Die IQ-Kids und die geklaute Intelligenz (German Edition)
und öffnete die Tür. „Also dann, das ist Georg, der übernimmt euch jetzt. Bitte bringt ihm ein Mindestmaß an Höflichkeit entgegen, hört ihm zu und quasselt nicht während des Unterrichts oder bei anderen Programmpunkten. Damit verabschiede ich mich erst mal von euch.“ Er machte auf dem Absatz kehrt und stolzierte hocherhobenen Hauptes davon. Anna Lísa und Raggi atmeten erleichtert auf. Wie auch immer dieser Georg sein mochte – er konnte gar nicht schlimmer sein als Dr. Guðgeir. Dann wäre er nämlich ein schreckliches Ungeheuer.
Die Gamma-Klasse
Georg, der Klassenlehrer der Gamma-Klasse, war kein schreckliches Ungeheuer. Er war jung, viel jünger als Dr. Guðgeir, und ziemlich nervös. Ständig wischte er sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. Das verbesserte sein Aussehen nicht gerade, denn er war ohnehin keine Schönheit, sondern klein und schmächtig. Er trug einen weißen, nicht zugeknöpften Kittel, den gleichen wie die Assistentin, aber im Gegensatz zu ihren Klamotten war das, was er darunter anhatte, völlig unmöglich. Sie hatte ein schickes Kostüm, Nylonstrümpfe und hochhackige Schuhe getragen, während er ein albernes T-Shirt anhatte, das er halb in seine verschlissene Anzughose gestopft hatte.
Alle Kinder suchten sich Plätze an den runden Tischen, die im ganzen Raum verteilt waren. Raggi und Anna Lísa setzten sich so weit wie möglich nach hinten. Raggi wollte den Tisch noch weiter zurückziehen, denn es war noch gut ein halber Meter Platz bis zur Wand, aber Anna Lísa hinderte ihn daran. Im Gegensatz zu ihnen rissen sich die anderen Kinder darum, vorne, so nah wie möglich beim Lehrer zu sitzen. Anna Lísa und Raggi verdrehten die Augen. „Was ist eigentlich mit denen los?“, fragte Raggi leise.
„Ich weiß nicht“, antwortete Anna Lísa und zeigte Raggi einen Schüler, der sich noch nicht hingesetzt hatte. Es war der Junge mit der Sonnenbrille. Zögernd stand er an einem Tisch und griff nach der Lehne eines Stuhls, der schon besetzt war. Der Junge, der darauf saß, tat so, als merke er es nicht. „Was hat der denn vor?“, fragte Anna Lísa. „Das ist der Merkwürdigste von allen, finde ich.“
„Der hat sich bestimmt überlernt“, sagte Raggi tiefsinnig. „Meinem Cousin ist das auch passiert, der musste eine Anti-Stress-Therapie machen. Und Deckchen häkeln.“ Raggi machte ein angeekeltes Gesicht. „Man muss echt aufpassen, dass man nicht zu viel lernt. Häkeldeckchen – zum Kotzen.“
Sie beobachteten den Jungen mit der Sonnenbrille, der kräftig an dem Stuhl ruckelte. Der verwirrte Junge, der darauf saß, konnte nicht länger so tun, als merke er nichts, denn er landete unsanft mit dem Po auf dem Fußboden. Er stieß einen Schrei aus, aber der Junge mit der Sonnenbrille sagte nur „Entschuldigung“ und setzte sich dann auf den Stuhl, so als wäre nichts pasiert. Der Junge, der hingefallen war, stand auf, hielt sich den Po und suchte sich einen neuen Stuhl. Er wollte wohl lieber nichts mit diesem seltsamen Mitschüler zu tun haben.
Der Lehrer rieb sich hilflos die Hände. „Tja, also, ihr scheint ja großes Interesse an diesem Ferienkurs zu haben, aber ihr könnt sicher sein, dass genug Stühle für alle da sind. Kein Grund, sich zu streiten.“ Der Junge mit der Sonnenbrille saß einfach nur kerzengerade auf seinem Stuhl und schwieg. Georg räusperte sich und sprach dann weiter. Zuerst stellte er sich vor und sagte, er sei Embryonenforscher. Zum Glück erklärte er das anschließend ein bisschen, denn er hätte auch Kldjseirhnkdfjforscher sagen können, und Anna Lísa und Raggi wären genauso schlau daraus geworden. Er war ein Spezialist für alles, was Babys betraf, bevor sie Babys wurden und noch Embryonen genannt wurden. Seine Arbeit bei Biokids bestand darin zu erforschen, wie man sicherstellen konnte, dass aus einem Embryo ein tolles Baby und später ein tolles Kind wurde. Dann erzählte er etwas über Gliazellen, und die meisten Kinder, bis auf Anna Lísa und Raggi, hörten interessiert zu.
„Langweilig“, flüsterte Raggi Anna Lísa zu. „Treffen wir hier keine Astronauten?“ Anna Lísa zuckte mit den Schultern. Sie wollte keine Astronauten treffen. Sie hatte gehofft, ein paar berühmten Schauspielern oder Popstars zu begegnen. Sie gähnte, und Georg bemerkte es.
„Tja, also, ich kann ja nicht die ganze Zeit von mir erzählen“, sagte er. „Wie wäre es, wenn ihr euch jetzt in Gruppen aufteilt? Dann können wir anfangen und
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