Die Intrige
herangerollte Treppe herunterhalf.
Neben dem Zollbeamten kam eine schlanke Frau in einem Geschäftskostüm und reichte Ethan einen nagelneuen kirgisischen Pass, in dem bereits der Einreisestempel prangte. Das Dokument schien völlig echt zu sein und trug ein Foto aus seinem Facebook-Profil.
Während sich der Zollbeamte mit den beiden südafrikanischen Piloten befasste, führte die schlanke Frau Ethan rasch zu einem Büro hinten im Hangar.
»Du kannst schlecht laufen mit deinem Knöchel«, stellte sie fest. Sie sprach Englisch mit leichtem französischem Akzent. »Ich lasse dir einen Rollstuhl besorgen und bringe dich später ins Krankenhaus, damit du behandelt werden kannst.«
»Wer sind Sie eigentlich?«, wollte Ethan wissen.
»Ich heiÃe Ruby«, antwortete die Frau. »Ich bin Buchhalterin und leite die Clanair-Operationen hier in Sharjah. Ich kenne deine GroÃmutter seit Jahren und wir hatten in den letzten paar Stunden engen Kontakt. Dein Cousin Andre lädt immer noch Dateien und deine GroÃmutter hat ein paar Angaben zu ihren Bankverbindungen hergefaxt. Ich bin kein Computergenie, aber hoffentlich kann ich dir mit meinem kaufmännischen Know-how helfen, die nötigen Informationen zu finden.«
»Ich habe mich gefragt, wie schnell Geld von einer Bank zur anderen transferiert werden kann«, sagte Ethan. »Passiert das augenblicklich?«
»Das hängt vom Land, von der Bank und der Geldmenge ab. Am besten konzentrierst du dich auf die Konten, auf die Leonid die gröÃten Summen überwiesen hat. Wenn du das Geld nicht auf die Konten deiner GroÃmutter zurückbringen kannst, kannst du versuchen, seine Passwörter zu ändern, damit er selbst nicht mehr dran kommt.«
»Glauben Sie, dass er seine Bankgeschäfte übers Internet erledigt?«, fragte Ethan.
»Das ist so gut wie sicher«, behauptete Ruby. »Heutzutage laufen fast alle Banktransaktionen übers Internet.«
»Bestens«, fand Ethan. »Vorausgesetzt, er hat das nicht von einem Computer aus getan, von dem wir nichts wissen.«
Mittlerweile hatten sie den Hangar verlassen und waren über einen kurzen Gang in ein kleines Büro mit einem einzelnen PC und einem groÃen Fenster mit Aussicht auf die Landebahn gelangt. Ruby hatte bereits die FTP -Seite aufgerufen und den Download der Dateien eingestellt.
»Ich habe ein Entschlüsselungsprogramm installiert, aber ich habe noch nicht auf die Dateien zugegriffen, weil ich dazu deine Zugangsdaten brauche«, erklärte sie.
»Kein Problem«, sagte Ethan und lieà sich auf einem Bürostuhl nieder. »Kann ich vielleicht etwas zu trinken bekommen? Eine Cola oder so?«
»Sicher«, antwortete Ruby.
Als sie hinausging, betrachtete Ethan Tastatur und Bildschirm. Nach Tierkäfigen, Flugzeugen und afrikanischen Städten war es irgendwie beruhigend, mit einer Maus in der Hand vor einem Windows-Bildschirm zu sitzen.
Die Spyware-Dateien kamen in chronologischer Reihenfolge herein. Bislang waren es 370 Dateien und 3700 Screenshots vom Computer aus dem Stall, sowie eine Datei, die jede Tastenberührung am Computer aufgezeichnet hatte.
Ethan begann sich die Dateien und Screenshots von dem Zeitpunkt an anzusehen, an dem Irena vergiftet worden war. Gleich darauf kam Ruby mit einem Laptop, einer warmen Pepsidose und einem Stapel Faxe zurück.
»Wie kann ich helfen?«, fragte sie.
»Arbeitet der Laptop im gleichen Netzwerk wie der PC ?«, fragte Ethan.
»Ja. Das ist mein Büro und das ist mein Laptop.«
»Ich habe so etwas noch nie gemacht«, sagte Ethan. »Aber wenn ich mit den Dokumenten anfange, auf die Leonid zugegriffen hat, könnten Sie sich doch mal die Screenshots ansehen.«
»Was ist mit dem Weblog?«, fragte Ruby.
Ethan sah sie verwundert an, dann scrollte er nach oben und fand eine Datei mit dem Namen Weblog .
»Die hatte ich gar nicht gesehen«, bekannte er.
»Na, ich bin zwar keine Spionin, aber wenn die Keylog alle Tastenbewegungen aufzeichnet, dann sollte die Weblog-Datei alle Webseiten verzeichnen, die Leonid besucht hat.«
Ethan begann Ruby zu mögen und setzte ihren Gedanken fort: »Also suchen wir nach URL s von Bankwebseiten. Dann gehen wir die Tastenbewegungen der entsprechenden Zeit durch und kommen so mit ein wenig Glück an Leonids Logindaten.«
Ruby blätterte die Faxe durch und las von einem davon etwas vor:
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