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Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht

Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht

Titel: Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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wasche mich nur schnell und richte mir das Haar.«
    Er wartete auf mich, dann gingen wir hinaus und schlenderten in Richtung Kensington. Ich erzählte ihm mehr über meinen leiblichen Vater, über die Schule, die Schauspielkurse, die Vorstellung an dem Präsentationsabend, das Leben bei den Endfields, aber nicht über den Vorfall mit Großonkel Richard. Ich wollte nicht, dass er sich ärgerte und vielleicht sogar wütend wurde. Man konnte nicht wissen, was Roy tun würde, wenn er von dem Cottage hörte und erfuhr, was dort vorgefallen war. Ich erwähnte nicht einmal Mary Margaret. Stattdessen berichtete ich ihm von Dingen, die ich in London seltsam oder amüsant fand.
    Ich redete und redete, während er mit gesenktem Kopf neben mir herging oder mich mit einem sanften Lächeln anschaute.
    Schließlich blieben wir an einer Bank stehen.
    »Jetzt habe ich dir die Ohren voll gequatscht, ohne dir Gelegenheit zu geben, auch mal ein Wort zu sagen«, stellte ich fest, »aber es tut so gut, jemanden zu
haben, der mir zuhört, jemanden, dem ich vertrauen kann.«
    »Ich bin froh, dass du noch so für mich empfindest, Rain.«
    »Natürlich tue ich das.Warum auch nicht?«
    »Ich hatte Angst, dich verschreckt zu haben«, gab er zu.
    Wir schwiegen beide eine ganze Weile, saßen nur da und beobachteten, wie die Leute vorbeigingen, und hörten, wie jemand ein ganzes Stück weit rechts von uns Querflöte spielte. Es hörte sich so melancholisch an, dass meine Gedanken zu Mama wanderten. Ich wusste, dass auch Roy an Mama dachte. Es war, als könnten wir die Gedanken des anderen lesen.Vielleicht lag das daran, dass wir einander so nahe standen, dass wir als Bruder und Schwester gelebt hatten, obwohl unterschiedliches Blut in unseren Adern floss.
    »Ich wette, sie wäre überrascht, wenn sie uns jetzt sehen könnte«, platzte er heraus.
    »Ja, das wäre sie, und ich glaube, sie wäre glücklich, Roy. Zumindest hoffe ich das.«
    »Aber ich finde, ein Mensch wie Mama sollte Glück erfahren, bevor er stirbt und nicht hinterher.«
    »Ja«, bestätigte ich.
    Er drehte sich zu mir um und griff nach meiner Hand. »Wir sollten glücklich sein, Rain.Wir können es. Es ist Zeit vergangen, und wir sind getrennt gewesen, haben unterschiedliche Leben geführt. Vielleicht kannst du jetzt anders an mich denken, hm?«
    Ich schüttelte den Kopf.

    »Jedes Mal, wenn ich an dich denke, Roy, denke ich an uns damals in Washington, wie du mich an der Hand gehalten hast, mit mir spazieren gegangen bist und mich beschützt hast wie ein großer Bruder. Vielleicht ist es ein übler Streich, der uns gespielt worden ist, aber so sind wir aufgewachsen. Es ist nicht leicht, diese Erinnerungen und Gefühle auszulöschen und sie durch etwas ganz anderes zu ersetzen.«
    Er starrte mich an, die Augen plötzlich voller Misstrauen. »Hast du einen Freund hier?«, fragte er.
    »Nein«, antwortete ich rasch.
    »Aber du hast jemanden kennen gelernt?«, fragte er.
    »Ich dachte schon, aber er war nicht so, wie ich erwartet hatte, und vielleicht ist es sowieso zu früh für mich. Ich will mein Herz nicht so leicht weggeben, Roy. Ich will keinen Fehler machen.Wenn die Leute bei ihren Liebesaffären so vorsichtig wären wie in Geldangelegenheiten oder bei einigen ihrer anderen Besitztümer, gäbe es weniger Herzschmerz auf der Welt.«
    »Ich muss nicht nachdenken, um zu wissen, was ich für dich empfinde, Rain, und warum wir gut zueinander passen würden und warum es ewig halten würde«, sagte er.
    Ich lächelte ihn an und nickte.
    »Ich weiß, Roy. Ich weiß das zu schätzen.«
    »Glaubst du, du könntest jemals genauso für mich empfinden?«

    »Das weiß ich nicht. Ich weiß nicht, was ich morgen fühlen werde, viel weniger in der Zukunft.«
    Er presste die Lippen aufeinander und holte tief Luft.
    »Ich sollte dich jetzt wohl zurückbringen. Es ist spät und es wird ein wenig kühl«, sagte er. Ich sah, wie Enttäuschung seinen Blick verdüsterte. Warum konnte ich seine Träume nicht erfüllen?
    Langsam gingen wir zum Endfield Place zurück, hielten uns an den Händen und sprachen kaum.
    »Vielleicht könntest du mich morgen von der Schule abholen?«, schlug ich vor.
    »Klar. Sag mir nur, wo sie ist«, sagte er, »und ich finde heraus, wie ich dorthin komme.«
    »Oh, ich kenne London wirklich gut, Roy. Wo ist deine Pension denn?«, fragte ich ihn. Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, bis ich merkte, dass er gar keine Unterkunft hatte. Roys Gesicht war ein offenes Buch,

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