Die Hoffnung ist gruen
schnell wurde ihr Gesicht wieder von der perfekten, unverbindlichen Miene überzogen.
âIch muss Ihnen leider etwas mitteilen, Frau von Waldhausen. Und es wäre mir lieber, wenn Sie diese Nachricht nicht alleine entgegennehmen müsstenâ, erklärte Gerber mit so sanfter Stimme, wie es ihm nur möglich war.
âDann rufe ich wohl am besten meinen Mann an. Er müsste sowieso schon auf dem Nachhauseweg sein. Meine Tochter ist allerdings noch nicht zu Hause.â
Plötzlich klang ihre Stimme emotionaler. Sie sorgte sich. Hatte Angst vor dem, was Kommissar Gerber ihr sagen wollte. Das war offensichtlich.
âAber sagen Sie mir ruhig, um was es geht. Ich verkrafte das schon.â Sie schenkte ihm ein kleines Lächeln. Aufmunternd und ironisch zugleich â und dennoch leicht verunsichert.
âEs geht um ihre Tochter Amelie.â
Unmittelbar verlor ihr Gesicht an Farbe. Als wenn man einen kalkweiÃen Vorhang heruntergelassen hätte.
âIst es dieser Marius? Hat er irgendwelche Dummheiten gemacht und meine Tochter da mit reingezogen? Ach, ich habe es doch immer geahnt. Irgendwann musste das ja mal so kommen.â
Sie verschränkte die Finger ineinander und rieb ununterbrochen die Handinnenflächen aneinander.
âWas können Sie mir denn über diesen Marius erzählen, Frau von Waldhausen?â
Sie schnaufte verächtlich. âWas gibt es da schon zu erzählen. Meine Tochter hat ihn in der Schule kennengelernt.
Kooperative Gesamtschule
. Ich wollte sowieso nicht, dass sie dort hingeht. Amelie ist sehr gut in der Schule. Jedes Elite-Gymnasium hätte sie mit Kusshand genommen. Aber Amelie wollte unbedingt dort hin. Und wenn sich meine Tochter was in den Kopf gesetzt hat ⦠Na ja, auf jeden Fall hat sie diesen Marius dort kennengelernt. Wir haben immer gehofft, dass das bald vorübergehen würde. Der Junge ⦠na ja, der Junge kommt nicht gerade aus den besten Verhältnissen, wenn Sie verstehen, was ich damit zum Ausdruck bringen möchte.â
Kommissar Gerber nickte. âIch verstehe sehr gut, Frau von Waldhausen. Der Freund Ihrer Tochter wohnt in der Siedlung Kartloher Berg.â
Ihr linkes Auge zuckte. âFreund ist vielleicht etwas zu viel gesagt. Wir sind erst vor eineinhalb Jahren hierher gezogen. Amelie kannte noch nicht so viele Leute hier und da ist sie halt gleich diesem Marius begegnet. Aber das ist nur so eine Phase, die meine Tochter da gerade durchlebt. Rebellion gegen das Elternhaus. Das ist doch ganz normal in diesem Alter. Aber jetzt, nachdem er sie in Schwierigkeiten gebracht hat, da werden wir ihr endgültig den Umgang mit diesem Jungen verbieten.â
Kommissar Gerber holte tief Luft. Er wusste, dass er es ihr jetzt sagen musste. Er konnte es nicht länger aufschieben. Wie sehr er in diesen Momenten seinen Beruf doch verabscheute.
âFrau von Waldhausen, um kurz nach 19:00 Uhr wurde ihre Tochter Amelie im Stadtpark von zwei Joggern aufgefunden.â
âAufgefunden?â
Kommissar Gerber nickte. âJa, aufgefunden. Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass man Ihre Tochter tot aufgefunden hat. Amelie ist ermordet worden. Sie hat ihren Ausweis bei sich getragen und ist auÃerdem von einer Freundin, die zufällig vorbeigekommen ist, erkannt worden. Dennoch muss ich Sie bitten, mich in die Gerichtsmedizin zu begleiten. Wir können natürlich so lange warten, bis Ihr Mann nach Hause kommt.â
Kapitel 6.
Noch nie hatte Haro jemanden so geräuschlos weinen sehen wie Lisa. Die ganze Autofahrt über hatte sie schweigend neben ihm gesessen und stumm geweint. Erst als sie ausgestiegen und in die Eingangshalle des Präsidiums gegangen waren, hatte sie sich mit dem Handrücken über die Augen gewischt und ihm beschwörend zugeflüstert: âBitte mach, dass alles wieder gut wird.â
Haro nickte und sagte: âEs ist auf jeden Fall schon mal
gut
, Lisa, dass du mich angerufen hast.â
Zunächst wollte man Haro nicht zu Kommissar Böttcher vorlassen, weil der sich gerade in einer Vernehmung befand. Erst nachdem er dem uniformierten Polizisten am Empfangstresen eindringlich zu verstehen gegeben hatte, dass er genau wegen dieser Vernehmung hier sei und zur Aufklärung erheblich beitragen könnte, bequemte sich dieser endlich im Vernehmungszimmer anzurufen.
Kurze Zeit darauf erschien nicht Kommissar Böttcher, sondern sein Kollege Kommissar Gerber im Vorraum und
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