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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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Umstand John schließlich bewusst wurde, blieb er stehen. »Laufen wir nicht in die falsche Richtung? Liegt Westminster nicht westlich der Stadt?«, fragte er.
    Der Novize nickte. »Wir schlagen einen kleinen Haken, um die verstopften Hauptstraßen zu umgehen. Da vorne biegen wir nach Norden ab, gehen ein paar Straßen weiter und wenden uns dann nach Westen. Glaubt mir, es ist zwar ein Umweg, aber so kommen wir schneller ans Ziel.«
    John war beruhigt und setzte sich wieder in Bewegung.
    »Woher kommt Ihr, Sir John?«, fragte Aloysius.
    »Aus Waringham.«
    »Grundgütiger, ist der alte Earl etwa Euer Großvater?«
    John schaute verwundert auf. »Wie kommst du darauf?«
    Aloysius wies auf das Wappen an Johns Mantel. »Ich sehe es jetzt erst. Jeder in London kennt dieses Wappen.«
    »Wirklich? Selbst hinter Klostermauern?«
    Der Novize hob lächelnd die Hände. »Da hab ich nicht immer gelebt, Sir. Also? Ist es so?«
    »Er ist mein Vater.«
    »Und Euer alter Herr lässt Euch einfach so ganz allein nach Westminster reiten?«
    John verspürte kein Bedürfnis, sich diesem Fremden anzuvertrauen, und sagte das Erstbeste, was ihm in den Sinn kam: »Ich habe eine Nachricht zu überbringen, genau wie du. An meinen Bruder.«
    »Verstehe.«
    Sie bogen nach links in eine kleine Gasse ein. Die Sonne war noch nicht über die Giebel der schäbigen Häuser geklettert, und so lag die Gasse im Schatten. John fröstelte in der plötzlichen Kühle. An diesem Sträßchen schien es weder Werkstätten noch Läden zu geben, fiel ihm auf, die Holzhäuser sahen wie Armeleutehüttenaus. Schmuddelige Kinder spielten auf der Straße, hier und da kam ihnen eine Frau mit einem Bündel oder Korb entgegen. Aber im Vergleich zur Thames Street war es still. Gerade begann John sich zu fragen, wann endlich die Straße abzweigen würde, die sie in die richtige Richtung führte, als sie durch eine schmale Häuserlücke wiederum nach links bogen.
    »Ich hoffe, deine Nachricht war nicht so furchtbar wichtig, John of Waringham«, hörte er Aloysius sagen. Die Stimme klang gänzlich verändert: hämisch, ein wenig triumphierend gar. Noch ehe John wirklich bewusst geworden war, dass sie nicht in eine Straße, sondern in einen Hof eingebogen waren, lag seine Rechte auf dem Schwert, denn mit jedem Schritt, den sie tiefer in die finstere Gasse vorgedrungen waren, hatte seine Nervosität zugenommen. Er überraschte sich selbst mit seiner Schnelligkeit, doch sie rettete ihn nicht. Ehe er seine Klinge auch nur zur Hälfte gezogen hatte, traf ihn etwas Weiches, Schweres am Kopf, dann stolperte er über irgendetwas und ging zu Boden. Als er wieder aufspringen wollte, verfingen Hände und Füße sich in unzähligen Maschen. Ein so stechender Fischgestank hüllte ihn ein, dass seine Kehle sich schloss. Er konnte nicht begreifen, wie es geschehen war, aber offenbar war ein Fischernetz vom Himmel gefallen und hatte ihn gefangen.
    John kämpfte und fluchte, versuchte sich zu befreien und verstrickte sich nur immer hoffnungsloser.
    Aloysius stemmte die Hände in die Seiten, betrachtete seine Bemühungen amüsiert und brüllte schließlich zu einem kleinen Giebelfenster hoch: »Guter Wurf, Jacky! Kommt runter!« Dann trat er John in die Seite. »Lieg still.«
    John dachte nicht daran. Er richtete sich auf die Knie auf, bemühte sich, tief durchzuatmen und die Panik niederzuringen, denn nur dann hatte er eine Chance, den Rand des Netzes zu finden und zu entkommen. Doch lange bevor er das Wirrwarr aus Hanf und Schnüren durchschaut hatte, hörte er das Scharren vieler Füße, und als er den Blick hob, sah er durch die Maschen des Netzes drei Paar Beine in fleckigen, löchrigen Hosen.
    »Was bringst du da, Al?«, fragte jemand, der hinter John stand, sodass der Junge ihn nicht sehen konnte. Ein junger Mann, hörte er an der Stimme.
    »Einen dicken Fisch«, verkündete Aloysius mit unverhohlenem Stolz. »Er behauptet, er ist ein Sohn vom alten Waringham. Auf jeden Fall hat er Geld. Und sieh dir die Kleider an.«
    »Waringham«, brummte der Ältere, der offenbar der Anführer war. »Dann blast ihm das Licht aus, eh ihr ihn aus dem Netz holt, sonst schlachtet er uns noch alle ab.«
    John biss sich im letzten Moment auf die Zunge, bevor ihm ein angstvolles Wimmern entschlüpfen konnte. Gedanken schossen ihm wie Sternschnuppen durch den Kopf. Er wollte nicht als der einfältigste aller Waringhams in der Familienbibel verewigt werden, der es in beispiellos kurzer Zeit geschafft hatte,

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