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Die Hurenkönigin und der Venusorden

Die Hurenkönigin und der Venusorden

Titel: Die Hurenkönigin und der Venusorden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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ihr in den Schläfen. Zum Glück schienen die Huren nach dem langen, anstrengenden Tag alle noch zu schlafen.
    Auf der Treppe kam ihr jedoch Irene entgegen, die es ziemlich eilig zu haben schien. Sie warf der Hurenkönigin ein knappes »Guten Morgen!« zu und wollte an der Gildemeisterin vorbeihuschen.
    »Morgen«, knurrte Ursel übellaunig, aber da fiel ihr Blick auf Irenes rotes Samtgewand, das fleckig und zerknittert aussah, und sie blieb stehen. »Wie siehst du denn aus?«, raunzte sie und musterte Irene vorwurfsvoll.
    Die junge Hübscherin zog unwillig die feingeschwungenen Brauen nach oben und seufzte. »Es ist halt gestern hoch hergegangen. Jetzt brauche ich erst mal ein Bad«, erklärte sie und steuerte auf ihr Zimmer zu.
    Just in dem Moment, als die Hurenkönigin in der Schankstube angekommen war, wurde von außen heftig gegen die Eingangstür geschlagen. »Auch das noch!«, fluchte sie verärgert und erkundigte sich in gereiztem Tonfall, wer draußen sei.
    »Bürgermeister Reichmann. Macht sofort die Tür auf!«, erklang die Stimme des Bürgermeisters unheilvoll.
    Die Hurenkönigin überkam eine düstere Vorahnung, und mit zittrigen Fingern sperrte sie das Schloss auf.
    In Begleitung von Untersuchungsrichter Fauerbach und zwei Stangenknechten betrat Bürgermeister Reichmann das Frauenhaus. Ursel musterte die Herren erstaunt und entnahm ihren finsteren Mienen, dass etwas Schlimmes passiert sein musste.
    Reichmann kam auch gleich zur Sache: »Heute Morgen wurde die verstümmelte Leiche unseres Senatskollegen Claus Uffsteiner aufgefunden.«
    Die Zimmerin stand da wie vom Donner gerührt. »Das ist ja furchtbar!«, sagte sie entsetzt.
    Der kalte Befehlston des Untersuchungsrichters riss sie aus ihrer Erstarrung. »Lasst uns nach drinnen gehen und ruft mir sofort die Huren herbei!«, polterte er.
    »Wieso denn das?« Die Gildemeisterin blickte die Herren fragend an.
    »Das werdet Ihr gleich noch genauer erfahren«, beschied sie der Bürgermeister barsch. »Und ich muss Euch mit allem Nachdruck darum ersuchen, dem Untersuchungsrichter in dieser Angelegenheit Eure volle Unterstützung zukommen zu lassen.«
    Angespannt geleitete Ursel die Männer in den noch leeren Gastraum und beauftragte den Frauenhausknecht, umgehend die Hübscherinnen zu holen.
    Es dauerte eine Weile, bis die verschlafenen Frauen nach und nach im Aufenthaltsraum eintrafen. Eisig schweigend warteten der Bürgermeister und der Untersuchungsrichter, bis sich alle am großen Tisch niedergelassen hatten.
    »Sind jetzt alle da? Damit wir endlich anfangen können«, fragte der Bürgermeister die Gildemeisterin gereizt.
    Ursels Blick wanderte über die Frauen, die sich mit müden, ungeschminkten Gesichtern, nachlässig gekleidet oder noch im Nachtgewand, an der Tafel versammelt hatten. »Dreißig«, murmelte sie. Dann wandte sie sich an den Bürgermeister und sagte laut und vernehmlich: »Wir sind vollzählig!«
    Reichmann räusperte sich und fing mit bebender Stimme an zu sprechen. »Heute Morgen wurde die Leiche unseres geschätzten Senatskollegen Claus Uffsteiner in einer Hausnische in der Limpurgergasse gefunden.« Er warf den Hübscherinnen einen vernichtenden Blick zu, ehe er in schneidendem Tonfall fortfuhr: »Der Körper des Bedauernswerten wies dreiundzwanzig Messerstiche auf. Und damit nicht genug, wurden ihm auch noch die Genitalien abgetrennt und in den Rachen gestopft!«
    Die Huren gaben entsetzte Aufschreie von sich. Rufe wie »Das ist ja schrecklich!« oder »Wer kann das nur getan haben?« erklangen, doch der Untersuchungsrichter brachte sie mit herrischer Geste zum Verstummen.
    »Wer kann das getan haben? Genau das fragen wir uns auch.« Er sah die Frauen in der Runde durchdringend an und knarzte: »Und deswegen sind wir jetzt hier!«
    Ursel fiel aus allen Wolken. Wollte der Untersuchungsrichter vielleicht behaupten, eine der Ihren hätte das getan? »Was soll das denn heißen?«, rief sie empört und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.
    »Das soll heißen, dass Ihr uns jetzt Rede und Antwort zu stehen habt«, erwiderte der Untersuchungsrichter mit eisiger Ruhe. Als die Zimmerin daraufhin erneut protestieren wollte, maßregelte sie Fauerbach scharf: »Ruhe! – Die Fragen stelle ich!«
    Die allgemeine Fassungslosigkeit auskostend, fuhr er fort: »Wo ist das Frauenzimmer, das dem Ermordeten letzte Nacht noch gedroht hat, es werde ihm ›die Eier abschneiden‹?« Der starre Blick seiner kalten Fischaugen durchbohrte die

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