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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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werden ihr
Angst machen und ihr Vergebung versprechen, und dann wird sie alles
gestehen, was sie wollen.«
    »Du kennst sie doch gar nicht, wie willst du sie dann
beurteilen!«, brauste ich auf. »Ich jedoch kenne sie. Sie ist keine
Frau, der man leicht Angst machen kann, und außerdem weint sie nie aus
Angst. Wenn sie sich fürchtet, wehrt sie sich, wie eine geschlagene
Katze. Sie ist kein kleines Mädchen, das aufgibt und in Tränen
aufgelöst ist.«
    »Sie ist eine Frau«, beharrte er stur. »Und sie ist mit Dudley
und Dee und Wyatt und all den anderen in einem Netz verwoben. Ich habe
dich vor ihr gewarnt. Ich habe dir gesagt, wenn du bei Hofe ein
Doppelspiel betreibst, bringst du dich selbst und uns alle in
Gefahr – und nun hast du diese Gefahr vor unsere Haustür
geführt.«
    Mir verschlug es vor Zorn den Atem. »Welche Tür?«, verlangte
ich zu wissen. »Wo ist denn unsere Tür? Uns bleiben nur die Straße und
die See zwischen England und Frankreich, und dann müssen wir Frankreich
durchqueren wie eine Bettlerfamilie, weil du, wie jeder Feigling, dich
vor deinem eigenen Schatten fürchtest.«
    Einen Augenblick glaubte ich, er würde mich schlagen. Doch
seine erhobene Hand erstarrte mitten in der Bewegung. »Es schmerzt
mich, dass du mich vor deinem Vater einen Feigling nennst.« Er spuckte
die Worte aus. »Es schmerzt mich, dass du so gering von mir denkst, von
deinem zukünftigen Ehemann, der versucht, dich und deinen Vater vor dem
sicheren Tod zu retten, der allen Verrätern droht. Doch was immer du
von mir hältst, ich befehle dir nun, deinem Vater beim Packen zu helfen
und dich auf die Abreise vorzubereiten.«
    Ich holte tief Luft. Mein Herz hämmerte vor Wut. »Ich komme
nicht mit«, erklärte ich kurzerhand.
    »Tochter!«, setzte mein Vater an.
    Ich wandte mich an ihn. »Geht, Vater, wenn es Euer Wunsch ist.
Ich jedoch laufe nicht vor einer Gefahr davon, die ich nicht erkennen
kann. Ich bin ein Günstling der Königin und habe nichts von ihr zu
befürchten. Außerdem bin ich zu unbedeutend, um die Aufmerksamkeit des
Kronrates auf mich zu ziehen. Ich glaube auch nicht, dass Ihr in Gefahr
seid. Bitte werft nicht fort, was Ihr hier aufgebaut habt. Bitte lasst
uns nicht wieder fortlaufen!«
    Mein Vater nahm mich in seine Arme und drückte meinen Kopf an
seine Schulter. Ich schmiegte mich an ihn und wünschte einen Augenblick
lang, ich könnte wieder ein kleines Mädchen sein, das seine Hilfe
brauchte, das auf sein Urteil vertraute. »Ihr habt versprochen, wir
würden immer hierbleiben«, flüsterte ich. »Ihr habt gesagt, dies würde
meine Heimat sein.«
    » Querida , wir
müssen fort«, mahnte mein Vater leise. »Ich bin überzeugt, dass sie uns
verfolgen werden: zuerst die Rebellen, dann die Protestanten und
schließlich uns.«
    Ich hob den Kopf und löste mich von ihm. »Vater, ich kann
nicht mein Leben lang weglaufen. Ich will eine Heimat haben.«
    »Meine Tochter, wir gehören zum heimatlosen Volk.«
    Schweigen entstand. »Ich will nicht eine des heimatlosen
Volkes sein«, sagte ich schließlich. »Ich habe ein Heim und Freunde am
Königshofe gefunden, und ich habe auch eine Stellung bei Hofe. Ich will
nicht nach Frankreich gehen oder nach Italien.«
    Mein Vater überlegte. »Ich hatte befürchtet, dass du das
sagst. Ich will dich nicht zwingen. Du bist frei, deine eigenen
Entscheidungen zu treffen, meine Tochter. Doch es ist mein Wunsch, dass
du mit mir kommst.«
    Daniel tat ein paar ungeduldige Schritte zum Fenster, drehte
sich um und schaute mich an. »Hannah Verde, du bist meine Verlobte. Ich
befehle dir, mit mir zu kommen.«
    Ich richtete mich hoch auf und hielt seinem Blick stand. »Ich
werde nicht mitkommen.«
    »Dann betrachte ich unser Verlöbnis als gelöst.«
    Mein Vater hob abwehrend die Hand, sagte aber nichts.
    »So sei es«, sagte ich. Mir war ganz kalt.
    »Es ist also dein Wunsch?«, fragte er, als könne er nicht
glauben, dass ich ihn ablehnte. Eine Spur Arroganz in seiner Stimme
machte mir die Entscheidung leichter.
    »Es ist mein Wunsch, dieses Verlöbnis zu lösen«, sagte ich mit
ebenso fester Stimme wie er. »Ich entlasse dich aus dem Eheversprechen
und bitte dich, auch mich freizugeben.«
    »Das ist leicht zu tun!«, brauste er auf. »Ich gebe dich frei,
Hannah, und hoffe, dass du deinen Entschluss niemals bedauern wirst.«
Er machte auf dem Absatz kehrt und schritt zur Treppe. Dort drehte er
sich noch einmal um. »Dennoch wirst du deinem Vater helfen«, sagte er,
immer noch im

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