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Die Insel oder Rechtfertigung des sinnlosen Reisens (German Edition)

Die Insel oder Rechtfertigung des sinnlosen Reisens (German Edition)

Titel: Die Insel oder Rechtfertigung des sinnlosen Reisens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wassili Golowanow
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Mann und las die Fahnen eines großen, für die nächste Nummer geplanten Artikels korrektur. Damals krebste die Zeitschrift vor sich hin, erschien, statt jede, bestenfalls alle drei Wochen, aber trotzdem hatte es etwas Irreales, dass die erste Person, die ich nach meiner Rückkehr von Kolgujew in der Redaktion antraf, genau dieser selbe Mann war. Er saß an demselben Tisch über denselben Fahnen – die doch schon arg gründlich korrigiert sein mussten –, und sogar das Licht fiel auf die gleiche Weise auf Tisch und Blumen, und wieder war von meinen Leuten keiner da: als wäre ich gar nicht weggewesen, sondern hätte bloß einen Wimpernschlag getan – und schon hat sich ein ganzes Leben zugetragen. Auch in Bugrino war die Arbeitsbrigade noch immer mit Zurüstungen zum Holzholen befasst und setzten nach wie vor oberhalb der Steilküste drei schwankende Burschen in zerrissenen Stiefeln schwerfällig Fuß vor Fuß auf der Suche nach etwas Trinkbarem und trippelte auf kurzen Beinchen unverändert ein kleiner bebrillter Mann mit untergeklemmter Aktenmappe hastig über die Brücke der Schlucht auf dem Weg von einem Dorfende zum andern.
    Alles, was wir erlebt hatten, quetschte sich in die Spanne einiger nicht zu Ende gebrachter Dinge: der nicht erschienenen Zeitschriftennummer, der nicht abgeschlossenen Fahnenkorrektur, des nicht aufgetriebenen Alkohols und der noch immer nicht ins andere Ende des Dorfes gelangten Depesche …
    Und tatsächlich: mit der Zeit war etwas passiert, denn wir hatten extra den Sonntag mit all seinen Renhirtenfeierlichkeiten in Aliks Balok abgewartet, um am Montag – einen Tag, bevor der Hubschrauber ginge – in Ruhe ins Dorf zurückzukehren. Aber dort war unverändert Sonntag, für den Abend war im Klub eine Disco angekündigt, und der Hubschrauber würde erst in zwei Tagen gehen.
    Der Rechenfehler war uns am 31. Juli passiert, den wir für den ersten August gehalten hatten. Als uns all dies endlich klarwurde, hatten wir uns längst aus unseren klebrigen, schweißdurchtränkten Klamotten geschält, unser wergartig raues Haar gekämmt, uns gewaschen und danach noch mit Watte und Eau de Cologne die sich feinschuppig abschälende trockene Haut vom Gesicht abgerieben, ehe wir auf die mit weißer Wäsche bezogenen Betten fielen, um zum ersten Mal seit zehn Tagen
einfach nur so
dazuliegen. Dann hatte ich mich rasiert, weil es natürlich nicht ging, sich so, wie wir aus der Tundra zurückgekehrt waren, unter Menschen zu begeben, aber in der Eile schnitt ich mich. Kochen konnten wir uns nichts – aus irgendeinem Grund gab es keinen Strom im Hotel –, und so beschlossen wir, zuerst einmal Kolja Odinzow unsere Aufwartung zu machen, dem man in Ermangelung eines Sowchosevorsitzenden die Reste der Dorfinfrastruktur überantwortet hatte: das Kraftwerk, den kaputten Anleger, ein paar defekte Geländefahrzeuge, die leeren Speicher und etliche Menschen, die ihre Hoffnungen noch immer auf ihn setzten.
    Wir setzten uns in die Küche. Kolja stellte einen Teller mit Röstbrot und Gläser auf den Tisch. Ich wusste, dass wir nicht um die Probleme Bugrinos herumkämen, mit denen wir nichts zu tun hatten und, wie ich hoffte, auch nichts zu tun haben würden. Aber der Spiritus hat das Gute, dass er stark ist und die Dämme wegschwemmt, die einer sich zum Selbstschutz errichtet hat; und so bekam ich einmal zwischendurch einen vollkommen anderen Menschen zu sehen – einen wuterfüllten. Vielleicht einen Soldaten, der den Posten zu halten versucht, den alle anderen verlassen haben. Vergeblich. Was er durchaus weiß, aber: Was spielt es schon für eine Rolle, wo du kämpfst, wenn du für den Kampf geboren bist, vielleicht sogar für ein Solo im Kampf? In seiner Jugend muss Kolja etwas hergemacht haben, auch jetzt liegt in seinen Gesten und ausgreifenden Bewegungen schwungvoll-männliche Kraft, nur als er plötzlich aufspringt vor Rage, da hinkt er, und in seinem Blick liegt ein trübes Flackern und verrät, dass die Unmöglichkeit, etwas zu verändern, ihn quälen muss.
    »Vorm Sewerny liegt der Öltanker. Die Grenzer hat er beliefert. Eigentlich war der Leuchtturm dran, aber die See ist stürmisch, jetzt liegt er schon etliche Tage vor der Küste. Hab Kossowski mit dem Geländefahrzeug hingeschickt: Ist mir scheißegal, das Benzin, Hauptsache er überredet den Käptn, Bugrino anzulaufen und uns Diesel zu liefern, wenigstens fünfzig Tonnen. Unsers reicht nämlich nur noch für zehn Tage. Keinen Tag mehr.«
    Plötzlich

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