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Die Hölle von Tarot

Die Hölle von Tarot

Titel: Die Hölle von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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Mission erfüllt werden, die dieser Mensch auf sich genommen hat.“ Doch er wußte aus dem Verlauf der Geschichte, daß dies im engeren Sinne nicht so eingetreten und der Gaukler umsonst gestorben war. Die Waldenser hatten niemals viele Anhänger gefunden, wenn auch ihre Ideen breiten Anklang gefunden hatten.
    Nun untersuchte er die Habe des Gauklers. Es war das Übliche. Der Wendemantel, Jacke und Hose, der Schlapphut mit dem unendlichen Rand; die Fläschchen mit Pulver, das Feuer färbte und andere Effekte hervorrief; der Zauberstab, der sich bog, wenn man ihn an einer Seite hielt, doch aufrecht stand, wenn man die andere Seite anfaßte (oh, dieses Phallussymbol!), Kelch, Messer und Münze sowie die zweiseitige Flöte. Das tat ihm am meisten weh, denn dieses Instrument hatte Bruder Paul herbeigerufen und die Schönheit eines Liedes in die Welt des vierzehnten Jahrhunderts gebracht. Eine traurige Erinnerung! Doch all diese Gegenstände wurden durch die Bedeutung des Tarotspiels in den Schatten gestellt, das Original einer Idee, die sich zu vielen Variationen verzweigt hatte. Dies war vielleicht die wahre Mission des Mannes – daß er der Welt die Wahrheit über das Tarot gab. In diesem Sinne war das Leben des Gauklers vielleicht doch nicht vergebens gewesen.
    Ein Halbmond war am Himmel aufgegangen. Bruder Paul ging zum Fluß hinab, um sich zu waschen und einen Schluck zu trinken. Dann kehrte er zurück zu der Grabstätte. Als er dort zwei wilde Hunde herumschnüffeln sah, war er entsetzt. „He! Haut ab!“ schrie er. Die Hunde hielten inne, als sie seine Stimme hörten, und wandten sich schon zur Flucht. Doch dann sahen sie den Mond und hoben die Schnauzen hinauf, um ihn anzubellen. Bruder Paul wußte, daß Hunde als nasenorientierte Wesen Schwierigkeiten hatten, wenn sie etwas sehen, aber nicht riechen konnten; der eine Sinn sagte ihnen, daß etwas da war, doch der andere stritt es ab. Ein Mensch, der eine Stimme hört, aber niemanden findet, wäre wohl ähnlich verdutzt und würde es einen Geist nennen. Ein Hund bellte einfach.
    Etwas zu seinen Füßen nahm seine Aufmerksamkeit in Anspruch. Es schien ein Fisch zu sein, der aus dem Wasser wollte, als spüre auch er den Mond. Oder wurde er durch das Grab angezogen, fügte Bruder Paul seinem Gedanken mit einem Schauder hinzu. Er blickte wieder zurück zum Grab und sah dort die Schattenrisse der Hunde zwischen den riesigen Bäumen, die den Mond wie dunkle Schlösser einrahmten. Eine hübsche Nachtszene – aber ebenso schrecklich wie seine Vision des Feldes mit dem Löwen. Dahinter lauerte der Tod: nicht der heftige Schock gewaltsamer Zerstörung, sondern der lebenslange Kummer über den Verlust eines anderen.
    Er schritt auf die Hunde zu, und sie rannten davon. Das Grab war unberührt – doch wie lange würde es so bleiben? Aber er konnte nicht länger hier verweilen, um es zu bewachen. Der Gaukler mußte einfach im Tod wie im Leben seine Chance ergreifen.
    Die Nacht war warm. Es war wohl die Jahreszeit der ‚Hundstage’, wenn der Stern des Hundes, Sirius, am Firmament stand … das mußte der Stern sein, den er am Himmel gesehen hatte. Die Nacht konnte er unbeschadet draußen verbringen.
    Bruder Paul fand einen entsprechenden Baum und kletterte in eine Astgabel, wo er es sich leidlich bequem machte. Noch ehe er es merkte, war er auch schon eingeschlafen.
     
    Er erwachte hungrig und noch steifer als zuvor. In dem Wald mochte es Baumfrüchte geben, doch er wußte nicht, wo er suchen mußte, und stehlen wollte er auch nicht. Offensichtlich war er mit dieser Animation immer noch nicht fertig, und er wollte nicht in die Verlustliste geraten, das heißt auf der Strecke bleiben. Satan hatte ihm das Wissen über das wahre Tarotspiel versprochen. Doch Satan hatte nicht versprochen, ihn aus dem vierzehnten Jahrhundert wieder herauszuholen. Er würde sich durchschlagen müssen, bis er bewiesen hatte, daß er unendlich lange hier bleiben konnte.
    Doch welchen legitimen Weg gab es, an Essen zu gelangen? Er wollte den Dörflern nicht zu nahe kommen, weil er das unschätzbar wertvolle Tarotspiel verstecken und behalten mußte. Er war für sie offensichtlich ein Fremder, weil er nur unbeholfen reden konnte, und die tumben Dorfbewohner würden ihm nicht trauen, und bei Soldaten würde er nur auf Mißtrauen stoßen. Selbst wenn er sich in einem Dorf nur zeigte, könnte ihn die Menge töten. Es sei denn …
    Er fiel fast vom Baum herab. Nun, warum nicht? Immerhin hatte er für

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