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Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht

Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht

Titel: Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Vögel und die Bienen erklärte. Ich wusste, dass er nur versuchte, mir zu helfen, aber sein Ton brachte ein kleines Lächeln auf meine Lippen. Das gefiel ihm nicht.
    »Das ist nicht witzig«, fauchte er mich scharf an.
    »Oh, ich weiß. Danke für Ihren Rat. Ich weiß ihn zu schätzen«, sagte ich.
    »Das hoffe ich«, sagte er. Er wandte sich wieder seiner Zeitung zu, die er laut auseinander schlug.
    »Geht es Mrs Endfield gut?«, fragte ich.
    »Sie ist heute Morgen nur sehr müde«, erklärte er. »Mrs Chester hat die Anweisung, ihr den Tee hinaufzuschicken.«
    Er sah mich nicht an. Ich konnte fast hören, wie er sagte: »Das ist alles.« Ich war entlassen.
    Als ich in die Küche zurückkehrte, hatte Mrs
Chester das Tablett für meine Großtante Leonora bereits fertig vorbereitet.
    »Du kannst ihr das hochbringen«, trug sie mir auf.
    »Ich?«
    »Und warum nich, wenn ich fragen darf?«
    Ich schaute Mary Margaret an, die sich abwandte, um ein Glas Marmelade für meinen Großonkel zu holen.
    »Ich bin noch nie gebeten worden, das zu tun. Das ist alles«, sagte ich.
    »Das is doch nicht zu viel verlangt, oder?«, fuhr Mrs Chester fort. »Lass es ihr nur nich in den Schoß fallen.«
    Ich nahm das Tablett und trug es die Treppe zum Zimmer meiner Großtante hoch. Dort klopfte ich und wartete.
    »Herein«, rief sie.
    Sie saß in ihrem Bett. Ohne Make-up, das Haar nicht aufgesteckt, noch im Nachthemd wirkte sie viel älter, die Falten in ihrem Gesicht traten stärker hervor, ihre Haut erinnerte eher an dünnes Pergament.
    »Guten Morgen, Mrs Endfield«, sagte ich.
    »Guten Morgen. Bitte, holen Sie erst das dort, meine Liebe«, sagte sie und deutete auf ein Betttischchen, das auf dem Boden an der Wand lehnte.
    Ich setzte das Tablett auf dem Frisiertisch ab, stellte das Betttischchen auf und brachte ihr dann das Tablett.
    »Fühlen Sie sich nicht wohl, Mrs Endfield?«, fragte ich.

    »Ich bin nur so müde heute Morgen. Die Fahrt und der ganze Tag gestern waren ein wenig viel. Gehen Sie noch nicht«, bat sie, als ich zur Tür ging. »Bleiben Sie eine Weile und erzählen mir von Ihrem Tag gestern und vom Theater.«
    Ich beschrieb unsere Sightseeingtour und dann die Aufführung und was wir danach getan und gegessen hatten. Als ich ihr berichtete, dass ich Magenschmerzen bekommen hatte, lächelte sie und nickte.
    »Heather ging es auch so, wenn sie etwas Neues gegessen hatte«, sagte sie und biss sich dann so fest auf die Unterlippe, dass die Haut rundherum weiß wurde. Es war, als sei ihr etwas Verbotenes über die Lippen gekommen.
    »Heather?«, fragte ich und trat zurück. Ich wusste, wen sie meinte, weil Großmutter Hudson es mir erzählt hatte, aber ich wollte nicht, dass sie merkte, wie viel mir bekannt war.
    Mit weit aufgerissenen Augen schüttelte sie den Kopf.
    »Ich soll ihren Namen nicht erwähnen«, flüsterte sie. »Sag kein Wort.«
    »Wer ist Heather?«, fragte ich.
    »Sie war unsere Tochter«, erwiderte sie. Ihre Augen wirkten einen Moment glasig; sie betupfte sich rasch die Augenlider, als wischte sie einen Nebelschleier fort. »Die Endfields haben eine schreckliche Tragödie mitgemacht«, begann sie, als erzählte sie eine Geschichte über andere Leute. »Heather war erst sieben Jahre alt, als ihr kleines Herz brach, wie eine alte
Glasscheibe. Sie war ein sehr liebes, teures kleines Mädchen, voller Lächeln und Liebe für ihren Daddy. Wie ihre Augen strahlten, wenn er auftauchte, zwei winzige Lichtchen flackerten bei ihrem Lachen auf, als sei jeden Tag Weihnachten. Jeder Tag war etwas Besonderes für sie, weil ihr nur so wenige vergönnt waren.
    Richard machte jeden Tag zu einem Fest für sie. Er kam nie nach Hause ohne ein Geschenk für sie im Aktenkoffer oder in den Armen. Er kaufte ihr Puppen und Puppenkleider, fast jeden zweiten Tag eine neue Puppe, und Spielzeuggeschirr, kleine Möbel und Kleider und Schmuck. Alles Hübsche, was ihm unter die Augen kam, wenn er die Straßen entlangging, kaufte er ihr. Er dachte fast ständig an sie, ganz gleich wie groß der Fall oder wie wichtig der Klient war.
    An dem Morgen, als sie nicht mehr aufwachte, saß er in ihrem Zimmer und starrte sie an, bis die Dämmerung hereinbrach. Er weigerte sich, zu trinken oder zu essen. Er warf den Arzt hinaus, verfluchte die Mediziner, weil sie zuließen, dass so etwas passierte. Nichts hatte geholfen, keine Operationen, keine Medikamente, nichts.
    Schließlich kamen seine Partner aus der Firma und überredeten ihn, den Bestatter

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