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Die Insel und ich

Titel: Die Insel und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: betty McDonald
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geraten», sagte ich. Anne hob die Tüte hoch, auf der ‹Rncls – ass.› stand, buchstabierte es laut und rief vorwurfsvoll: «Och, du bist wieder in dem alten Reformgeschäft gewesen!» – Don legte die Zeitung hin, versuchte ‹Nrz – emp.› zu entziffern und sagte: «Deine Handschrift hat mir immer Rätsel aufgegeben!» – Ich sagte: «Das hab ich ja gar nicht geschrieben!» Ganz vorsichtig öffnete er die Tüte und holte etwas hervor, das wie ein verschrumpeltes braunes Händchen aussah. Mit einem Freudenschrei rief er: «Oh, italienische Pilze!» Ich riß ihm die Tüte aus der Hand, studierte ein paar Minuten vergebens an ‹Nrz – emp.› und sagte dann: «Ihr seid allesamt Materialisten. Immer denkt ihr bloß ans Essen. Gott sei Dank bin ich auch noch da mit meiner Schönheitsliebe. Es sind Blumenzwiebeln. Hab sie heute im Uniprix gekauft. Sie waren fast umsonst zu haben. Es sind Hyazinthen und Narzissen und Tulpen und alle möglichen wunderschönen Blumen!» – Joan seufzte: «Ach je, wenn du doch bloß ein einziges Mal dran denken würdest, getrocknete Aprikosen mitzubringen!»
    Anne rief: «Mommy, sieh bloß mal, wie Joan abwäscht! Das Wasser ist eiskalt und fettig, und das Geschirr ist ganz schmierig!»
    Joan erwiderte: «Ach, du giftest dich bloß, weil du nicht an der Reihe bist!»
    Anne fuhr fort: «Und die Hundeschüssel und den Katzennapf wäscht sie im gleichen Wasser wie unser Geschirr ab, und spülen tut sie’s überhaupt nicht. Sieh bloß mal die Keksbüchse, die ich abtrocknen soll. Noch ein ganzer Keks ist drin!»
    Bis ich Joan ihre zehntausendste Lektion im richtigen Geschirrabwaschen erteilt und Anne zum millionsten Mal erklärt hatte, weshalb sie Latein lernen müsse, weshalb ich Latein gelernt habe, weshalb Don Latein gelernt hatte, weshalb auch Joan Latein lernen würde, und bis ich obendrein einen Unterrock durchgewaschen, eine Bluse gebügelt und mein Haar zu Locken gewickelt hatte, war es Zeit, die Zehn-Uhr-Nachrichten anzudrehen. Während wir uns die Nachrichten anhörten, fegte ich alle kleinen Papiertüten mit Blumenzwiebeln wieder in die Einkaufstaschen zurück. Dann sagte Don: «Ich glaube, du solltest alle Zwiebeln in unser Wäldchen setzen, damit sie verwildern können. Ich kann diese steifen Blumenrabatten in den Gärten nicht leiden. Ich finde, alle Gartenblumen sollten wie wilde Pflanzen wuchern dürfen.»
    Ich erwiderte: «Ja, ich find’s auch hübsch, wenn Blumen wie wildwachsende aussehen, aber doch nicht so verwildert, daß sie von Schnecken gefressen und unter Nesseln erstickt werden. Die Tulpen und Narzissen möchte ich gern oberhalb vom Felsgarten in den großen Blumenhof pflanzen, die andern Sachen können in den Felsgarten kommen, die Anemonen auf das Beet vor dem Küchenfenster, die Krokus aber ins Moos zwischen die großen Blocks aus Zedernholz, mit denen der Sitzplatz gepflastert ist.»
    Don meinte: «An dem Moos solltest du lieber nicht herumfummeln. Es könnte dabei eingehen. Ich würde die Krokus und Narzissen lieber neben der Quelle ins Wäldchen pflanzen. Da sehen sie natürlicher aus.»
    Ich sagte: «Aber was für Freude haben wir denn an Blumen, die da oben bei der Quelle wachsen? Da gehn wir ja nie hin!» Don antwortete: «Es wäre eine Kleinigkeit, den Pfad etwas zu verbreitern.»
    «Schön», sagte ich, «mach erst den Pfad breiter, dann können wir weitersehen; nur finde ich, wir sollten dann Schwertlilien pflanzen, weil sie Feuchtigkeit lieben.»
    «Schwertlilien! Ja, an die hab ich gedacht», rief Don. «Hast du welche dabei?»
    «Nein», sagte ich.
    «Und Hasenglöckchen?»
    «Du meinst wohl Szillen?» fragte ich.
    «Nein, ich meine Hasenglöckchen. Die standen bei meiner Großmutter im Obstgarten. Sie standen unter Bäumen, und alles war blau. Es sah so natürlich aus.»
    Als wir nachher im Bett lagen und lasen und eine letzte Zigarette rauchten, hielt mir Don plötzlich DAS SCHÖNE HEIM unter die Nase und sagte: «Da! Das hab ich gemeint!» Es handelte sich um eine fürstliche Villa von mindestens vierzig Zimmern, die inmitten riesiger alter Eichen auf einem unabsehbaren Rasengrundstück stand. Ein goldener Narzissenstrom floß von Eichbaum zu Eichbaum und verlor sich in der Ferne: etwa eine Million Pflanzen mochten’s sein. «Verwildert», sagte Don. «So sollte man immer mit Blumenzwiebeln umgehen.»
    Zwar kamen wir zu keinem Kompromiß, wo die Zwiebeln gepflanzt werden sollten, doch hatten wir uns wenigstens soweit geeinigt, daß wir

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