Die IQ-Kids und die geklaute Intelligenz (German Edition)
meinte, das sei unnötig, das Gerät sei doch noch brandneu und nur ein paar Jahre alt. Aber Raggi wusste es besser: Der Rekorder war älter als er und völlig veraltet, was an und für sich nicht weiter schlimm war. Das Problem war eben nur, dass er zur Zeit nicht funktionierte. Raggi fiel ein, dass es bei Anna Lísa zu Hause einen viel neueren Videorekorder gab. Er musste sie dazu bringen, ihn mit zu sich nach Hause zu nehmen.
Raggi betrat den Klassenraum, setzte sich und flüsterte Anna Lísa ins Ohr: „Wir müssen zu dir nach Hause. Ich erkläre es dir später.“ Anna Lísa schaute ihn fragend an.
„Jetzt?“, flüsterte sie zurück. „Ausgerechnet jetzt?“ Magga schaute von dem Brückenmodell auf, das sie gerade zu reparieren versuchte, warf ihnen einen genervten Blick zu und bedeutete ihnen, still zu sein. Dann vertiefte sie sich wieder in die Arbeit. Arnar musste ihr die Dinge reichen, die sie brauchte – Holzstäbchen oder Klebstoff. Anna Lísa schaute Raggi an und nickte eifrig. Sie wollte unbedingt weg, und was auch immer Raggi vorhatte, es konnte nicht schlimmer oder langweiliger sein als das hier. Anna Lísa reckte sich nach ihrer Tasche, zog einen roten Filzstift heraus und malte etwas auf ihren Arm. Dann nahm sie Raggis Arm und machte dasselbe. Es waren kleine Punkte. Was hatte sie vor?
Plötzlich sprang Anna Lísa auf. „Entschuldigung, Frau Lehrerin!“, rief sie der Assistentin zu, die sie scharf musterte. „Ich muss sofort nach Hause. Ich glaube, ich habe die Windpocken.“ Sie streckte ihren Arm aus, der von oben bis unten mit roten Punkten übersät war. „Und ich glaube, ich habe ihn schon angesteckt.“ Sie zerrte Raggi auf die Beine, zog seinen Ärmel hoch und schwenkte seinen Arm, der genauso schlimm zugerichtet war.
„Das ist ja ekelhaft!“, rief die Assistentin und schlug auf den Tisch. „Sofort raus mit euch, bevor ihr noch jemanden ansteckt. Igitt!“ Diese Frau hatte garantiert keine Kinder.
Unter den kritischen Blicken von Magga packten Raggi und Anna Lísa schnell ihre Sachen zusammen. Man konnte Magga ansehen, dass sie ihnen etwas Bösartiges unterstellte, denn sie saß nah genug bei ihnen, um sehen zu können, wie unecht die Pocken waren.
„Gute Besserung!“, rief Arnar ihnen nach, und das Letzte, was sie hörten, war das hysterische Schreien der Assistentin, die Kinder sollten endlich ruhig sein.
Draußen angelangt sah Raggi, wie die Polizei die protestierenden Bauarbeiter in den Streifenwagen zerrte. Offenbar hatte sie Verstärkung angefordert, denn es waren weitere Polizisten hinzugekommen. Raggi winkte den Bauarbeitern zu, die er inzwischen richtig gut leiden konnte, aber sie waren zu sehr damit beschäftigt, sich zu wehren.
Als Anna Lísa und Raggi mit dem Bus an ihrer Haltestelle ankamen, rannten sie sofort los und waren in Sekundenschnelle bei Anna Lísa zu Hause. Sie schleuderten ihre Schuhe und Jacken in eine Ecke, und Raggi zog den Umschlag unter seinem Pulli hervor. Er folgte Anna Lísa ins Wohnzimmer, wo der Fernseher stand. Während Anna Lísa ihn einschaltete, holte Raggi die Videokassette aus dem Umschlag. Anna Lísa steckte sie in den Rekorder und setzte ihn in Gang. Auf dem Bildschirm erschien eine Aufnahme.
Der Hauptsitz von Biokids . Dann gab es mehrere Minuten Aufnahmen von den Labors der Firma, in denen jede Menge Leute in weißen Kitteln arbeiteten. Dr. Guðgeir wurde gezeigt, wie er von einem Mitarbeiter zum anderen ging und jeweils ein paar Worte mit ihnen wechselte. Währenddessen beschrieb eine begeisterte Stimme auf Englisch die Arbeit der Firma. Dann wurde das Video interessanter. Auf dem Bildschirm erschien Dr. Guðgeir mit einem Kaninchen auf dem Arm. Es war entweder Hüpfer oder Purzler, denn das Kaninchen war schneeweiß und hatte ein schwarzes Ohr.
Als Nächstes sahen sie, wie das Kaninchen auf einen Operationstisch gelegt und unter Narkose gesetzt wurde. Überall standen Leute in grünen Operationskitteln, und Raggi meinte, darunter auch Dr. Guðgeir und seine Assistentin ausmachen zu können. Aber da alle Masken über Mund und Nase hatten, war das schwer zu erkennen. Jemand drehte das Kaninchen auf den Rücken, und andere nahmen seine Vorderbeine und zogen sie zur Seite. Dann wurden sie, ebenso wie die Hinterbeine, mit Lederriemen am Tisch fixiert. Anschließend zoomte die Kamera näher an das Kaninchen heran, bis nur noch das weiße Fell auf seiner Brust zu sehen war. Jemand begann, das Fell abzurasieren, und danach sah
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