Die Homoeopathie-Luege
aufdrängen, man sei durch ein paar Globuli genesen: Häufig bekommen Patienten vom ganzheitlich tätigen Arzt oder Heilpraktiker nicht nur ein homöopathisches Mittel, sondern auch umfassende Ratschläge, wie das Präparat am besten anschlägt. Dazu gehört ein möglichst gesunder Lebensstil. »Auch äuÃere Einflüsse wie übermäÃiger Genuss von Alkohol und Kaffee oder der Konsum von Zigaretten können den Heilungsversuch negativ beeinflussen. Damit eine homöopathische Behandlung ihre vollen Kräfte entfalten kann, sollte man einen gesunden Lebensstil mit ausreichend Schlaf, regelmäÃiger Bewegung und mäÃigem Stress sowie einen seelisch ausgeglichenen Zustand anstreben« (Wiesenauer und Kirschner-Brouns: Homöopathie â Das groÃe Handbuch , Gräfe und Unzer, 2007). Dass ein Mensch, dem es gelingt, seinen Alltag so gründlich umzukrempeln, sich allein schon dadurch besser fühlen kann, liegt nahe.
Zu guter Letzt bietet die Homöopathie noch zwei psychologische Hintertürchen, durch die sie aus Sicht der Patienten selbst bei ausbleibendem Erfolg dennoch wirksam erscheint: Verbessern sich die Symptome nicht innerhalb kurzer Zeit, erhält der Kranke vom Homöopathen häufig die Auskunft, das »richtige« Mittel für ihn sei wohl noch nicht gefunden und der Behandler müsse noch gründlicher danach forschen. Verschlechtern sich die Symptome sogar, bietet die Homöopathie auch dafür eine einfache Erklärung: Diese »Erstverschlimmerung« zeige an, dass das Mittel im Organismus bereits eine Reaktion provoziert und somit zu wirken begonnen haben (siehe Kapitel 1). Egal, was passiert, es kann nur an der Homöopathie gelegen haben.
Das Problem mit All-Inclusive-Paketen
Stellen Sie sich vor, Familie Müller macht drei Wochen Urlaub an der Costa Brava und hat ein Hotel mit Rundum-Sorglos-Angebot gebucht: Ãbernachtung, Frühstück, Mittagessen, Abendbrot, Kuchen, Cocktails an der Bar â alles drin im Preis. Das will man natürlich ausnutzen, und so futtern sich alle nach Herzenslust durch. Dummerweise wird Familie Müller nach zehn Tagen krank. Mutter, Vater und beide Kinder müssen sich ständig übergeben. Auch einigen anderen Gästen geht es hundeelend. Der Hotelarzt lässt alle ins Krankenhaus fahren mit Verdacht auf Salmonellenvergiftung. Im Hotel werden hektisch Proben gezogen, um das schuldige Essen ausfindig zu machen: die Hähnchenbrust vom Vorabend, das Salatbüffet, die Mousse au Chocolat oder das Eis am Swimmingpool? Probe um Probe wird in einem Labor auf Salmonellen analysiert. Parallel dazu werden die erkrankten Gäste des Hotels befragt, was sie gegessen und getrunken haben â eine echte Herausforderung, denn alle haben das Motto »all you can eat« beim Wort genommen. Leider werden die Salmonellen trotz intensiver Suche am Ende nirgends gefunden. Familie Müller ist sich aber trotzdem einig: Die Eiskugeln von der Bude am Pool müssen es gewesen sein. Man weià ja, dass Salmonellen meist im Speiseeis lauern. Die Bude wird deshalb bis zum Ende des Urlaubs konsequent gemieden und allen Mitreisenden geraten, einen groÃen Bogen darum zu machen.
Im All-Inclusive-Angebot einer umfassenden homöopathischen Konsultation und Therapie wiederum ist es für Patienten letztlich unmöglich zu bestimmen, was am Ende dazu geführt hat, dass man sich besser fühlt. Erst recht, wenn viele Kranke auch noch Homöopathika und konventionelle Medikamente bunt kombinieren. Solche Probleme mit der Ursachenforschung müssen sogar Wissenschaftler einräumen, die mit dem Geld der homöopathie-freundlichen Karl und Veronica Carstens-Stiftung die Wirksamkeit von Homöopathie unter Alltagsbedingungen erforschen: Bei der erwähnten Studie der Berliner Charité in 103 Arztpraxen in der Schweiz und Deutschland erhielten die Patienten das volle Angebot einer »klassischen« homöopathischen Therapie: nicht nur homöopathische Arzneimittel, sondern zunächst eine ausführliche Erstanamnese im Gespräch mit dem homöopathischen Arzt, danach noch mehrere Folgesitzungen. Zwar konnte bei diversen Beschwerden eine deutliche Besserung gezeigt werden. Dass man aber aus den diversen Einflussfaktoren der Studie keine Schlüsse über die Wirksamkeit von Globuli ziehen konnte, gaben die Forscher in ihrer Veröffentlichung aus dem Jahr 2005 unumwunden selbst zu:
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