Die Hüterin des Schattenbergs
ogelkot von seiner Jacke wischte. »Dann sind diese Biester besonders angriffslustig. Hätte ich gewusst, dass sie dort brüten, hätte ich einen Bogen darum gemacht.«
»Ist der Drache verletzt?«
»Nein.« Salvias schüttelte den Kopf. »Der Schuppenpanzer ist hart wie Stein. Eher zerschmettert ein Graurabe daran seinen eigenen Schnabel, als dass es ihm gelingt, ihn zu durchdringen.«
»Dann ist es gut.« Jemina hallte das unaufhörliche Klacken der Schnäbel auf den Panzerplatten immer noch in den Ohren. »Wenn wir zurück sind, werde ich die Lage der Kolonie melden«, hörte sie Salvias sagen. »Ein kleines Feuer wird dafür Sorge tragen, dass so etwas nicht wieder vorkommt.«
»Du willst die V ögel töten lassen? W arum?« Jemina war entsetzt. Kein Selkete würde es übers Herz bringen, ein T ier zu töten, solange es nicht der Hunger war, der ihn dazu nötigte. »Sie haben uns angegriffen«, erwiderte Salvias kühl. »Ist das nicht genug?«
»Sie haben ihre Jungen verteidigt!«, entgegnete Jemina. »So wie es wohl jeder tun würde.«
»Sie sind eine Plage.« Salvias stieß erneut einen Fluch aus.
»Aber sie haben ein Recht zu leben.« Jemina war empört.
Salvias schwieg und Jemina spürte, dass sie keine weitere A ntwort von ihm erhalten würde. So schaute sie sich um und suchte den blauschwarzen Drachen, auf dem Rik flog. Er war etwas zurückgefallen, holte aber rasch zu ihnen auf. A ls er näher kam, sah Jemina, dass auch Rik von den A ngriffen der wütenden V ögel nicht verschont geblieben war. Er hatte seine Kopfbedeckung verloren und quer über seine W ange verlief ein blutiger Streifen. A ls Rik nahe genug war, hob er die Hand, winkte ihr zu und rief: »Bist du verletzt?«
»Nein.« Jemina schüttelte den Kopf. »Was ist mit dir?«
»Alles halb so schlimm!« Rik hob die Hand an die W ange und lachte. »Es geht mir gut.«
Jemina konnte nicht mehr antworten, da das Drachenweibchen einen günstigen A ufwind fand und höher stieg. Das Männchen hatte Mühe zu folgen und Rik blieb wieder hinter ihnen zurück.
7
D er Rest des Fluges verlief ruhig.
Das W etter zeigte sich von seiner besten Seite und sie blieben von weiteren A ngriffen durch aufgebrachte V ogelschwärme verschont. Obwohl Jemina beim Blick nach unten immer noch Herzklopfen bekam, gelang es ihr, dem sanften Dahingleiten und dem einzigartigen A usblick über das Land etwas Schönes abzugewinnen.
Als sich die Sonne dem Horizont zuneigte, tauchte im Osten die dunkle Silhouette einer Bergkette auf. »Wir sind bald da!«, rief Salvias ihr zu und deutete voraus. »Auf dem höchsten Gipfel des Gebirgszugs dort vorn steht die Ruine der Hohen Feste.«
Jemina war erleichtert, dass der Flug bald zu Ende sein würde. A ber sie hatte die Entfernung völlig falsch eingeschätzt. Erst als der Sonnenuntergang den Himmel im W esten in ein feuriges Rot tauchte, erreichten die beiden Schwertdrachen ein Plateau unterhalb des Gipfels.
»Warum landen wir nicht bei der Hohen Feste?«, fragte Jemina den Drachenreiter, als sich ihr Herzschlag nach dem beängstigenden Landemanöver wieder etwas beruhigt hatte.
»Weiter oben gibt es für die Drachen keine geeignete Fläche«, erklärte Salvias knapp. »Den Rest müssen wir laufen.«
»Wir?« Jemina war überrascht. Sie hatte geglaubt, dass sie und Rik allein zur Feste gehen würden.
»Befehl von Corneus«, erklärte Salvias. »Wir sollen dafür Sorge tragen, dass euch nichts geschieht.«
»Ich dachte, die Gefahr ist in und nicht vor der Feste.« A uf unbestimmte W eise gefiel Jemina der Gedanke nicht, dass der raue Salvias und sein Kamerad sie begleiten wollten.
»Wenn du meinst, dass W ölfe und Bären keine Gefahr darstellen …« Salvias zog sein Kurzschwert und hielt es so, dass die Klinge im Sonnenlicht aufblitzte. »Wenn ich einen Befehl erhalte, führe ich ihn auch aus.«
Etwas an der A rt wie Salvias die W orte betonte, störte Jemina. A ber sie wischte das ungute Gefühl fort und sagte sich, dass es angesichts von W ölfen und Bären nicht schaden konnte, zwei kräftige Beschützer zur Seite zu haben. »Das … ist eine sehr ehrenhafte Einstellung.«
»Das will ich meinen.« Salvias grinste.
Jemina überlief es eiskalt.
Sei nicht undankbar, ermahnte sie sich in Gedanken. Corneus stellt uns seine besten Männer und seine Schwertdrachen zur Seite, damit die Suche ein Erfolg wird. Es wird schon alles gut gehen.
»Wann brechen wir auf?«, fragte sie, während sie aus den A ugenwinkeln
Weitere Kostenlose Bücher