zu zeichnen, wenn man nur wußte, wie. Es war einfach ein Spier auf dem Weg zur Schule und dauerte nicht einmal so lange, daß er sich verspätet hätte. Zufällig geschah es in der Nähe von Mrs. Kurrys Haus. Sie stürmte heraus und entlud über ihn die schlimmste Schimpfkanonade ihres Lebens. Sie beschuldigte ihn, ihre Bäume zu ruinieren, ein Loch in einen Reifen gestochen zu haben und aufsässig zu sein. Er versuchte ihr zu erklären, daß er die Bäume nicht beschädigt hatte. „Du hast es aber doch getan!“ schrie sie. „Genau wie du den Wasserhahn in der Schule kaputtgemacht hast!“ Und dann jagte sie ihn fort.
    Auch hier hatte die Sache nicht aufgehört. Es gab einen Brief an den Lehrer, eine Klage bei Pauls Eltern und Rufe aus ihrem Haus, wann immer er dort vorbeiging. Aber er mußte ja zur Schule gehen, und dies war der einzige Weg. Schließlich fand man eine alternative Route durch den Wald heraus, damit Paul dieses Haus umgehen konnte. Sein Leben war dadurch noch schwerer geworden – weil diese Nachbarin gegen ihn falsches Zeugnis abgelegt hatte.
    „Aha“, bemerkte Satan. „Wir haben sie nun hier in der Hölle. Im Reich von Beelzebub. Ich muß dafür sorgen, daß der Herr der Fliegen sie wegen falscher Anschuldigungen bestraft.“ Die Papiere raschelten, während er sich eine Notiz machte.
    In der Schule war alles in Ordnung. Die Kinder zogen ihn nicht mehr auf, wenn seine Hand zuckte oder er zwanghaft zu zählen begann, und er hegte ein originäres Interesse an vielen verschiedenen Dingen. Daher stand er nicht so schlecht. Im Verlauf des Tages tat ihm manchmal der Bauch weh, aber daran war er gewöhnt. Nur wenn er einen schlimmen Anfall hatte, einen von denen, die ihn einen halben Tag lang sich vor Schmerzen winden ließen, war er wirklich betroffen – und glücklicherweise passierte das nicht allzu oft. Heute war nur ein Tag mit geringen Schmerzen – kein Problem.
    Seine schriftlichen Arbeiten erledigte er rasch und verweilte dann noch bei dem Versuch, ein realistisches, naturgetreues Dachfenster zu zeichnen – eines von denen, die aus dem Dach herausragen. Ein normales Fenster war leicht, weil es nur aus geraden Linien bestand, aber ein Dachfenster hatte alle möglichen Ecken und Winkel, die man nur schwer zu Papier bringen konnte. Es war schwierig, es auf ein flaches Blatt Papier zu zeichnen und trotzdem realistisch aussehen zu lassen, und er war sich nicht sicher, ob das überhaupt möglich war. Schließlich handelte es sich doch letztendlich um drei Dimensionen. Aber es stellte für ihn eine Herausforderung dar. Wenn er hier vielleicht eine Linie abbog …
    Oh – oh. Die Lehrerin hatte ihn aufgerufen, und er hatte sie überhaupt nicht gehört. Seine Klassenkameraden lachten schon über ihn. Sie hielten ihn für dumm, und er vermutete, daß sie recht hatten. Warum konnte er nie richtig aufpassen? Die anderen waren klüger. Sie paßten immer auf. Sein Interesse am Dachfenster verschwand.
    Auf dem Heimweg hörte er in der Ferne einen Hund bellen. Er blickte sich nervös um in der Hoffnung, das Tier würde seinen Weg nicht kreuzen. Einmal hatte er einen fremden Hund gestreichelt, und dieser war ihm mit einem solchen Knurren ins Gesicht gesprungen und hatte die Zähne gefletscht, daß er unter Tränen geflohen war. Andere Kinder hatten ihn dafür ausgelacht. Im letzten Jahr hatten ihn streunende Hunde angefallen, hatten gebellt, waren an ihm emporgesprungen und hatten ihn geängstigt. Einer hatte ihn in den Rücken gebissen, doch niemand hatte darauf geachtet. Man sagte immer, Hunde, die bellen, beißen nicht, aber das stimmte gewiß nicht. Es war einfach so, daß ein zwanzig Kilogramm schwerer Hund einem siebenundzwanzig Kilogramm schweren Jungen viel größer vorkam als einem siebzig Kilogramm schweren Menschen. Heute jedoch hatte Paul Glück. Der ferne Hund lief in eine andere Richtung.
    Aber eigentlich waren Hunde noch bei weitem nicht so schlimm wie das Ungeheuer. Immerhin konnte man sie sehen. Das Ungeheuer war eine ganz andere Geschichte. Es folgte ihm jeden Tag heim von der Schule, riesig und bedrohlich, wie ein Tausendfüßler in Drachengröße mit tödlichen Greifern vorn und einem zwei Meter langen Giftstachel am Hinterteil und glühenden Augen an den Enden, die es herumdrehen konnte, um alles zu sehen. Es streckte die Myriaden von Beinpaaren aus, um das Gebüsch zu durchkämmen. Das tat es, damit sich Paul nicht darin verstecken

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