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Die Hüterin des Evangeliums

Die Hüterin des Evangeliums

Titel: Die Hüterin des Evangeliums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Galvani
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uns einen kleinen Ausflug unternehmen«, schlug er vor. »Würde es Euch morgen passen? Das Wetter ist schön, und ein Ausritt hat noch niemandem geschadet.«
    »Ich weiß nicht ...«, wiederholte sie. Ihre Lider flatterten. Seine Einladung passte so gar nicht in ihre Pläne. Unter den gegebenen Umständen lag ihr nichts ferner, als sich bei einem Ritt aufs Land die Zeit zu vertreiben. Die Suche nach Titus war vorrangig.
    Er wartete geduldig auf eine deutlichere Antwort. Hinter ihm wurden die anderen Trauergäste derweil unruhig. Aus den Augenwinkeln beobachtete Christiane, dass Bernhard Ditmold mit Wolfgang Delius zu tuscheln begann. Wahrscheinlich hatte der Assessor nicht unendlich viel Zeit für die Beerdigung von Martha Rehm eingeplant.
    »Übermorgen«, versprach sie schließlich, weil ihr dämmerte, wie wichtig eine Verabredung mit Imhoff war. Es gab vieles zu bereden, Verdächtigungen sollten ausgeräumt werden und Fragen beantwortet, die ihr auf der Seele brannten. Nicht zuletzt musste sie ihn auch mit seiner Krankheitkonfrontieren – um ihrer eigenen Gesundheit willen. In ihrem Haus hätte sie sich zwar sicherer gefühlt, aber wenn ihm der Sinn nach einem Ausflug stand, sollte er diesen bekommen.
    Zu ihrer größten Überraschung legte Imhoff seinen langen, schlanken Zeigefinger an die Lippen. »Es soll unser Geheimnis bleiben, ja?« Mit einem weiteren Seitenblick Richtung Stadtbrunnenmeister, der sich gerade mit dem Gemeindepfarrer von St. Moritz unterhielt, setzte er leise hinzu: »Wir wollen doch niemanden mutmaßen lassen, dass uns beide mehr verbindet als der Wunsch nach frischer Luft.«
    Ihr Vater war in der Tat die letzte Person, die sie darüber informieren würde, welche Verabredungen sie traf. »Selbstverständlich«, erwiderte sie steif, betroffen von dem Geistesblitz, dass seine Bemerkung durchaus zweideutig zu verstehen war.
    Wollte er möglicherweise doch mehr als nur einen harmlosen Ausritt unternehmen? Meitingers Witib war keine gute Partie mehr, nach einem Heiratsantrag konnte ihm kaum der Sinn stehen. Suchte er eine heimliche Gespielin, die das Leid der Französischen Krankheit mit ihm zu teilen bereit war, da sie im irdischen Leben ohnehin nicht mehr viel zu erwarten hatte? Stolz reckte Christiane ihr Kinn. So schlimm war es nun doch nicht um sie bestellt.
    Imhoff verneigte sich vor ihr. »Leider rufen mich Verpflichtungen, die mich vom Leichenschmaus fernhalten. Ich bin jedoch sicher, der Seele Martha Rehms wird dies nicht schaden. Ade, Meitingerin.«
    »Ich wünschte, wir würden uns heute nicht zum zweiten Mal auf einem Friedhof begegnen«, sagte Wolfgang Delius und ergriff Christianes kalte Hand. »Martha Rehms Tod ist ein schrecklicher Verlust, und ich fühle von ganzem Herzen mit Euch.«
    Sie senkte die Lider, weil sie ihm nicht in die Augen sehenkonnte. Dann würde sie verraten, wie sehr sie sich freute, ihn überhaupt zu treffen, gleichgültig, wo. Seine Stimme übte wieder eine unendlich beruhigende Wirkung auf sie aus. In seiner Nähe fühlte sie sich seltsam geborgen und sicher. Er wäre auf jeden Fall ein willkommenerer Beschützer in ihrem Haus als der Söldner davor. Aber auch das wollte sie ihm nicht durch einen Blick zu verstehen geben.
    »Ich danke Euch für Euer Mitgefühl«, erwiderte sie höflich.
    Schweigend standen sie einander gegenüber – bis ihm auffiel, dass er noch immer ihre Hand umschlossen hielt. Sich verlegen räuspernd, ließ er sie los. Zögernd wandte er sich an ihren Vater: »Meister Walser, ich möchte Euch mein Beileid aussprechen. Eure Nichte hätte nicht so früh sterben dürfen. Es ist ein herber Schicksalsschlag.«
    Christiane hörte nicht, was Marthas Oheim antwortete. Sie blickte zu Bernhard Ditmold, der sie bekümmert betrachtete: »Geht es Euch gut, Meitingerin?«
    »Sicher nicht besser, als Ihr Euch vorstellen könnt.«
    Er nickte verständnisvoll. »Ist für Euer Wohl gesorgt?«
    »Zumindest für meine Sicherheit und der meines Eigentums. Oder wollt Ihr schützen, was ohnehin bereits der Fugger-Bank gehört?« Die bittere Frage entfuhr ihr, ohne dass sie es hätte verhindern können.
    »Ich bin der Beauftragte des Reichserbmarschalls, kein Laufbursche von Anton Fugger.«
    Die Morde – ja, wie hatte sie Ditmolds Interesse vergessen können. Er suchte nach den Fälschungen, und da Wolfgang Delius ihm anscheinend von seiner nächtlichen Begegnung mit Christiane berichtet hatte, hatte Ditmold die Pamphlete fast gefunden.
    Unwillkürlich dachte

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