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Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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waren groß und sie blieb den ganzen Tag in gedrückter Stimmung. Noch zehn Tage bis zu ihrem sechsten Geburtstag. »Aber Daddy, warum müssen wir umziehen?«
    »Wir müssen eben, Liebes.«
    »Aber warum?«
    »Weil wir es eben müssen, Liebes. Hebron wird dir gefallen. Es gibt viele Parks dort.« »Wieso hast du nie gesagt, daß wir umziehen müssen?«
    »Haben wir, Süße. Das mußt du vergessen haben.«
    »Und was ist mit Gram und Grams und Onkel Richard und Tante Tetha und Onkel Saal und allen?«
    »Die können uns jederzeit besuchen kommen.«
    »Und Niki und Linna und meine Freunde?«
    Sol sagte nichts, sondern trug den Rest des Gepäcks zum EMV. Das Haus war verkauft und leer; die Möbel waren ebenfalls verkauft oder nach Hebron geschickt worden. Eine Woche lang war ein konstanter Strom von Familienangehörigen und alten Freunden, Kollegen vom College und sogar ein paar vom Ärzteteam von Reichs dagewesen, die seit achtzehn Jahren mit Rachel arbeiteten, aber jetzt war die Straße verlassen. Regen strömte am Perspexbaldachin des alten EMV herunter und bildete komplexe Ströme. Die drei saßen einen Augenblick lang im Fahrzeug und betrachteten das Haus. Das Innere roch nach nasser Wolle und nassem Haar.
    Rachel hielt den Teddybär, den Sarai vor sechs Monaten vom Dachboden geholt hatte. Sie sagte: »Es ist nicht recht.«
    »Nein«, stimmte Sol zu. »Es ist nicht recht.«
     
    Hebron war eine Wüstenwelt. Vier Jahrhunderte Terraformung hatten die Atmosphäre atembar und ein paar Millionen Hektar Land urbar gemacht. Die Geschöpfe, die vorher dort gelebt hatten, waren klein und zäh und unvorstellbar scheu, und das waren auch die Geschöpfe, die von der Alten Erde importiert worden waren, einschließlich den Menschen.
    »Ahh«, stöhnte Sol an dem Tag, als sie in dem von der Sonne versengten Dorf Dan über dem von der Sonne versengten Kibbuz K'far Shalom eintrafen, »was sind wir Juden doch für Masochisten. Zwanzigtausend erforschte Welten hätten für unsere Art gepaßt, als die Hegira begann, und diese Schmucks mußten hierher kommen.«
    Aber es war kein Masochismus, der die ersten Siedler oder Sol und seine Familie hierher geführt hatte. Hebron bestand weitgehend aus Wüste, aber die fruchtbaren Gebiete waren fast beängstigend fruchtbar. Die Universität Sinai wurde im ganzen Netz geachtet, und ihr Med Center zog reiche Patienten an und brachte der Kooperative reiche Gewinne. Hebron hatte ein einziges Farcasterterminex in Neu Jerusalem und duldete anderswo keine Portale. Hebron gehörte weder zur Hegemonie noch zum Protektorat knöpfte Reisenden saftige Steuern für das Farcasterprivileg ab und duldete keine Touristen außerhalb von Neu Jerusalem. Für einige Juden, die Abgeschiedenheit suchten, war es möglicherweise der sicherste Ort auf dreihundert von Menschen bewohnten Welten.
    Der Kibbuz war mehr aus Tradition als durch Tätigkeit eine Kooperative. Die Weintraubs bekamen ein eigenes Haus – eine bescheidene Unterkunft aus getrocknetem Lehm mit Kurven statt rechten Winkeln und Holzdielenböden, aber auch mit einem Blick vom Hügel herab, der endlose Wüste hinter den Orangen- und Olivenhainen bot. Die Sonne schien alles auszubrennen, dachte Sol, sogar Sorgen und Alpträume. Das Licht war fast etwas Greifbares. Am Abend leuchtete ihr Haus noch eine Stunde nach Sonnenuntergang rosa.
     
    Sol saß jeden Morgen am Bett seiner Tochter, bis sie aufwachte. Die ersten Minuten ihrer Verwirrung waren immer schmerzhaft für ihn, aber er achtete darauf, daß Rachel jeden Morgen ihn als erstes sah. Er nahm sie in den Arm, während sie Fragen stellte.
    »Wo sind wir, Daddy?«
    »An einem wunderschönen Ort, Kleines. Ich erzähle dir beim Frühstück davon.«
    »Wie sind wir hierher gekommen?«
    »Wir sind gecastet und geflogen und ein Stück gelaufen«, sagte er. »Es ist nicht so weit weg ... aber weit genug, daß es ein Abenteuer ist.«
    »Aber mein Bett ist hier ... meine Stofftiere ... Warum kann ich mich nicht erinnern, wie wir hierher gekommen sind?«
    Und Sol hielt sie zärtlich an den Schultern und sah ihr in die braunen Augen und sagte: »Du hast einen Unfall gehabt, Rachel. Weißt du noch, wie Terrence in Die heimwehkranke Kröte sich den Kopf angeschlagen und ein paar Tage vergessen hat, wo er wohnt? So ähnlich ist es bei dir auch gewesen.«
    »Geht es mir wieder besser?«
    »Ja«, sagte Sol, »jetzt geht es dir wieder viel besser.« Und der Geruch von Frühstück zog durch das Haus, und sie gingen auf

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