Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende
nicht groß genug seid, um an das ranzukommen, was Ihr haben wollt. Dazu wäre ein richtiger Mann erforderlich.«
Ich rechnete fast damit, dass er mich auf der Stelle töten würde. Er hatte sein Schwert in der Hand, und sein Gesicht glühte vor Zorn.
Thor mischte sich hastig ein. » Tötet sie, und Morthred wird Euch zum Frühstück verspeisen. Gebraten.« Dann fügte er mit einer Stimme hinzu, in der tödliche Bedrohung schwang: » Tatsächlich werdet Ihr, wenn Ihr sie auch nur anrührt, Dominik Skavil von Hethregbucht, für den Rest Eures Lebens gezwungen sein, einen Blick hinter Euch zu werfen. Denn wo immer Ihr Euch auch verstecken mögt, wie weit Ihr auch weglauft, ich werde Euch finden.« Domino wirkte betroffen, aber ich hätte nicht sagen können, ob es daran lag, dass Thor seinen vollen Namen und den Namen seiner Heimatstadt kannte (woher eigentlich, um Himmels willen?), oder ob es die Drohung allein war.
Verärgert schloss ich die Augen. So viel zu unserem Plan, die Mistkerle nicht wissen zu lassen, wie viel wir einander bedeuteten.
» Einen Scheiß wirst du tun können«, spottete Domino und wandte sich jetzt ihm zu. » Ab morgen hast du keine Eier mehr und keine Augen, nicht mal eine Zunge. Du hast dann nichts mehr, um die Damen zu erfreuen, und noch weniger, um mich zu belästigen.«
» Vergesst nicht, dass ich Syr-Wissender bin, kleiner Mann«, sagte Thor ruhig. » Wir Wissenden sind nicht wie andere, und Ihr tut gut daran, Euch das zu merken. Fasst sie an, und ich werde Euch finden und in Stücke schneiden, selbst wenn ich dafür auf Händen und Knien kriechen und Euch wie ein Hund ausschnüffeln muss.«
Da war plötzlich eine tödliche Kälte an meinem großen Versprengten: ein Hinweis auf eine rücksichtslose Entschlossenheit, die er gewöhnlich verborgen hielt. Ich hatte hin und wieder etwas davon gespürt, wenn er von den Wahrer-Silbmagiern gesprochen hatte, aber jetzt färbte es sowohl seinen Blick als auch seine Stimme. Er wirkte – und klang – gefährlich. Selbst, wenn Domino mich ursprünglich begehrt hatte, hatte sich das, wie ich vermutete, nach Thors Worten erübrigt.
Er wandte sich ab und rief Wachen herbei. Zwei bezwungene Silbmagier kamen – beides Männer –, und er deutete auf uns. » Ihr bewacht die beiden heute Nacht, verstanden?« Und damit machte er auf dem Absatz kehrt und verließ humpelnd das Zimmer.
Vorsichtig musterte ich die ehemaligen Silbmagier, die beide einmal Wahrer gewesen waren.
Sie sahen mich ohne jedes Interesse an und ließen sich auch nicht in eine Unterhaltung verwickeln. Aber sie blieben, und sie blieben wach, und daher war es Thor und mir unmöglich, uns frei miteinander zu unterhalten. Dabei gab es so vieles, das ich ihm gern gesagt hätte. Ohne jede Möglichkeit, es zu tun, konnte ich nur hoffen, dass er bereits alles wusste, was ich ihm gern mitgeteilt hätte …
Tatsächlich schlief ich in dieser Nacht sogar ein bisschen. Ich fand eine Position, in der mein Körper so im Gleichgewicht war, dass es bequem genug war, um ein bisschen einzudösen.
Ansonsten gab es allerdings auch kaum etwas zu tun. Ich konnte darüber nachdenken, was wohl mit Aylsa geschehen war. Ich konnte darüber nachdenken, was Flamme erdulden musste. Ob Alain in Sicherheit war. Ich konnte mir Gedanken über die Blase machen. Und ich konnte daran denken, was wohl am nächsten Tag mit Thor geschehen würde.
Thor. Schneide ihm erst die Zunge raus ...
Es war leichter zu schlafen als zu denken.
Die Dämmerung kam viel zu früh.
Ich hatte keine Möglichkeit, mich von Thor zu verabschieden. Man nahm mich zuerst runter und führte mich weg. Weder Domino noch Morthred waren da, aber es waren wahrscheinlich ihre Befehle, die ausgeführt wurden. Ich war hungrig, durstig und musste dringend zur Toilette, aber keines dieser Bedürfnisse spielte irgendeine Rolle.
Die Wachen gingen kein Risiko ein: Sie banden mir die Hände auf dem Rücken mit einem Stück Seil zusammen, und nicht weniger als acht bezwungene Silbmagier umgaben mich mit gezogenen Schwertern. Offenbar hatte ich mir allmählich einen gewissen Ruf erworben. Einen von ihnen hörte ich sogar murmeln, dass ich die einzige Frau wäre, die Domino jemals eine Scheißangst eingejagt hätte. Ich hätte darüber lachen können, wäre ich in der Stimmung für Witze gewesen.
Sie schafften mich ein gutes Stück aus Kredo heraus, folgten der Küste Richtung Westen, wo das Felsplateau ins Meer hinausragte. Es befand sich ein gutes
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