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Die Insel und ich

Titel: Die Insel und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: betty McDonald
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verzog die Lippen zu einer kleinen blaßlila Rosette. «Ich habe mich etwas aufgeregt. Und ohnehin möchte ich erst den Baum hier leerpflücken.»
    «Ich kann Ihnen ja helfen», sagte ich lahm.
    Dann kamen Joan und Karen angerannt, trugen die Lunchbeutel und riefen:
    «Komm doch, Mommy, wir haben nur eine halbe Stunde, und die ist auch schon halb vorbei!»
    «Ich glaube, dann esse ich lieber erst,» sagte ich zu Mrs. Swensen.
    «Wie Sie wollen», sagte sie und sah nicht her.
    Wir waren durchaus noch nicht außer Hörweite, als Karen schon sagte: «Wie kam es denn, daß die Alte Sie erwischt hat?»
    «Sie wollte es mir beibringen», erwiderte ich, und traurig fuhr ich fort: «Sie sagt, ich sei langsam und mache alles falsch.»
    «Ach, das sagt sie zu jedem», rief Karen. «Sie bildet sich ein, sie sei die einzige in der ganzen Welt, die einen albernen Pfirsich pflücken kann. Wenn sie dürfte, würde sie am liebsten die ganze Ernte alleine pflücken.»
    Zwischen den Baumreihen war es sehr heiß und staubig, aber ich schlug vor, daß wir uns in den grünen Schatten unter einen Baum setzten. Doch Karen riet davon ab, weil die großen Wespen dort schwärmten, wo die Pfirsiche auf der Erde lagen. Also aßen wir schließlich unsern Lunch auf der Veranda vom Versandschuppen, wo auch die andern Pflückerinnen saßen. Die Sonne hatte sich gedreht und wärmte nun den ganzen Haufen Jacken und Lunchbeutel und unsre Brote und die Milch. Nachdem wir unser Essen hastig hinuntergeschluckt hatten, sagte ich, ich hätte gern etwas kaltes Wasser. Karen sagte, wir müßten vom Hahn im Hof trinken. Das Wasser dort war aber warm und schmeckte, als habe es lange in einer Blechbüchse gestanden. Als ich mich aufrichtete und mir die Lippen abwischte, rief Joanie:
    «Meine Güte, wie erhitzt du aussiehst, Mommy! Und so rot wie ’ne rote Rübe!»
    «Mir ist auch heiß», sagte ich. «Ich wünschte bloß, ich hätte eine dünnere Bluse an!»
    «Karen und ich ziehen unsre Strandhemden aus», sagte Joan. «Wir haben noch Halter an. Hätt ich bloß meine kurzen Hosen an!»
    «Wollen sie abschneiden!» rief Karen. «Ich hab ja ein Taschenmesser!» Sie schnitt sich erst ihre und dann Joans Hosenbeinlinge ab, und in ihren kurzen Hosen, den Haltern und barfuß sahen sie so kühl und unbehindert wie Perltaucher aus. Ich stampfte erhitzt hinter ihnen her durch die Baumreihen.
    Gegen zwei Uhr war ich so durstig geworden, daß ich mich auf die Suche nach Wasser begab. Ich fand Karen und fragte, ob denn nicht Wasser in der Nähe sei. «Da müssen Sie die alte Mrs. Swensen fragen», meinte sie. «Die soll eigentlich für Wasser im Obstgarten sorgen.»
    Mrs. Swensen stand hinter dem Versandschuppen und tuschelte mit einer ihrer Busenfreundinnen. Ich bat um Wasser. Sie sagte: «Haben Sie denn nicht in der Mittagspause getrunken?»
    «Natürlich», sagte ich, «aber es ist heute furchtbar heiß.»
    «Ich will es mit Mrs. Hawkins hinüberbringen», sagte sie mißbilligend.
    Ich ging trotzig an den Wasserhahn im Hof, trank ein paar tüchtige Schluck lauwarmes Wasser, spülte mir den Mund und füllte Joans und meine Milchflasche. Dann ging ich wieder zurück. Als ich mich einmal umdrehte, sah ich, wie Mrs. Swensen mit dem Finger auf mich zeigte und dabei etwas zu Mrs. Hawkins sagte. Joan und Karen waren dankbar für das Wasser, tranken es jedoch nicht, sondern gossen es sich auf den Kopf. Und ich wünschte, ich hätte mir auch das Haar am Wasserhahn angefeuchtet.
    Gegen vier Uhr kam der Traktor und brachte Wasser. Im Nu eilten alle Pflückerinnen herbei, und Mrs. Swensen verteilte es, als sei es erstklassiger Champagner.
    «Vorsicht!» rief sie. «Bitte nicht drängeln! Nichts verschütten! Vorsicht!» Als ich an der Reihe war, goß ich mir absichtlich zwei Schöpfkellen voll Wasser übers Haar, ehe ich die dritte trank. Mrs. Swenson beobachtete mich erst in stummem Ensetzen, dann sagte sie: «Mrs. MacDonald, wir müssen den Hawkins’ sehr dankbar für das gute Wasser sein, finde ich. Mr. Hawkins hat es eigenhändig für uns eingefüllt. Ich finde, wir sollten es nicht verschwenden! Mr. Hawkins hat so viel wichtigere Dinge Zu tun!»
    Anscheinend war mein Haar dick verstaubt, denn die Bächlein, die mir über Nacken und Gesicht rannen, waren grau. Joan und Karen lachten sich schief und sagten: «Zu schade, daß du dich nicht sehen kannst, Betty! Du siehst grausig aus!» Aber mir war’s einerlei. Ich wollte grausig aussehen. Ich war müde und erhitzt, und die

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