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Die Insel und ich

Titel: Die Insel und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: betty McDonald
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sie, und ihre Brust schmerze sie, sowie sie etwas Schweres trage. An einem regnerischen Abend kamen wir auf der gleichen Fähre zurück, Mary, Don, ich und Marys Mann. Wir hielten vor dem Laden in Vashon, Und ich kaufte zwei Riesen-Einkaufstaschen mit Vorräten. Dann holten wir noch die Wäsche ab, die Post, zu der dicke Zeitschriften gehörten, und die Milch. Don und ich teilten uns die Last. Wesley, Marys Mann, trug ihren Einkaufsbeutel und ihre Milch und seine Lunchtasche. Mary trug ihr Handtäschchen und ein kleines Weißbrot. Als wir uns am ‹großen Baum› ausruhten, konnte ich meine Finger, die inzwischen dunkelblau geworden waren, nicht von den Trägem der Einkaufstaschen losbekommen, und Don mußte mir die Finger einzeln lösen, so wie bei einem Selbstmörder, der sich nicht vom Revolver trennen will. Nachdem wir alle eine Zigarette geraucht und uns ausgeruht hatten und wieder gehen wollten, sagte Mary:
    «Wesley, mein Schatz, du mußt meine Handtasche und das Brot tragen, ich kann’s nicht, weil mir die Brust wehtut.»
    Wesley erwiderte: «Aber ich kann nicht, Kindchen, ich hab ja schon alle Hände voll!»
    Da rief Don – und seine Stimme floß nur so über von Rücksicht und Zärtlichkeit – «Oh, ich kann’s ja tragen! Ich stecke alles in meine Einkaufstasche!»
    Daraufhin rief ich: «Aber Don, meine Brust tut auch weh, und meine Hände und meine Beine und mein Kopf!»
    Mary und Wesley lachten, aber Don warf mir nur einen enttäuschten Blick zu. Und das beweist, daß die Brustkranken die Klugen sind, und wir tüchtigen Frauen verdienen genau, was wir bekommen, nämlich viel zu schwere Einkaufstaschen.
    Als ich sagte, ich könne mich nicht mehr recht an die Kriegsnachbarn erinnern, nahm ich natürlich Lesley Arnold aus, Lesley, die außer einem Mann in der Marine auch noch einunddreißig schöne Mäntel besaß, darunter einen aus echtem Nerz und einen mit echtem Leopardenfutter, und sie hatte wunderbare große violette Augen, mit denen sie Don zu betören pflegte!
    Es war im ersten Frühjahr auf der Insel, und ich malte die Verandamöbel an und summte vor mich hin und war glücklich und redete mir ein, daß ich’s schön fände, wenn ich mehr als jede andre Frau auf der Insel zu arbeiten hätte und wahrscheinlich in meinem alten sandfarbenen Strickkleid in den Sarg gelegt würde - mangels eines besseren. Ich liebe es allerdings sehr, an einem schönen Frühlingstag Verandamöbel anzustreichen. Ich bin eben ein Hausmütterchen, eine Hausfrau und Hausmutter, die wie eine Löwin um ihre Kinder, ihren Mann oder die letzte Hammelkeule im Metzgerladen kämpfen wird.
    Und da kamen nun Anne und Joan angestürmt und erzählten mir außer Atem, daß sie am Strand neue Nachbarn getroffen hätten, sie hießen Arnold und zögen in Cravens Haus und «Mrs. Arnold ist so alt wie du, bloß wunderschön und außerdem elegant angezogen», wie Anne sagte. Und Joan fuhr fort: «Sie hat uns ein Coca-Cola geschenkt und sie zieht gerade ein und ihr Mann ist in Kalifornien und deshalb hab ich sie zu uns zum Essen eingeladen. Sie heißt Lesley und hat uns erlaubt, daß wir sie beim Vornamen nennen. Sie ist phantastisch, Betty, und braungebrannt, und hat eine himmlische Figur!»
    Mich überlief es seltsam kühl – so wie ein Wellengekräusel, das plötzlich auf einem spiegelblanken See entstehen kann. Trotzdem sagte ich:
    «Wie reizend! Und auf welche Zeit hast du sie eingeladen?» «Ich hab sie auf keine bestimmte Stunde eingeladen», erwiderte Anne. «Ich hab einfach gesagt, zum Essen. Was riecht denn hier so gräßlich – etwa das Essen?»
    «Terpentin», erwiderte ich. «Ich werde Mrs. Arnold anrufen.»
    Ein Windstoß fuhr zwischen die Zeitungen, die ich auf der Veranda ausgebreitet hatte, hob sie an und wickelte sie wie Packpapier um die frischgemalten Stuhlbeine. «Oh, zum Kuckuck!» rief ich und klatschte wütend auf die Blätter.
    «Du hast dir weiße Farbe ins Haar geschmiert», bemerkte Joan.
    Anne fragte: «Was ziehst du heute abend an, Mommy?»
    «Ich habe noch nicht darüber nachgedacht», antwortete ich, «aber sicher mein sandfarbenes Strickkleid.»
    «Was gibt’s zu essen?» erkundigte sich Joan.
    «Ochsenschwanz-Ragout. Es kocht schon.»
    «Ochsenschwanz-Ragout!» jammerte Anne. «Warum nicht Brathühnchen? Marilyns Mutter macht immer Brathühnchen, wenn Besuch kommt.»
    Etwas gereizt entgegnete ich: «Aber das Ragout steht schon in der Röhre, und außerdem kann keiner solch gutes Ochsenschwanz-Ragout

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