Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Insel der verlorenen Kinder

Die Insel der verlorenen Kinder

Titel: Die Insel der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
Vom Netzwerk:
wie bei Ella Starkee.
    Aber wenn Pat an jenem Tag damals nicht im Hasenkostüm gesteckt hatte, wer dann? Hatte sie Peter überredet, das kleine Mädchen zu schnappen? Ihn vielleicht irgendwie dazu erpresst?
    «Du selbst warst die Person, die Ernie die ganze Zeit besucht hat, stimmt’s? Du wolltest eine Beziehung zu ihr aufbauen. Ihr Vertrauen gewinnen.»
    Pat starrte sie mit versteinerter Miene an.
    «Du hast sie in Laura Lees Wagen abgeholt. Das hat ihrbestimmt gefallen. Sie muss schrecklich glücklich gewesen sein, dass der Hase auf sie gewartet hat, um sie zum Friedhof zu bringen.»
    Pat lächelte wehmütig. «Die Haseninsel», flüsterte sie und hielt das Brecheisen nicht mehr ganz so fest.
    «Genau, die Haseninsel. Ich habe eine von Ernies Zeichnungen gesehen», sagte Rhonda. «Darauf sah die Insel wie ein Paradies aus.»
    «Ja. Sie liebte es, dort zu sein. Sie liebte
mich

    Rhonda nickte. «Wer hat den Anzug am letzten Tag getragen, Pat? Wer hat sie entführt? Wo ist sie jetzt?»
    «Du bist doch so ein Schlaumeier.» Jetzt, beim Sprechen, verengten sich Pats Augen vor Wut. «Ich dachte, das hättest du inzwischen herausgefunden.»
    Rhonda schüttelte den Kopf. Sie legte die Hand hinter sich auf den Schreibtisch und tastete auf der Tischplatte herum. Doch sie fühlte nur Papier, Zeitschriften und einen Stift.
    «Warren», sagte Pat, und sein Name klang zwischen ihren zusammengepressten Zähnen wie ein wütendes Knurren. «Es war Warren. Warren hat sie umgebracht.»
    «Nein.» Rhonda hätte beinahe gelacht. «Der war doch nicht mal hier. Er war in Pennsylvania.»
    «Ich hab ihm Geld dafür geboten. Fünfhundert Dollar. Leichtverdientes Geld für einen College-Studenten. Sie einfach nur holen, ein paar Meilen mit ihr fahren und sie absetzen. Ich hab ihm
verdammt nochmal eine Karte
gezeichnet.»
    «Du lügst», sagte Rhonda. «Wo ist er? Was hast du mit ihm gemacht?»
    «Dann sollte er für den Abend abtauchen», fuhr Pat fort,«und am nächsten Tag allen erzählen, er sei gekommen, um bei der Suche zu helfen. Er sei die Nacht durchgefahren, so lautete die Story. Er hätte von der Entführung erfahren und helfen wollen. Der gute Junge.»
    Rhonda streckte den Arm aus, bis sie auf der Schreibtischplatte den kühlen, glatten Granitstein mit der eingravierten Inschrift ertastete: PAT HERBERT, TANKSTELLENBESITZERIN UND GESCHÄFTSFÜHRERIN. Sie griff danach. Er war schwer. Er mochte drei oder vier Kilo wiegen.
    «Nein!», schrie Rhonda, hob den Stein und zielte damit nach Pats Schläfe. Sie traf; von der Anstrengung zitterte ihr Arm, und sie fühlte ein Stechen bis in die Brust. Das Brecheisen entglitt Pats Händen und fiel klirrend zu Boden. Dann fiel auch Pat selbst hin.
    Rhonda, die noch immer den Granit in Händen hielt, trat vorsichtig über Pat hinweg und machte die Tür auf.
    «Verdammt, verdammt, verdammt», flüsterte sie, um Fassung ringend. Was hatte sie da getan?
    «Ich hatte keine andere Wahl», versuchte sie sich zu beruhigen. Dann rief sie: «Warren?»
    Vorsichtig spähte sie durch den Korridor nach links zum Laden und nach rechts zur Werkstatt. Da war niemand. Alles still. Auf Zehenspitzen durchquerte sie den Korridor zum dunklen Lagerraum, tastete nach dem Lichtschalter und sah sich plötzlich Auge in Auge mit einem hochgewachsenen Mann mit Sonnenbrille und Baseballkappe. Sie holte mit dem Stein aus und schlug ihn zu Boden.
    «Scheiße!»
    Sie hatte die lebensgroße Pappfigur eines Rennfahrers k.   o. geschlagen, der für Motoröl warb.
    «Genau ins Schwarze, Farr», spottete Rhonda. Doch ihre Hände zitterten.
    Sie zog sich rückwärts aus dem Lagerraum zurück, ließ die Lichter aber an. Sie wollte, dass jeder Winkel strahlend hell erleuchtet war.
    Ihr ganzer Körper vibrierte vor Aufregung. Sie drehte sich um und hatte die Metalltür vor sich, die zur Werkstatt führte. NUR FÜR ANGESTELLTE, mahnte ein Metallschild mit roten Buchstaben.
    Sie suchte vor der Tür zur Werkstatt nach einem Lichtschalter, hatte aber kein Glück. Also musste sie hineingehen und dort drinnen nach Licht tasten. Noch immer den schweren PA T-Granitstein in Händen haltend, stieß sie die Tür auf und trat in die Garage, in der es nach verbranntem Gummi, Öl und Auspuffgasen stank. Ein Motor lief. Die Metalltür schlug mit lautem Donnern hinter ihr zu. Nach dem von Neonlicht erhellten Korridor konnte sie in der stockdunklen Garage nichts erkennen. Die Luft war heiß und abgasgeschwängert. Sie drehte sich um und tastete die

Weitere Kostenlose Bücher