Die Hure und der Krieger
kniete neben ihr und schaufelte fieberhaft den Schnee um sie herum fort. Alaric hastete zu ihnen, sank ebenfalls auf die Knie und half seinem Bruder, Keeley vom Schnee zu befreien, ehe er sie in die Arme zog.
„Keeley“, raunte er. „Keeley!“, sagte er lauter, als sie sich nicht rührte.
Sie fühlte sich kalt an, ihre Haut war wie Eis. Er hielt ihr ein Ohr an Nase und Mund, und als er den leichten Hauch ihres Atems spürte, schwanden ihm vor Erleichterung fast die Sinne.
Er löste sich gerade einmal so weit von ihr, dass er sie auf Verletzungen untersuchen konnte.
„Sie blutet am Kopf“, stellte Caelen grimmig fest, als er ihr mit einem Finger durchs Haar fuhr. „Oder hat zumindest geblutet. Die Kälte hat die Blutung gestillt.“
„Wir müssen uns sputen“, drängte Ewan. „Diese Halunken könnten noch in der Nähe sein, und zudem zieht der Frost an.“ Alaric wollte gerade aufstehen, als Keeley sich regte und gequält das Gesicht verzog.
„Keeley?“
Ihre Lider flatterten. Sie öffnete die Augen und starrte benommen zu ihm auf.
„Alaric?“
„Aye. Dem Herrn sei Dank, du bist wohlauf. Die Angst um dich hat mich zehn Jahre meines Lebens gekostet.“
„Das können wir nicht zulassen, Krieger“, erwiderte sie spöttisch. „Dann bleiben Euch ja womöglich nur noch ein paar.“
Ihm wurde leichter ums Herz, und abermals drohte das Gefühl ihn zu überwältigen. Er drückte Keeley an sich, stand auf und trug sie zu seinem Pferd.
Nachdem sie die Burg erreicht und Keeley im Wohnturm aufs Bett gelegt hatten, begann sie am ganzen Leib zu zittern, und ihre Zähne klapperten laut. Alaric streckte sich neben ihr aus und schloss sie in die Arme. Er wies Caelen an, sie beide zuzudecken. „K...k...kalt“, stieß sie bibbernd hervor. „S...so k...kalt.“
Er fuhr ihr mit den Lippen über den Kopf. „Ich weiß, Liebste, Halte dich an mir fest. Wir sorgen dafür, dass dir im Nu wieder warm wird.“
„Crispen!“, rief sie entsetzt. „Ist er in Sicherheit? Habt Ihr ihn gefunden? Was ist mit den anderen Kindern?“
„Aye, Crispen und den anderen geht es gut, dank dir. Sag, wie bist du entkommen?“
Überrascht sah er sie trotz ihrer klappernden Zähne lächeln. „Sie haben mich für Mairin gehalten, und sobald sie ihren Fehler erkannten, wollten sie mich töten.“
Er fluchte. Eben das hatte er befürchtet.
Caelen verengte die Augen. „Und doch hast du überlebt. Waren es Stümper?“
„Aye, sehr zu Eurem Bedauern vermutlich“, erwiderte sie gallig. „Ich weiß, wie enttäuscht Ihr sein müsst. Was mich gerettet hat, war, dass ich mich als Hexe ausgegeben und gedroht habe, sie und all ihre Nachkommen zu verfluchen, sollten sie mich meucheln.“
„Ich will dich keineswegs tot sehen, Keeley.“ Caelen musterte sie finster. „Dein Vorwurf ist ungerechtfertigt.“ Dann lachte er leise. „Aber du hast dir wirklich etwas einfallen lassen. Die Kerle dürften um ihr Leben gerannt sein.“
Sie hob eine Braue, schmiegte sich enger an Alaric und schloss die Augen.
„Nay, Keeley, du musst wach bleiben“, rief Alaric erschrocken und schaute verzweifelt zu Caelen auf. „Streite mit ihr. Zieh sie auf, mach sie wütend. Sie darf nicht einschlafen, ehe sie nicht wieder warm und ihre Wunde versorgt ist.“
Caelen musterte sie besorgt und beugte sich über sie. „Ich bedaure zutiefst, soeben etwas Nettes über dich gesagt zu haben. Da macht man dir ein Kompliment, und sogleich knickst du ein. Ich habe dir mehr Schneid zugetraut.“
Sie öffnete ein Auge und starrte ihn unheilvoll an. „Ich habe keineswegs vor zu sterben, Caelen, also spart Euch die Sticheleien. Allerdings ist es mir tatsächlich lieber, wenn Ihr gemein zu mir seid, denn ansonsten habe ich das Gefühl, einen Fremden vor mir zu haben. Oder denke, ich sei bereits gestorben und habe es nur noch nicht gemerkt.“
Caelen warf den Kopf zurück und lachte. „Bei Gott, du bist viel zu unbeugsam, um zu sterben. Das zumindest haben wir gemeinsam.“
„Möge der Herr mir beistehen“, murmelte Alaric. „Zwei Caelens ist das Letzte, was ich brauche.“
„Habt Ihr etwa vor, von nun an freundlicher zu mir zu sein?“, wandte sich Keeley schläfrig an Caelen.
„Nur, wenn du wach bleibst und aufhörst, meinem Bruder Kummer zu bereiten. Alaric sieht aus wie eine besorgte Mutter.“
„Nay, seid lieber nicht freundlich. Es lässt mich wirklich meinen, ich sei tot.“
In diesem Augenblick stürzte Maddie ins Gemach, gefolgt von Christina,
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