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Die Hure: Roman (German Edition)

Die Hure: Roman (German Edition)

Titel: Die Hure: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Gustafsson
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soll das für ein Koch sein, der hat ja nicht mal Augen.«
    »Trotzdem ist er ein ganz guter Koch.«
    »Na, meinetwegen, zum Teufel.«
    So wird aus dem Mann, den Kalla kennt oder zumindest kannte, der neue Koch des BBQ Purgatorium.

    Am Anfang ist nicht alles gut. Aber am Ende wird es wohl auch nicht besser sein.
    »Zahl mir eine Operation, oder ich bring dich ins Gefängnis«, sagt der neue Koch.
    Er schleudert heißes Bratfett in Kallas Richtung, aber er trifft sie nicht, er ist ja ein blinder, augenloser Wurm. Dennoch heult Kalla auf, ihm zuliebe. Wie viele Männer genießt er es, anderen wehzutun.
    Die Chefin stürmt in die Küche.
    »Warum bist du in der Küche, Kalla?«
    »Sind Gäste gekommen?«, fragt Kalla.
    »Nein. Niemand da. Hmm. Das muss am Geruch liegen, der kommt bestimmt aus der Kanalisation.«
    Die Chefin stellt sich auf die Straße und ruft, jetzt gibt es zwei Portionen zum Preis von einer, es lohnt sich, hereinzukommen und gebratenes Fleisch zu essen. Schließlich verdanken wir es gebratenem Fleisch, dass wir Menschen sind: Gebratenes Fleisch lässt das Gehirn wachsen.
    Der Mann schüttet wieder Bratfett in Richtung Kalla, diesmal trifft er.
    »Aua, verdammt!« Bei ihrem Aufschrei sieht Kalla ihr Spiegelbild in dem glänzenden Fleischmesser, das an der Wand hängt. Ihre Zähne sehen unnatürlich groß und spitz aus. Sie schließt den Mund erst nach einer Weile.
    »Schaff das Geld ran, Hure!«
    »Tu ich nicht, wenn du so eklig bist!«
    Der Mann beginnt zu schluchzen, ohne Augen kann er zwar nicht richtig weinen, aber er verzieht das Gesicht und heult. Kalla verspürt wieder Mitleid. Sie geht auf den Mann zu, der ihr den Rücken zukehrt und sich über die Spüle beugt. »Du hast mein Leben zerstört«, jammert er.
    »Entschuldigung. Es tut mir ganz, ganz schrecklich leid.«
    Kalla hat sich erkundigt, was das Einsetzen neuer Augen kostet. Ihr Kellnerinnengehalt reicht dafür nie und nimmer.
    Nach der Arbeit zieht Kalla sich im Pausenraum um. Sie hat die Überwachungskamera mit ihrem Slip verhängt. Der Pausenraum ist kaum größer als ein begehbarer Kleiderschrank. Derzeit ist Kalla die Einzige, die ihn benutzt. Der einzige Mensch, um genau zu sein. Als sie die Tür schließt, kriecht das größere Tier unter dem Tisch hervor, und das kleinere springt aus Kallas Spind. Kalla gibt ihnen Essensreste. Sie wachsen ein wenig, werden ein wenig vollständiger.
    Das kleine Tier spielt mit Kallas Schürzenbändern. Es scheint zu lächeln. Allerdings sieht es immer so aus, denn es hat keine Lippen. Kalla sagt, sie müssen still sein, bis ihr etwas einfällt. Sie berührt den Kopf des großen Tiers. An ihrer Hand bleibt ein wenig Gewebeflüssigkeit oder irgendein Schleim hängen.
    Kalla muss den Mann abends nach Hause bringen, denn alle meinen, das sei nur recht und billig. Sie setzt ihm eine große schwarze Sonnenbrille auf und fasst ihn am Arm.
    In der Straßenbahn entdeckt sie einen jungen Mann, der bei der Tischrunde dabei war. Kalla senkt den Blick und hofft, dass der junge Mann sie nicht bemerkt. Doch natürlich erkennt er sie und kommt zu ihnen. »Hab ich mir doch gedacht, dass zwischen euch was läuft«, sagt er mit einer obszönen Geste.
    »Ja«, antwortet der Mann und legt die Hand auf Kallas Oberschenkel, viel zu weit oben.
    »Seid ihr zusammen?«
    Der Mann grinst nur. Sein Bekannter richtet dieselbe Frage an Kalla. Sie nickt kaum merklich.
    »Na, was nun?«, fragt der Bekannte.
    »Ja«, antwortet Kalla leise.
    »Was ja?«, insistiert der Bekannte.
    »Ja, ich bin seine Freundin.«
    »Dann ist es ja gut. Ich hab mich schon gewundert, wieso er nie eine Freundin hat, obwohl er so ein toller Typ ist.«
    »Ja«, sagt Kalla.
    »Geht ihr jetzt vögeln?«, fragt der Bekannte.
    Der Mann antwortet nicht, er grinst nur und schiebt seine Hand höher.
    Es ist schon furchtbar spät, als Kalla den Mann nach Hause gebracht und für ihn eingekauft hat und zu ihrer Wohnung gegangen ist. An der Haustür trifft sie ihre Nachbarin, die Unmengen von Papier- und Plastiktüten in der Hand hält und ihren Schlüssel nicht findet. Kalla schließt auf und lässt der Nachbarin den Vortritt. Sie warten auf den Lift, den langsamsten der Welt. Milla sucht zum Zeitvertreib Kassenbons hervor und zerknüllt sie zu einer großen Kugel.
    »Du warst ein bisschen shoppen«, sagt Kalla.
    »Ja, wo ich endlich mal Geld habe.«
    »Ach?«
    »Ja, ich bin nämlich jetzt Begleiterin.«
    »Begleiterin?«
    »Na, du weißt schon.«
    Kalla weiß es

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