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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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ein
Brief deines Vaters, den du versehentlich mitgenommen hast.«
    »Ja, Sir.«
    »Versprichst du mir, alles genau so zu machen, wie ich es dir
gesagt habe?«
    »Ja«, erwiderte ich bedrückt. »Wann muss ich fort?«
    »Innerhalb der nächsten drei Tage«, ließ sich der Herzog
vernehmen. »Ein Wagen mit einigen Gütern wird zu Lady Maria geschickt.
Du kannst nebenherreiten. Ich werde dir eines meiner Ponys geben, das
du bis zu deiner Rückkehr vom Hause der Lady Maria behalten kannst. Und
sollte etwas geschehen, das deiner Meinung nach mir oder Lord Robert
gefährlich werden könnte, etwas Schwerwiegendes, dann hast du ein Pferd
zur Verfügung und kannst uns rasch warnen. Wirst du das tun?«
    »Warum, was könnte Euch denn bedrohen?«, fragte ich den
mächtigen Mann, den heimlichen Herrscher von England.
    »Es ist meine Aufgabe, zu überlegen, was mich bedrohen könnte.
Deine ist es, mich zu warnen, falls es so ist. Du wirst Roberts Auge
und Ohr im Hause der Lady Maria sein. Er sagt, dass er dir vertrauen
kann; nun erweise dich dieses Vertrauens würdig.«
    »Ja, Sir«, sagte ich gehorsam.
    Lord Robert gestattete mir, nach meinem
Vater schicken zu lassen, um ihm Lebewohl zu sagen. Er kam in einem
Fischkutter auf der Themse zum Greenwich-Palast, allerdings nicht
allein: Daniel saß neben ihm.
    »Du!«, sagte ich ohne jede Begeisterung, während er meinem
Vater von dem schaukelnden Schiff herunterhalf.
    »Ich«, erwiderte er mit der Andeutung eines Lächelns. »Eine
treue Seele, nicht wahr?«
    Ich ging auf meinen Vater zu und schmiegte mich in seine Arme.
»Oh Papa«, flüsterte ich auf Spanisch. »Ich wünschte, wir wären
überhaupt nie nach England gekommen.«
    » Querida , hat
dir jemand etwas getan?«
    »Ich muss zu Lady Maria reisen, und ich fürchte mich vor der
Reise, und ich fürchte mich davor, in ihrem Haus zu leben, und ich
fürchte mich …« Ich brach ab, weil mir der Geschmack meiner
Lügen sauer aufstieß. Mir wurde bewusst, dass ich niemals mehr die
Wahrheit über mich würde sagen können. »Ich bin nur töricht, glaube
ich.«
    »Tochter, komm wieder zu mir nach Hause. Ich werde Lord Robert
bitten, dich freizugeben. Wir können das Geschäft zumachen, wir können
England verlassen. Du bist doch keine Gefangene …«
    »Lord Robert selbst hat mich ja gebeten, zu Lady Maria zu
gehen«, entgegnete ich schlicht. »Und ich habe schon zugestimmt.«
    Seine zärtliche Hand strich über mein kurzgeschnittenes Haar. » Querida , bist du unglücklich?«
    »Ich bin nicht unglücklich«, sagte ich und rang mir ein
Lächeln ab. »Ich bin töricht. Denn sieh, ich werde bei der Thronerbin
leben dürfen, und Lord Robert selbst hat mich darum gebeten.«
    Mein Vater war noch nicht beruhigt. »Ich werde hier sein, und
wenn du nach mir schicken lässt, komme ich sofort zu dir. Oder Daniel
wird zu dir kommen und dich mitnehmen. Das tust du doch, Daniel?«
    Ich drehte mich in den Armen meines Vaters und schaute meinen
Verlobten an. Er lehnte an der hölzernen Reling, mit der die Mole
eingefasst war. Er wartete zwar geduldig, war jedoch blass und blickte
vor Besorgnis finster drein.
    »Ich würde dich lieber gleich mitnehmen.«
    Mein Vater ließ mich los und machte einen Schritt auf Daniel
zu. Hinter ihm tanzte das Boot an der Mole. Am wirbelnden Wasser
erkannte ich, dass die Flut kam; wir würden fast sofort flussaufwärts
fahren können. Daniel hatte diesen Augenblick sehr sorgfältig gewählt.
    »Ich habe zugesagt, Lady Maria zu dienen«, sagte ich ruhig zu
ihm.
    »Sie ist eine Anhängerin des Papstes in einem protestantischen
Land«, entgegnete er. »Du hast genau den Ort gewählt, an dem dein
Glaube und deine Gewohnheiten scharf beobachtet werden. Ich bin nach
Daniel genannt worden, aber in die Löwengrube willst du. Worin sollen
deine Dienste für Lady Maria denn bestehen?«
    Er kam näher heran, sodass wir flüstern konnten.
    »Ich soll ihre Gesellschafterin sein, ihr Hofnarr.« Ich besann
mich eines Besseren und beschloss, die Wahrheit zu sagen. »Ich soll sie
aushorchen, im Auftrag Lord Roberts und seines Vaters.«
    Sein Kopf war nun so nahe an meinem, dass ich die Wärme seiner
Stirn spüren konnte, als er mir ins Ohr flüsterte.
    »Du sollst Lady Maria ausspionieren?«
    »Ja.«
    »Und du hast eingewilligt?«
    Ich zögerte. »Sie wissen, dass Vater und ich Juden sind«,
gestand ich.
    Daniel schwieg einen Moment. Ich spürte seine feste Brust an
meiner Schulter. Er schlang seinen Arm um meine Taille und zog mich

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