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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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glaube, Ihr besitzt
genug Diener«, entgegnete ich mit einem Lächeln. »Und Ihr habt mich
nicht sehr herzlich willkommen geheißen, als ich zu Euch nach Woodstock
kam.«
    »Damals war ich krank!«, fuhr sie gereizt auf. »Und du warst
Marias kleiner Spion.«
    »Ich habe niemals spioniert«, verteidigte ich mich, wobei ich
passenderweise die entsprechende Tätigkeit für Lord Robert vergaß. »Die
Königin selbst hat mich zu Euch geschickt, das habe ich Euch damals
schon gesagt. Nun aber sehe ich, dass Ihr bei Hofe geachtet seid und
gut behandelt werdet. Jetzt kann ich Euch verlassen, Ihr braucht mich
nicht mehr.«
    »Ich entscheide, welche Diener ich benötige und welche nicht«,
beharrte sie sogleich. »Nicht du.«
    Ich verneigte mich höflich, ganz der kleine Page. »Bitte,
Prinzessin, lasst mich zu meinem Vater und meinem Verlobten gehen.«
    Die Vorstellung meiner Heirat fand Elisabeth äußerst amüsant.
Sie lächelte mir zu, und ihr ganzer Tudor-Charme blitzte durch ihre
Gereiztheit. »Darauf bist du also aus? Du willst dein buntscheckiges
Gewand ablegen und zu deinem Liebsten gehen? Glaubst du denn, dass du
jetzt zum Frausein bereit bist, kleine Närrin? Hast du mich genügend
studiert?«
    »Wollte ich eine gute Ehefrau sein, so wäret Ihr gewiss nicht
mein Modell«, erwiderte ich scharf.
    Elisabeth lachte hell auf. »Gott sei Dank, nein. Doch was hast
du von mir gelernt?«
    »Wie man einen Mann zum Wahnsinn treibt, wie man einen Mann
dazu bringt, hinter einem herzulaufen, ohne dass man auch nur den Kopf
dreht, und wie man beim Absitzen von einem Pferd jeden Zoll des eigenen
Körpers an den seinen presst.«
    Sie warf den Kopf zurück und lachte schallend. »Du hast
wirklich gut aufgepasst. Ich hoffe nur, dass du aus diesen Fertigkeiten
ebenso viel Vergnügen ziehen wirst wie ich.«
    »Doch welchen Gewinn bringt es?«, fragte ich.
    Nun warf Elisabeth mir einen wirklich berechnenden Blick zu.
»Vergnügen nicht gar so viel«, räumte sie ein. »Doch der Nutzen ist
beträchtlich. Du und ich, wir schlafen sicherer in unseren Betten, seit
der König in mich verliebt ist, Hannah. Und mein Weg zum Thron ist ein
wenig ebener geworden, seit der mächtigste Mann der Welt geschworen
hat, mich zu unterstützen.«
    »Ihr habt bereits sein Versprechen?«, fragte ich bass erstaunt.
    Sie nickte. »Oh ja. Der Betrug an meiner Schwester ist
schlimmer, als sie ahnt. Das halbe Land liebt mich bereits, und nun tut
es auch ihr Ehemann. Mein Rat an dich lautet: Wenn du zu deinem Mann
gehst, traue ihm nicht mehr und liebe ihn nicht mehr, als er dich
liebt.«
    Lächelnd schüttelte ich den Kopf. »Ich habe die Absicht,
meinem Verlobten eine gute Ehefrau zu sein. Er ist ein guter Mann. Ich
werde diesen Hof verlassen und ihm eine treue und verlässliche Frau
sein.«
    »Ach, das vermagst du noch nicht«, entgegnete sie unverblümt.
»Du bist noch nicht zur Frau gereift. Du fürchtest deine Macht. Du
fürchtest sein Verlangen. Du fürchtest dein eigenes Verlangen. Du
fürchtest dich davor, eine Frau zu sein.«
    Ich sagte nichts, obgleich es die Wahrheit war.
    »Ach, dann geh doch, du kleine Närrin! Doch wenn es dir
langweilig wird – und das wird es –, kannst du wieder
zu mir zurückkommen. Ich habe dich gern in meiner Dienerschaft.«
    Ich verneigte mich und begab mich in die Gemächer der Königin.
    Schon in dem Augenblick, als ich ihre Tür öffnete, wusste ich,
dass etwas nicht stimmte. Zuerst dachte ich, Königin Maria müsse krank
sein, todkrank, ohne eine Seele, die ihr zur Seite stand. Keine ihrer
Damen war anwesend, sie war ganz allein. Das Zimmer war düster und
kalt, denn wenn die Fensterläden geschlossen waren, konnte die
Sommerhitze nicht durch die dicken Mauern dringen. Die Königin kauerte
auf dem Boden und presste ihre Stirn gegen den kalten Stein des leeren
Kamins. Nur Jane Dormer war zugegen, sie saß im Halbdunkel in einer
Nische und schwieg verstockt. Ich ging zu der Königin und kniete mich
neben sie. Ihr Gesicht war nass von Tränen.
    »Euer Majestät!«
    »Hannah, er verlässt mich«, flüsterte sie.
    Ich warf Jane einen fragenden Blick zu, doch sie erwiderte ihn
mit so finsterer Miene, als hätte ich die Schuld am Zustand der Königin.
    »Verlässt Euch?«
    »Er reist in die Niederlande. Hannah, er verlässt
mich … lässt mich allein.«
    Ich nahm ihre Hände. »Euer Hoheit …«
    Ihr tränenumflorter Blick war auf den leeren Kamin gerichtet.
»Er verlässt mich«, wiederholte sie.
    Ich ging zu Jane

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