Die Insel der roten Erde Roman
Anlegestelle hinuntergelassen wurden. Als die Kuh an der Reihe war, frischte der Wind wieder auf. Gabriel hielt es für zu riskant, das Tier unter diesen Umständen zu verladen, doch Evan, der so schnell wie möglich zu seinem Sohn wollte, schlug die Warnungen des Freundes in den Wind.
Die Kuh, die in einem Spezialgeschirr hing, brüllte vor Angst, als sie über dem Abgrund schwebte und langsam heruntergelassen wurde. Mehrmals wurde sie von einer Bö erfasst und schwang gegen die Felswand, und Evan bereute schon, nicht auf Gabriel gehört zu haben. Was, wenn das Tier gegen den Felsen geschleudert wurde und sich die Knochen brach?
»Schneller! Beeilt euch!«, rief er Gabriel und den Männern an der Winde zu. Über den Rand des Kliffs gebeugt, verfolgte er die Aktion. Nach bangen Minuten stand die Kuh sicher auf dem Anleger. Doch als Evan schon aufatmete, geschah es: Ein im Umgang mit Vieh unerfahrener Matrose versuchte, die Kuh am Halfter auf den Schoner zu zerren. Plötzlich rutschte das Tier aus und verlor den Halt auf dem schlüpfrigen Landungssteg.
Evan musste hilflos mit ansehen, wie die Kuh ins Wasser stürzte. Abgesehen von einem kleinen sandigen Uferstreifen auf der anderen Seite der Landzunge konnte die Kuh nirgends an Land klettern. Sie würde entweder ertrinken, aufs offene Meer hinausgetrieben oder gegen die Felsen geschmettert werden. Evan missachtete Gabriels Warnungen, stieg in aller Eile die in den Fels gehauenen Stufen hinunter und wäre um ein Haar selbst ausgeglitten. Die Kuh schwamm unterdessen brüllend im Kreis in der aufgewühlten See. Evan war gerade unten angekommen, als es einem Matrosen gelang, dem Tier ein Lasso über den Kopf zu werfen und es zum Landungssteg zu ziehen. Evan, das Spezialgeschirr in der Hand, sprang ins Wasser.
Die Kuh warf in Panik den Kopf hin und her und gebärdete sich wie wild, sodass Evan alle Mühe hatte, ihr das Geschirr überzustreifen. Die Mädchen und Amelia standen oben am Rand des Steilhangs und beobachteten das Manöver mit angehaltenem Atem. Die Kinder hatten schreckliche Angst, ihr Vater könnte von der Kuh unter Wasser gedrückt werden und ertrinken. Doch endlich hatte Evan es geschafft. Auf sein Zeichen begannen Gabriel und zwei Matrosen, die Windenkurbel zu drehen und die Kuh aus dem Wasser zu hieven. Als das Tier über dem Anleger schwebte, packten die Männer das Geschirr und sorgten dafür, dass die Kuh sicher auf den Holzplanken zu stehen kam. Kaum hatte sie festen Boden unter den Hufen, brach sie zur Seite aus. Einer der Seeleute wurde ins Wasser geschleudert, der andere flüchtete. Hätte die Kuh nicht im Geschirr gesteckt, das am Windenseil befestigt war, wäre sie in Panik davongelaufen.
Als der Matrose und Evan aus dem Wasser gefischt worden waren, ging Evan langsam auf die verängstigte Kuh zu und sprach beruhigend auf sie ein. Dann schnallte er das Geschirr ab. Die Seeleute hielten ihn für verrückt; sie fürchteten, sowohl Evan als auch die Kuh würden wieder im Wasser landen. Doch Evan schälte sich vorsichtig aus seiner nassen Jacke und legte sie dem Tier über den Kopf, sodass es nichts mehr sehen konnte. Ohne Eile führte er die Kuh über den schmalen Landungssteg zum Schoner, wobei er besänftigend auf sie einredete, und bugsierte sie dann mit Hilfe eines Matrosen, der sie von hinten schob, an Deck und in ihren behelfsmäßigen Stand. Dann erst zog er ihr die Jacke wieder vom Kopf und beruhigte das aufgeregte Tier. Die Seeleute johlten beifällig. Evan atmete auf. Das war gerade noch einmal gut gegangen. Er hoffte nur, dass seine wertvolle Kuh keinen solchen Schrecken davongetragen hatte, dass sie keine Milch mehr gab.
Bis Evan sich in Gabriels Cottage umgezogen und mit einer Tasse Tee aufgewärmt hatte, hatte der Wind sich wieder gelegt. Gabriel schlug vor, nun die in Kisten verladenen Schweine und Hühner hinunterzulassen.
Evan nickte. »In Ordnung. Aber nach der Sache mit der Kuh habe ich keine Lust, das Gleiche mit dem Pferd zu erleben. Ich werde Clyde dalassen müssen.« Pferde waren nervöser und ängstlicher als Rinder; auf dem schlüpfrigen Steg, über dem die Wellen zusammenschlugen, fanden die Hufe zudem nur wenig Halt. Evan wusste, er konnte von Glück sagen, dass er die Kuh gerettet hatte. Vielleicht hätten sie mit dem Pferd nicht so viel Glück.
Gabriel sah ihm an, dass er sich um seine Familie sorgte. »Ich mach dir einen Vorschlag. Ich fahre mit Sarah und den Kindern und sorge dafür, dass sie sicher in Faith
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