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Die Insel des Mondes

Die Insel des Mondes

Titel: Die Insel des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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strandeten, wo wir mit großer Begeisterung von den dortigen Plantagenherren empfangen wurden. Ich neige zu dem Glauben, dass diese Begeisterung nicht unwesentlich durch die Goldstücke befeuert wurde, die ich Le Thomas als »Lohn« für die Jahre unserer Gefangenschaft entwendet hatte.
    Wir wurden großzügig bei Monsieur Fereol Bellier Beaumont und seiner Familie aufgenommen, der in St. Suzanne auf der Ostseite der Insel neben Zuckerrohr und Orangen auch Vanille anpflanzte und eine stattliche Anzahl schwarzer Sklaven hielt. Ich hoffe, Deine Erinnerung hat diesen kleinen Mann mit dem prallen Bauch nicht romantisch verklärt. Denn er führte noch heuchlerischer als Tartuffe ständig das Wort Gottes im Munde, aber er hat geweint, als Frankreich 1848 von seinen Pflanzern verlangte, die Sklaverei abzuschaffen.
    Sein Plantagenhaus jedoch gefiel mir genauso gut wie Dir. Steintreppen, die mit gebrannten Kacheln belegt waren, führten zu der überdachten Veranda, die an den Seiten noch zusätzlich durch weiße Flechtgitter vor der zudringlichen Sonne geschützt wurde. Jedes Fenster hatte luftige Lamellenläden, und es gab ein blau gekacheltes Badezimmer mit einer Badewanne und einem Abort. Alles Dinge, die Du noch nie gesehen hattest, und selbst ich hatte die Existenz dieser Annehmlichkeiten vergessen.
    Du hast Dich sofort in das Bett in Deinem Zimmer verliebt, es war ein französisches Eisenbett mit einem Baldachin aus hauchzartem Musselin, der mit kleinen rosa Blütenknospen bestickt war. Auch ich genoss das weiche Bett und die sauberen Laken, die ich nun nicht mehr selbst waschen musste. Du hast Dich damals gleich darangemacht, die Töchter von Monsieur Beaumont aufmerksam zu beobachten, ihrem kleinen Bruder Louis, dem lang ersehnten Erben und Nachzügler, hast Du keine Beachtung geschenkt, obwohl er ständig an Deinem Rockzipfel hing. Nein, es waren die Mädchen, die Dich interessierten. Die stille und kränkliche Marie war zwei Jahre älter, und Josephine, blond, mollig und bösartig, war genauso alt wie Du damals. Ich mochte sie beide nicht und war sicher, dass sie eifersüchtig auf Deine Schönheit waren. Doch Du hast Dich inbrünstig an sie geklammert und versucht, ihre Freundin zu werden, hast Tag und Nacht gelernt, um Deine Lücken zu füllen und mithalten zu können, Du warst die Fleißigste in der Sonntagschule. Ja, ich weiß, ich hätte stolz auf Dich sein müssen, doch mir war nicht wohl bei diesem übertriebenen Eifer, es war nur allzu deutlich, wie sehr Du Dich für Deine Unwissenheit schämtest.
    Und mir war klar, dass alle Europäer auf der Insel es zwar amüsant fanden, uns einzuladen und unsere Erlebnisse zu hören, doch gleichzeitig waren wir mit einem Makel behaftet. Niemand wagte mich zu fragen, ob ich den Piraten zu Willen hatte sein müssen, aber ich wusste, sie sahen mich an und Dich und dachten heimlich darüber nach, wessen Kind Du warst. Nun, das befeuerte die Fantasie der Ehemänner, und so war ich mehr damit beschäftigt, sie mir vom Leibe zu halten, als mit der Planung unserer Zukunft.
    Um ehrlich zu sein, ich wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Ich war sicher, dass mein Mann, Dein Vater, tot war. Copalle war ein zartbesaiteter Mann, der nicht für die Sklaverei geschaffen war, womit ich nicht sagen möchte, dass irgendein Mensch dafür geschaffen wäre. Ich hatte zwar noch etwas Gold, um uns nach Europa zu bringen, doch ich war daran gewöhnt, freiheraus zu reden, und es fiel mir schon schwer, bei dem langweiligen Geschwätz der Pflanzer und ihrer Gattinnen nicht lauthals zu gähnen. Wie sollte ich es da in Europa aushalten, wo noch viel strengere Maßstäbe an eine Dame gelegt wurden. Nicht, dass Du mich missverstehst, ich sehnte mich nicht zurück zu Le Thomas und seinen Spießgesellen, aber mir wurde immer klarer, dass ich auch nicht nach Europa zurückkonnte. Und da hatte ich Edmond noch gar nicht kennengelernt.
    Ich muss nun unterbrechen, denn eben jetzt ist die Sonne aufgegangen, und die Vanille ruft nach mir.

8
    Cascarill
    Cascarill ist die Rinde von Croton Eluteria, einem auf Jamaika heimischen Baum. Ihr Geruch ist angenehm aromatisch, ihr Geschmack scharf aromatisch, zugleich widrig bitter. Das Öl der abdestillierten Rinde ist grünlich oder dunkelgelb und dickflüssig.
    A m nächsten Morgen wurde Paula von prasselndem
Regen und zahlreichen Männerstimmen geweckt. Sie kleidete sich an und spähte aus ihrem Zelt.
    Im Lager waren Dutzende von Soldaten. Anders als die meist mit

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