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Die Hoffnung ist gruen

Die Hoffnung ist gruen

Titel: Die Hoffnung ist gruen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Szillat
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Lisa zog die Beine an, rollte sich zusammen wie ein Embryo im Mutterleib und bedeckte ihr Gesicht mit den Händen.
    â€žSteh auf!“, schnauzte er im Befehlston.
    â€žLass mich!“, keifte sie zurück. „Ich habe keine Lust …“ Weiter kam sie nicht. Im nächsten Moment spürte sie seine Finger in ihren Haaren und wie er sie daran aus dem Bett zu zerren versuchte. Lisa schrie laut auf vor Schmerzen. Verzweifelt schlug sie nach seiner Hand. Gleichzeitig versuchte sie nach ihm zu treten, aber sie verfehlte ihr Ziel immer wieder, weil er ihren Tritten geschickt auswich.
    â€žSchon gut, schon gut“, jammerte sie. „Ich stehe auf. Lass meine Haare los. Bitte, Colin, du tust mir weh.“
    Er löste seinen Griff und verpasste ihr sofort einen heftigen Stoß gegen den Kopf, sodass sie gegen die Wand hinterm Bett knallte.
    â€žAua, verdammt!“ Lisa rappelte sich langsam hoch. Sie rieb sich den Kopf, spürte die Beule, die in Sekundenschnelle zu einer beachtlichen Größe anwuchs, und versuchte gleichzeitig ihre Tränen herunterzuschlucken. Bloß keine Schwäche zeigen. Das hatte sie in der kurzen Zeit mit Colin schon begriffen.
    Wütend funkelte sie ihn an. „Arschloch!“
    Er lachte selbstgefällig und ließ sich breitbeinig auf das dunkelrote riesige
Cult-Sofa
zurückfallen.
    â€žUnd, willst du dich nicht entschuldigen?“, frotzelte er und fuhr sich anzüglich mit der Zungenspitze über die Oberlippe.
    â€žLeck mich!“, erwiderte Lisa und zeigte ihm den Mittelfinger.
    â€žGerne. Komm her.“
    Lisa verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. „Du bist so ein Arsch.“ Dann sammelte sie ihr Shirt und die Jeans vom Fußboden auf und verschwand ohne ein weiteres Wort damit im Badezimmer.
    â€žHey, Schnecke, wo willst du denn hin? Nicht anziehen. Ich will dich tanzen sehen. Nackt“, schnarrte Colin ihr hinterher.
    â€žPinkeln! Oder brauche ich dafür etwa auch ’ne Sondergenehmigung von dir?“, kreischte Lisa, bevor sie die Badezimmertür zukrachen ließ und den Schlüssel im Schloss umdrehte.
    Sie ließ sich mit dem Rücken gegen die Badezimmertür sinken und atmete tief durch. Die Tränen konnte sie nun nicht länger zurückhalten. Warm rannen sie über ihre Wangen und tropften vom Kinn auf Hals und Dekolleté .
    Wie war sie bloß hierher gekommen? Wie konnte sie nur auf Colin reinfallen? Den obercoolen Colin, mit seiner schicken Wohnung und dem teuren Sportwagen. Vierunddreißig war er und verdiente seine Kohle angeblich mit Importgeschäften.
    Sie hatte ihn im Einkaufszentrum kennengelernt. Einfach so, als wenn es das Normalste von der Welt wäre, hatte er sie dort vorm Café angequatscht. Lisa hatte sich für neunzehn ausgegeben. Er hatte so getan, als ob er ihr das abkaufen würde. Wahrscheinlich machte es für ihn gerade den ganz besonderen Kick aus, zu wissen, dass sie viel jünger war. Aber ahnte er wirklich,
wie viel
jünger?!
    Am Anfang war die Welt für Lisa auch noch in Ordnung gewesen. Endlich jemand, der sich um sie kümmerte. Dem sie wichtig und wertvoll war. Er machte ihr Geschenke, kaufte ihr teure Klamotten und sie bekam von ihm ihre ersten echten goldenen Ohrringe. Ein absoluter Hauptgewinn.
    Es hatte Lisa zunächst etwas Überwindung gekostet, sich von ihm abknutschen und begrapschen zu lassen. Und in der Nacht, in der sie das erste Mal mit ihm geschlafen hatte – das erste Mal in ihrem Leben überhaupt mit jemandem Sex gehabt hatte, lag sie anschließend noch lange wach und weinte bitterlich in ihr Kissen, während er schnarchend neben ihr lag.
    Aber all das schluckte sie. Für ein besseres Leben, das sie raus aus der Ghetto-Siedlung, wie das Wohngebiet Kartloher Berg von vielen genannt wurde, brachte.
    Genauso wie Marius. Auch er hatte es geschafft, der Siedlung zu entkommen. Früher hatte er immer gesagt, dass er niemals ohne sie, Lisa, gehen würde. Aber dann hatte er Amelie kennengelernt und Lisa war immer unwichtiger für ihn geworden. Als Amelie gestorben war, hatte sich Marius endgültig verändert. An Lisa hatte er offenbar nicht einen Gedanken mehr verschwendet. Sie war für ihn gestorben. Wie Amelie. Nur dass er um Amelie trauerte, um sie nicht.
    Dabei plagte Lisa Amelies Tod ebenso schlimm. Beinahe jede Nacht träumte sie von ihr. Immer wieder sah sie Amelie neben dem Gebüsch liegen. Regennass,

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