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Die Hüter der Schatten

Die Hüter der Schatten

Titel: Die Hüter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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gemeinsame Freunde. »Nick möchte auch noch mit dir sprechen«, sagte Margot dann, und kurz darauf vernahm Leslie die warme Baritonstimme ihres alten Freundes.
    »Hi, Schätzchen. Hat Margot dir unsere große Neuigkeit schon mitgeteilt?«
    »Hat sie. Gratuliere, Nick.«
    »Danke. Aber weshalb ich mit dir sprechen wollte, Les … Mein Freund Chuck Passevoy aus Santa Barbara hat mich angerufen und mir erzählt, daß du das Chapman-Mädchen gefunden hast und daß die Sache sich diesmal als Komödie der Irrungen und nicht als eine weitere schreckliche Tragödie herausgestellt hat.«
    Leslie hatte die Chapman-Episode beinahe schon verdrängt. Jetzt flammte ihre Wut von neuem auf. »Darüber wollte ich sowieso noch mit dir reden, Nick«, sagte sie und versuchte vergebens, den Zorn aus ihrer Stimme herauszuhalten. »Du hättest mich wenigstens fragen können, bevor du meine Telefonnummer weitergibst! Du weißt doch, daß ich diese Dinge hasse.«
    »Les, der arme Chuck war ziemlich geschockt. Er hatte Angst, daß ihm so was wie der Rattenschwanz-Killer ins Haus steht. Wenn ein kleines Mädchen verschwindet, werden Cops immer gleich nervös. Und die Frau hatte dein Bild im Enquirer gesehen. Sie wußte von deinen Fähigkeiten.«
    Leslie holte tief Luft und versuchte, die aufsteigende Panik niederzukämpfen. »Nein und nochmals nein«, erklärte sie. »Ich kann und ich will das nicht. Bitte, Nick, tu das nie wieder. Niemals.«
    »Das kann ich dir nicht versprechen. Eine solche Gabe nicht zu nutzen ist eine Schande. Ein Verbrechen, Leslie.«
    »Das kann ich nicht mal abstreiten, Nick. Aber ich bringe es einfach nicht mehr fertig …«
    »Hast du mal darüber nachgedacht, wie viel Gutes du mit deiner Gabe bewirken könntest, Leslie?«
    »Juanita García hat meine Gabe auch nichts genützt, oder?«
    »Möglicherweise hätte ihr niemand helfen können. Vielleicht war einfach ihre Zeit gekommen. Aber angenommen, ein solcher Verrückter schnappt sich das nächste Mal Emily? Oder die kleine Schwester von jemand anderem? Und das Chapman-Mädchen …«
    »Die kleine Phyllis hat niemals wirklich in Gefahr geschwebt. Ihr Vater hätte sie nach ein oder zwei Tagen zurückgeschickt …«
    »Und unterdessen hätte die Mutter Höllenqualen ausgestanden! Wir müssen noch einmal darüber reden, wenn ihr zu unserer Hochzeit kommt. Aber jetzt erzähl mir von deinem Haus.« Für den Moment ließ er das heikle Thema fallen.
    Trotzdem zitterte Leslie immer noch, als sie schließlich auflegte. Sie konnte und wollte sich nicht bewußt dem Irrationalen aussetzen. Ihre Fähigkeit ruinierte ihr Leben, und Leslie hatte nur den Wunsch, sie loszuwerden.
    Vor ihrem inneren Auge stand wieder das Einführungskapitel des Poltergeist-Buches.
    Eine Spannung im parapsychologischen Bereich, die sich nicht um ein hysterisches und unangepaßtes Kind zentriert, sondern um einen relativ normal angepaßten Erwachsenen. Und für einen solchen hielt Leslie sich. Wenn dies geschieht, ist eine unbekannte außersinnliche Macht in Aktion getreten. Anders ausgedrückt, das Unbekannte streckt die Hand nach dem Betreffenden aus. Dies fällt strenggenommen nicht mehr in das Gebiet, das dieses Buch behandelt.
    Streckte tatsächlich das Unbekannte die Hand nach ihr aus? Leslie überlegte, ob Claire, die sich mit Psychologie auskannte und offensichtlich in der Lage war, irrationale Dinge wie Poltergeister als selbstverständlich zu erachten, ihr diese Frage beantworten könnte. Oder würde sie – wie Nick – darauf drängen, daß Leslie ihre Fähigkeiten weiterentwickelte und ihre Gabe der Polizei zur Verfügung stellte?
    Am Nachmittag kam Joel mit seinem Kombi, der größer als Leslies Wagen war, um die erste Ladung Bücher und Akten aus ihrem Büro und ein paar Kartons mit Küchengeräten zum neuen Haus zu bringen. Auf der Brücke unterhielten sie sich über Nicks und Margots Heiratspläne. Als sie vor dem Haus hielten, wurde Leslie klar, daß sie sich davor gefürchtet hatte, allein herzukommen. Die Erinnerung an den Mann in der Garage – oder dem »Atelier« – verfolgte sie immer noch. Dabei war er überhaupt nicht dagewesen.
    Das Ganze klang wie in einem dummen Lied, das sie als Kind einmal gehört hatte.
     
    Gestern abend sah ich gar
    ein Männlein, das war unsichtbar
    Auch heute hab’ ich’s nicht gesehn.
    Gott, ich wollt, es würde gehn.
     
    Unsinn. Unter dem Eindruck all der verwirrenden Ereignisse und des absurden Gesprächs, das sie in dem Buchladen mitgehört

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