Die IQ-Kids und die geklaute Intelligenz (German Edition)
sagten gar nichts. Sie waren sprachlos. Wegen Magga. Nicht direkt wegen Magga, sondern wegen ihres Äußeren. Sie sah aus wie ein Model, ihr dickes Haar, das sie meistens zu einem schlecht gekämmten Zopf zusammengebunden hatte, war offen, und sie war leicht geschminkt, so dass alle, die sie nicht kannten, denken würden, sie hätte so rote Lippen und so dunkle Wimpern. Die geschmacklose Brille saß nicht mehr auf ihrer Nase, sondern steckte in der Tasche ihrer Latzhose.
„Wen glotzt ihr denn so an?“
„Na, dich“, sagte Raggi irritiert. „Du bist echt sexy.“ Er merkte, dass das ein bisschen dreist war und fügte eilig hinzu: „Ich meine, du bist ganz anders.“ Was die Sache noch schlimmer machte.
„Wow, Magga“, sagte Anna Lísa. „Du siehst super aus. Du solltest immer so rumlaufen. Sieh nur!“ Sie zeigte auf die Anzugjungen, die Magga verzückt anstarrten. „Das finden die anderen auch.“ Magga wurde feuerrot und setzte sich schnell hin.
„Ich fand dich vorher hübscher“, krähte Arnar und grinste, als Magga ihm einen leichten Stoß versetzte.
Magga sagte, sie müsse ihnen unbedingt von dem Fotoshooting erzählen. Bevor sie anfing, drehte sie sich zu den Anzugjungen um, die sie immer noch anstarrten. „Was glotzt ihr denn so? Soll ich euch meine Brille leihen?“ Wie auf Kommando drehten sich die Jungen wieder nach vorn. Magga nahm die Brille aus ihrer Tasche, setzte sie auf, wischte sich den Lippenstift mit den Handrücken ab und band ihr Haar wieder zu einem Zopf. Sie schüttelte sich leicht und schien sich sofort besser zu fühlen, denn sie ähnelte wieder mehr der alten Magga.
„Ach, Magga“, sagte Anna Lísa enttäuscht. „Du warst so hübsch.“ Raggi hätte ihr gerne zugestimmt, traute sich aber nicht, weil er Angst hatte, dass das als Anzeichen interpretiert würde.
„Tut mir leid“, entgegnete Magga und wurde wieder ein bisschen rot. „Aber so fühle ich mich besser. Ohne Brille kann ich nicht richtig sehen. Hört bitte auf, über mein Aussehen zu reden, das ist mir unangenehm.“ Dann kam sie zum Thema: „Es war total seltsam. Die Assistentin hat irgendwas davon gelabert, dass Biokids Fotos von den Kindern, die am Kurs teilnehmen, machen will. Sie meinte, es würde nicht lange dauern, wie wenn man Passfotos machen lässt. Dann waren plötzlich lauter Stylisten und Fotografen da und haben sich aufgeführt, als würden sie Modefotos für eine Zeitschrift machen. Die Assistentin stand die ganze Zeit dabei und hat Anweisungen gegeben.“ Magga hielt inne und schnappte nach Luft. „Am Ende bin ich aufgestanden und hab gesagt, dass ich keine Lust mehr habe. Die Assistentin ist ausgeflippt, konnte mich aber nicht dazu zwingen, sitzen zu bleiben, obwohl sie das am liebsten getan hätte. Aber sie haben ziemlich viele Fotos gemacht. Ist das nicht seltsam?“
„Vielleicht nicht, falls Dr. Guðgeir das vorhat, was wir glauben“, sagte Anna Lísa behutsam. Sie erzählten Magga leise von der Idee mit dem Klonen. Magga hörte zu, sagte aber nichts. Dann berichteten sie ihr, was passiert war, wie sie die Chipkarte, die Codenummer und den Fingerabdruck bekommen hatten. Magga sagte immer noch nichts. Als den Dreien nichts mehr einfiel, meinte sie plötzlich:
„Ich will das heute Abend machen. Georg kapiert früher oder später, dass er die falsche Karte hat, und dann haben wir unsere Chance vertan. So eine Gelegenheit kriegen wir bestimmt nicht noch mal.“ Sie knabberte nachdenklich an ihrer Unterlippe. „Ich will unbedingt wissen, ob dieses Kaninchen geklont ist. Wenn es so ist, könntet ihr recht haben. Obwohl ich nicht verstehe, warum jemand ausgerechnet mich klonen will.“ Raggi war so schlau, ihr nicht zuzustimmen. „Es würde allerdings zu dem passen, was auf dem zerrissenen Zettel stand, wisst ihr noch? rbkrankheiten keine. Da stand bestimmt: Erbkrankheiten keine. Sie wollen natürlich niemanden klonen, der eine Erbkrankheit hat.“
Nachdem sie sich vergewissert hatten, dass die Eingangstür denselben Schließmechanismus hatte wie die Türen innerhalb des Hauses, verabredeten sie sich für acht Uhr abends vor dem Gebäude von Biokids .
Anna Lísa war auf dem Nachhauseweg ungewöhnlich schweigsam und sprach kein einziges Mal von einem Anzeichen. Raggi wunderte sich, dass sie so wenig sagte, fragte aber nicht nach. Erst als sie am Abend in den Bus stieg, wurde ihm klar, was sie beschäftigt hatte.
„Den kannst du aber nicht mitnehmen!“, rief er, als sich Anna Lísa
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