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Die Insel der Orchideen

Die Insel der Orchideen

Titel: Die Insel der Orchideen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: white
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nickte.
    »Das reicht mir als Erklärung. Ich werde Sie nie wieder danach fragen.«
    »Macht es Ihnen denn nichts aus?«
    Er nahm ihre Hände. Sanft strich er mit den Daumen über ihre Haut. Es tat so gut.
    »Ich würde lügen, wenn ich behauptete, es sei mir egal. Andererseits liebe und schätze ich Sie, weil Sie so sind, wie Sie sind. Und dieser Mann gehört zu Ihrem Leben. Im Übrigen müssen Sie ja auch akzeptieren, dass ich meine Erfahrungen gesammelt habe. Leah, sehen Sie mich an.« Er hob ihr Kinn. »Ich habe mir nie etwas aus den Mädchen gemacht, die in London an mir vorbeidefilierten, eine hübscher herausgeputzt als die andere, in den Augen ein Glimmen, das meinem Geld und Titel, aber ganz sicher nicht meiner krummen Nase galt. Langweilig waren sie alle, auch die Klugen, und ich hatte mich bereits auf eine lauwarme Ehe eingestellt, sobald ich nach England zurückgekehrt wäre. Und dann traf ich Sie. Die einzige Frau, die ich an meiner Seite haben möchte.« Er hob die Hand, als sie ihn unterbrechen wollte. »Was glauben Sie denn, warum ich so maulfaul und grüblerisch war? Als Sie krank daniederlagen, schwor ich mir, Sie sofort nach Ihrer Genesung um Ihre Hand zu bitten. Doch dann … tja, Sie haben es mir nicht leicht gemacht.« Er lächelte ein wenig schief. »Ich gestehe, dass mein Stolz im ersten Moment verletzt war, aber das hat sich gelegt. Vor ein paar Tagen haben Sie mir Vorhaltungen gemacht, ich hätte kein Recht, Sie wegen Ihres Vorlebens zu verdammen. Nun, das habe ich tatsächlich nicht.«
    »Was werden Ihre Eltern sagen. Die Gesellschaft?« Verzweifelt suchte sie nach immer neuen Gründen, die eine Heirat unmöglich machten. Er wischte ihre Einwände einfach beiseite.
    »Meine Eltern stellen wir vor vollendete Tatsachen. Sie werden toben, aber der Sturm zieht vorüber. Immerhin bin ich ihr einziger Sohn. Wir werden ja noch lange in den Tropen bleiben, Zeit genug also, uns eine passende Lebensgeschichte für Sie auszudenken.« Er legte die Stirn in nachdenkliche Falten. »Wie wäre es damit: Sie sind die Tochter eines deutschen Missionars, der in den Tropen einem Fieber erlegen ist. Gegen eine solche Schwiegertochter können sie schwerlich etwas einzuwenden haben. Vielleicht dichten wir Ihnen noch einen Adelstitel aus dem tiefsten Sachsen an. Den kann niemand nachprüfen.« Er stutzte. »Leah!«, rief er, und dann umfingen seine Arme ihren Körper, während sie haltlos schluchzte.
    »Bin ich der Wahrheit zu nahe gekommen?«, fragte er leise.
    Sie erwiderte nichts. Als sie sich einigermaßen beruhigt hatte, befreite sie sich sanft aus seiner Umarmung und stand auf.
    »Ich brauche Zeit. Ihr Antrag kommt so überraschend. Ich sah unsere Freundschaft gefährdet und nun dies.«
    »Ich kann warten. Solange wir auf diesem Berg unterwegs sind, können Sie mir sowieso nicht davonlaufen.«
    »Nein«, sagte sie nachdenklich. »Davonlaufen werde ich nicht. Ich laufe nie mehr davon.«
    * * *
    Schon zum fünften Mal an diesem Abend schlenderte Johanna zum Gartentor und spähte die Straße hinunter. Es mochte auf Mitternacht zugehen, doch von Friedrich war noch immer nichts zu sehen. Johanna zog sich wieder in die Dunkelheit des Gartens zurück. Friedrich würde schon nichts geschehen sein, sicherlich hatten er und Henry Farnell im Club Teutonia oder dem neugegründeten Singapore Club über einem Drink die Zeit vergessen. Sie sollte aufhören, sich Sorgen zu machen.
    Das war nicht so einfach. Friedrich und Henry hatten sich bereits am Nachmittag getroffen, eine Zusammenkunft, der Friedrich mit offenkundigem Unwillen entgegengesehen hatte. Johanna hatte es nicht gewagt, ihn auf seine verbissene Miene anzusprechen, und erging sich in Spekulationen. Das lange Ausbleiben konnte eigentlich nur bedeuten, dass die beiden sich endlich aussprachen, den über ihrer Freundschaft liegenden Schatten vertrieben. Andererseits würde Henry seine verwöhnte junge Frau niemals so lange allein im Hotelzimmer sitzen lassen. Wo also war Friedrich?
    Eine halbe Stunde später gab sie auf. Sie ging ins Haus und machte sich für die Nacht zurecht. Gerade als sie ihren sorgenschweren Kopf aufs Kissen bettete, hörte sie schwere Schritte auf der Veranda. Mit gespitzten Ohren folgte sie Friedrichs Weg in den Salon, lauschte dem Gläserklirren, als er sich einen Drink einschenkte, dem Knarren eines Rattanstuhls. Sie warf das Laken beiseite, huschte nach unten und trat zu ihm auf die dunkle Veranda.
    »Ich bin froh, dass dir nichts

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