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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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nicht für
Ketzer.«
    »Heute lasst sie die Verräter hängen, morgen die Ketzer«,
widersprach Daniel. »Sie hat festgestellt, dass sie ihren Thron nur
durch Blutvergießen sichern kann. Sie hat ihre Cousine hinrichten
lassen, sie wird auch ihre Schwester dem Henker überantworten.
Zweifelst du nur einen Moment daran, dass sie auch dich hängen lassen
würde?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Sie wird Elisabeth nicht hinrichten,
sie kämpft darum, ihr Barmherzigkeit widerfahren zu lassen. Und wir
sind doch treue Untertanen. Überdies mag sie mich.«
    Daniel nahm meine Hand und führte mich zum Bett, das fast
unter Manuskriptrollen verschwand. »Siehst du diese? Jede ist nun ein
verbotenes Buch. Sie sind der ganze Besitz deines Vaters und deine
Mitgift. Als dein Vater nach England kam, waren sie seine Bibliothek,
seine große Sammlung, doch nun taugen sie nur noch als Beweise gegen
ihn. Was sollen wir denn mit ihnen tun? Sie verbrennen, bevor man uns
verbrennt?«
    »Wir sollten sie an einem sicheren Ort aufbewahren, für
bessere Zeiten«, erwiderte ich, ganz die Bibliothekarstochter.
    Daniel schüttelte den Kopf. »Es gibt keinen sicheren
Aufbewahrungsort – den kann es nicht geben in einem Land unter
spanischer Herrschaft. Wir müssen fortgehen und die Manuskripte
mitnehmen.«
    »Aber wohin sollen wir denn gehen?«, rief ich verzweifelt aus.
Es war die Klage eines Kindes, das zu lange auf Reisen gewesen ist.
    »Nach Venedig«, sagte er knapp. »Wir gehen über Frankreich und
Italien nach Venedig. Ich werde in Padua studieren, dein Vater eröffnet
in Venedig eine Druckerei, und wir sind endlich in Sicherheit. Die
Italiener schätzen Gelehrsamkeit, Venedig ist eine Stadt der Gelehrten.
Dort kann dein Vater wieder Handschriften erwerben und anbieten.«
    Ich schwieg, weil ich wusste, was als Nächstes kommen würde.
»Und wir werden heiraten«, fuhr er fort. »Wir heiraten, sobald wir in
Frankreich ankommen.«
    »Und deine Mutter und deine Schwestern?«, fragte ich. Ebenso
sehr wie vor einer Ehe fürchtete ich mich vor dem Zusammenleben mit
seiner Familie.
    »Auch sie sind im Augenblick mit Packen beschäftigt«,
antwortete er.
    »Wann fahren wir?«
    »In zwei Tagen, im Morgengrauen. Am Palmsonntag.«
    »Warum so bald?«, stieß ich hervor.
    »Weil sie bereits gekommen sind und Fragen gestellt haben.«
    Ich starrte Daniel an, unfähig, den Sinn seiner Worte zu
erfassen, aber bereits von Entsetzen erfüllt, dass meine schlimmsten
Befürchtungen Form angenommen hatten. »Sie haben Vater im Verdacht?«
    »Sie sind in mein Geschäft gekommen, weil sie John Dee
suchten«, erklärte mein Vater ruhig. »Sie wussten bereits, dass er Lord
Robert Bücher geschickt hatte. Sie wussten, dass er Verbindung zur
Prinzessin aufgenommen hatte. Sie wussten, dass er den Tod des jungen
Königs vorhergesagt hatte, und das war Verrat. Sie wollten die Bücher
sehen, die ich auf seine Bitte hin aufbewahrte.«
    Ich rang die Hände. »Bücher? Was für Bücher? Habt Ihr sie
versteckt?«
    »Sie ruhen sicher im Keller«, sagte er. »Doch wenn sie die
Dielen herausreißen, werden sie sie finden.«
    »Warum versteckt Ihr verbotene Bücher?«, rief ich in
verzweifelter Wut. »Warum bewahrt Ihr für John Dee Bücher auf?«
    Mein Vater bewahrte seine Ruhe. »Weil sämtliche Bücher
verboten sind, wenn ein Land unter eine Schreckensherrschaft gerät. Die
Richtblöcke allerorten, die Liste der verbotenen Bücher – das
gehört stets zusammen. John Dee und Lord Robert und Daniel und ich, ja,
selbst du, mein Kind, gehören zu den Gebildeten, doch unser Wissen ist
plötzlich vom Gesetz verboten. Um uns daran zu hindern, verbotene
Bücher zu lesen, müssen sie jedes Manuskript verbrennen. Doch um uns zu
verwehren, verbotene Gedanken zu denken, müssen sie uns den Kopf
abschlagen.«
    »Wir haben uns nicht des Verrats schuldig gemacht«, hielt ich
ihm trotzig entgegen. »Lord Robert ist noch am Leben und John Dee auch.
Und die Anklage lautet auf Verrat, nicht auf ketzerisches Gedankengut.
Die Königin ist barmherzig …«
    »Und was passiert, wenn Elisabeth gesteht?!«, fuhr Daniel mich
an. »Wenn sie ihre Mitverschwörer verrät, nicht nur Thomas Wyatt,
sondern auch Robert Dudley und John Dee, vielleicht sogar dich. Hast du
niemals eine Botschaft für sie überbracht oder einen Auftrag
ausgeführt? Könntest du das beschwören?«
    Ich zögerte. »Sie würde niemals gestehen. Sie kennt den Preis
zu gut.«
    »Sie ist eine Frau«, sagte er verächtlich. »Sie

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