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Die indische Erbschaft

Die indische Erbschaft

Titel: Die indische Erbschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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zögerten, Farbe zu bekennen.
    „Nichts da!“ rief Martha mit einer heftigen Handbewegung, „wir haben bisher nicht auf Pump gelebt und wir werden es auch weiterhin nicht tun!“
    „Röstkartoffeln und Preßsack, grüne Heringe und Kartoffeln, Spaghetti mit Tomatensoße, Kartoffelsuppe ohne Fleisch...“Charlotte beendete die Aufzählung mit einem wilden Schluchzer.
    „Wenn dir meine Küche nicht paßt, dann brauchst du nicht länger an meinem Tisch zu essen!“ sagte Martha eisig; aber sie spürte, daß sie allein stand, und das Gefühl der Einsamkeit machte sie schwach und mutlos. „Tut, was ihr wollt“, murmelte sie mit schmalen Lippen und ließ sich müde auf einen Stuhl fallen, „ich sehe es kommen, daß diese Erbschaft uns mehr Unsegen als Glück bringen wird. Und es ist mir auch gleichgültig, ob ihr euch nach meinen Worten richtet oder nicht, aber ich sage euch, wenn ihr klug sei, dann haltet den Mund und lebt genauso weiter, wie ihr bisher gelebt habt. Jedenfalls so lange, bis wir genau wissen, wann wir über das Geld verfügen können. Vorläufig hängt die Erbschaft noch auf dem Mond! Das ist meine Meinung.“ Sie wollte noch etwas hinzufügen, aber die Stimme versagte ihr. Sie breitete die Arme aus und ließ den Kopf sinken. Ein lautloses Weinen erschütterte ihre Schultern.
    Eine Weile blieb alles stumm. Wilhelm Ströndle rieb sich die feuchten Hände. Charlotte betupfte ihre Augen, Werner starrte zu Boden, und Christa schnüffelte vernehmlich.
    Und dann war es Wilhelm Ströndle, der zu seiner Frau hintrat und ihr ein wenig verlegen die Hand auf den Kopf legte und ihr sanft die zuckenden Schultern zu streichelnd begann. „Wenn man es sich recht überlegt, dann ist an Mutters Worten schon etwas Wahres dran. — Und vielleicht ist es wirklich am gescheitesten, wenn wir vorerst einmal abwarten, wie sich die Dinge entwickeln, und die Geschichte von unserer Erbschaft nicht gleich in die Welt hinausposaunen... Oder was meint ihr dazu?“
    Sie brüteten vor sich hin, aber ihre traumverlorenen, betäubten Gesichter spannten sich wieder.
    „Es wird mir verdammt schwerfallen“, sagte Werner schließlich, „aber Mutter hat recht! — Ich glaube, wir alle müssen es erst einmal richtig verdauen, was das zu bedeuten hat. Zweihundert Millionen... Das spricht sich so hin. Aber im Grunde ist es einfach nicht zu fassen. Genauso wenig zu begreifen, als ob man hört, rund um die Erde herum sind es vierzigtausend Kilometer...“
    „Vierzigtausend — phhh!“ Christa tat, als spucke sie einen Kirschkern aus, „was das schon ist!“
    Werner warf ihr einen schrägen Blick zu: „Und nun stellt euch einmal vor: die Nachbarschaft erfährt es, und die Stadt, und die Zeitungen, und der Rundfunk... Ich sage euch, wenn man schon um einen lumpigen Totogewinn von zwei- oder dreihunderttausend Mark ein Riesengetöse macht, was meint ihr wohl, was dann erst mit uns geschieht!“
    Martha hob das Gesicht: „Versprecht mir, daß ihr den Mund halten werdet! Vielleicht entscheidet sich die Sache rascher, als wir denken, aber versprecht mir, daß ihr wenigstens bis zur endgültigen Entscheidung vernünftig sein werdet!“
    Sie stand auf und legte eine Hand auf Charlottes Schulter und sie fuhr Christa über den Kopf.
    „Ja, wir versprechen es...“murmelte die Familie im Chor. Es klang wie das finstere Gemurmel einer finsteren Bande in einem finsteren Stück.
    „Und jetzt...?“ fragte Wilhelm Ströndle schließlich. „Jetzt ist es halb drei und fürs Geschäft sowieso zu spät geworden. Ich werde zum Kaufmann hinuntergehen und eure Chefs anrufen, daß euch von irgend etwas schlecht geworden ist.“
    Im ersten Augenblick schien diese Patentlösung allen Beteiligten sehr zu gefallen. Aber dann besann sich Charlotte darauf, daß sie sich für den Abend mit Helmuth Krönlein verabredet hatte, und Wilhelm Ströndle erinnerte sich an ein Dutzend wichtiger Briefe, die ihm unter den Nägeln brannten. Sie erklärten Martha, daß sie die Verspätung glaubwürdig entschuldigen würden, und machten sich eiligst auf den Weg. Vielleicht zogen sie es auch vor, zu verschwinden, um endlich einmal außerhalb des Familienkreises mit der Botschaft aus England und mit sich selber fertig zu werden. Denn auch Werner hielt es nicht daheim, er schützte eine dringende Verabredung vor, um sich zu verdrücken. Nur Christa und Martha blieben zurück und machten sich daran, das Geschirr abzuspülen.
    „Daß du dich gar nicht freust, daß wir jetzt

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