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Die irische Meerjungfrau

Die irische Meerjungfrau

Titel: Die irische Meerjungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolin Roemer
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sich kennengelernt hatten.
    Lily hatte Susans Haare und seine Augen. Braun. Lily war mittlerweile fast fünfzehn und das Einzige, was Fin während seiner Ehe zustande gebracht hatte, das Hand und Fuß hatte. Sie war immer Papas Tochter gewesen, auch wenn er in letzter Zeit nicht mehr die Nummer eins in ihrem Leben war. Keiner der Jungs, die sie nach Hause mitbrachte, fand Gnade in seinen Augen, aber das sei völlig normal, hatte er irgendwo gelesen. Väterliche Eifersucht. Aber sollte er wirklich Beifall klatschen, wenn seine Kleine mit einem David-Beckham-für-Arme loszog und in Minirock und Vereinsschal frierend im Regen am Spielfeldrand ausharrte, um ihm bei jedem Ballkontakt zuzujubeln? Okay, der war immerhin noch besser gewesen als der Autoschrauber, der nur Porsche, PS und Tuning im Kopf gehabt hatte. Schade, dass man noch keine Gehirnzellen tunen konnte. All diese Bushaltenstellensteher und Pflasterspucker, die keinen Plan hatten im Leben …
    Naja, wenn er ehrlich war, in dem Alter war es ihm ganz ähnlich ergangen. Und wenn er wirklich ehrlich war, dann musste er sich eingestehen, dass sich seitdem in seinem Leben nicht viel daran geändert hatte.
    Seinen Job erledigte er mehr schlecht als recht, aber zum Geldverdienen reichte es allemal. Die Ehe mit Susan hatte funktioniert. Nachdem die ersten überschwänglichen Gefühle abgeflaut waren und mit Lily so was wie Alltag in ihr Leben getreten war, hatten sie sich arrangiert. Fin hatte stets geglaubt, eine gute Ehe zu führen. Aber er wusste auch, dass gepflegte Langeweile nicht dazu gehörte. Vielleicht hatte er sich ganz gerne selbst belogen, und vielleicht hatte das ein oder andere Glas dabei geholfen. Vielleicht war er einfach eine Spur zu sehr von sich selbst überzeugt gewesen, und vielleicht – nein, sogar ganz sicher – war er auch nie der Frauenversteher gewesen, für den er sich immer gehalten hatte. Susan hatte er nichts vormachen können. Claire dagegen schon. Claire war die Aushilfssekretärin seines Chefs gewesen und der Anlass, weshalb Susan ihn nach sechzehn Jahren Ehe aus der gemeinsamen Wohnung geworfen hatte. Und hier musste Fin seiner Noch-Ehefrau – wenn auch zähneknirschend – recht geben: Hätte er an Pauls Geburtstag nicht eine halbe Flasche Whisky gesoffen, wäre er nie mit Claire in der Kiste gelandet. Ein einmaliger Ausrutscher, hatte er sich und Susan damals geschworen und durfte wieder einziehen. Aber ein halbes Jahr später, nach der Geschichte mit Tracy, der Handballtrainerin seiner Tochter, waren seine Beteuerungen zusammen mit einem Strauß Rosen in der Mülltonne und er mit zwei Koffern endgültig auf der Straße gelandet. Seitdem bewohnte er ein Zimmer in einer WG und versuchte sich in Schadensbegrenzung, aber auf Susans Seite herrschte Funkstille. Ihr letztes Wort war »Scheidung« gewesen, aber das wollte Fin auf gar keinen Fall. Schon wegen Lily nicht.
    »Tully Gomball wars übrigens. Der hat die Idee gehabt.«
    Fin schreckte aus seinen Gedanken hoch. »Idee? Welche Idee? Wozu?«
    »Na, Shergar zu klauen.« Noras faltenreiches Gesicht verschwand fast hinter dem Dampf, der aus ihrem Krug aufstieg. »Tully, Bo und Duffy Gomball, die drei, die warens. Aber das wollt ja keiner hören.«
    Fin ehrlich gesagt auch nicht, aber was blieb ihm übrig?
    »Ich seh schon, du glaubst mir nicht. Genau wie all die anderen.«
    Womit sie vollkommen recht hatte.
    »Aber ich kanns beweisen. Ich weiß, wo sie ihn eingebuddelt haben. Kann ich dir zeigen. Ist natürlich nich mehr viel übrig, ’n paar Knochen halt.«
    »Ich glaube Ihnen, Nora.« Fin versuchte, so überzeugend wie möglich zu sein.
    »Morgen?«
    »Morgen was?«
    »Zeig ich dir das Grab.«
    »Morgen ist ganz schlecht, da hab ich schon was anderes vor.«
    »Dann übermorgen.«
    »Erinnern Sie mich dran.«
    Bloß nicht.
    Er stand auf und ließ Nora stehen. Was er brauchte, war kein zweites Pint, sondern Ruhe zum Denken. Und die fand er nicht im Fisherman. Es war an der Zeit, etwas Ordnung in sein Leben zu bringen, die ein oder andere unvorhergesehene Kurve geradezubiegen. Hier und jetzt war die Gelegenheit dazu. Für seinen Chef mochte der Auftrag, den er ihm gegeben hatte, vielleicht unwichtig oder gar überflüssig sein. Nicht für Fin. Er wusste, dass mehr in ihm steckte. Er musste es den Leuten nur zeigen. Vor allem Lily.
    Wenn er dabei am Ende noch auf ein verschwundenes Rennpferd stoßen würde – und sei es nur auf die Knochen desselbigen – wäre das auch

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