Die irische Meerjungfrau
Firma.«
Fin musste niesen. Er konnte es nicht fassen. Kaum drehte er seiner Frau den Rücken zu, schon stieg sie mit einem anderen ins Bett. »Was heißt das, ›sie ist bei Matthew‹?«
»Woher soll ich das wissen? Irgendein Projekt, bei dem die beiden zusammenarbeiten.«
»Schläft sie bei ihm?«
Es war nicht fair Lily gegenüber. Eigentlich wollte er seine Tochter nicht zur Petze machen. Aber das war ihm jetzt egal.
»Neiiiin …«, sie klang fast ein wenig empört, »sie hat nur gesagt, dass es heute Abend spät werden kann, und in dem Tanzworkshop, da ist nur noch ein einziger Platz frei, und ich muss heut Nachmittag Bescheid geben und –«
»Du hast deine Mutter doch sicher schon gefragt, oder?«
Fin hörte förmlich, wie Lily an ihrer Antwort feilte.
»Was hat sie gesagt?«
»Sie kann Gaylord nicht leiden.«
Fin kannte Gaylord nicht, aber er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass er jemanden mögen würde, der Gaylord hieß. Auch wenn er wusste, dass er diesem armen Jungen jetzt wahrscheinlich bitter Unrecht tat. War er nicht selber mit einem unmöglichen Namen gesegnet? »Sie wird ihre Gründe haben, Lily.«
»Oh Dad, das ist so ungerecht! Alle gehen hin!«
»Lily, Schatz, selbst wenn ich wollte – wie stellst du dir das vor? Ich bin hier oben in Donegal – wie soll ich von hier aus mein Einverst– … Lily? … Lily!«
Fin starrte ratlos aufs Display. Er hatte Kopfschmerzen.
Susan. Dieses Miststück.
Er war versucht, Lily zurückzurufen und ihr die Erlaubnis zu ihrem Workshop zu erteilen – allein um Susan eins auszuwischen.
Er zog den Whisky aus seiner Jackentasche. Nahm einen langen Zug. Warf sicherheitshalber noch eine von den Grippetabletten nach. Halfen sicher auch bei Kopfschmerzen.
Matthew. Eine billige Retourkutsche von Susan. Nur weil er sich mal einen Fehltritt geleistet hatte, glaubte Susan nun, es ihm mit gleicher Münze zurückzahlen zu müssen.
Er nahm noch einen Schluck.
Sie waren immer noch verheiratet. Sie hatte einfach nicht das Recht dazu.
Er ließ den Whisky wieder in der Jacke verschwinden.
Machte noch nicht mal ein Geheimnis draus. Sogar Lily wusste Bescheid. Wahrscheinlich knutschten sie in aller Öffentlichkeit.
Er gab Gas, der Wagen machte einen Satz auf die Straße.
Okay, er hatte sie auch nicht um Erlaubnis gefragt, als er damals mit Claire … Aber bei ihm war das was anderes. Er war eben so. Aber doch nicht Susan.
Das Handy riss ihn aus seinen Gedanken.
Diane. »Sag mal, Finbar, bist du sicher, dass der Name stimmt?«
»Wieso?«
»Ich habe nur zwei Personen gefunden mit dem Namen Charlotte Quinn. Eine lebt in Cavan, ist zweiundachtzig und wohnt in einem Pflegeheim. Die andere kommt aus Patrickswell bei Limerick und ist dieses Jahr eingeschult worden … Brauchst du für eine von beiden einen Haftbefehl?«
»Bist du sicher?«
Die Verbindung wurde schlechter. »Ich nicht, aber mein Computer.«
Der Wagen rollte im Schritttempo über die Straße und ließ dabei kein Schlagloch aus. Fin merkte es gar nicht.
»Hilft dir das irgendwie weiter?«
Das tat es durchaus. Es bestärkte ihn in der Überzeugung, dass ihn hier jemand zum Narren hielt.
Jemand?
Ein ganzes verdammtes Dorf!
»Charlotte Quinn war übrigens nie verheiratet. Die aus Cavan, meine ich«, hörte er wieder Dianes Stimme, »aber ich nehme an, das interessiert dich nicht wirklich.«
»Schon gut, Diane«, erwiderte Fin, »trotzdem danke. Ich weiß deine Hilfe zu schätzen.«
Die Verbindung brach ab. Fin beließ es dabei.
Es gab eine ganz natürlich Erklärung dafür. Dessen war er sich sicher. Die einfachste war: Der Computer hatte sich geirrt. Oder Diane.
Fin schaltete in den nächsten Gang. Folgte dem grauen Band der Straße irgendwohin, ohne nach rechts oder links zu schauen.
Er kannte Diane lange genug. Er wusste, sie irrte sich nie. Wenn er also die einfachste Erklärung übersprang, dann wurde es kompliziert.
Billy hatte ihn angelogen. Oder Charlotte. Wahrscheinlich beide.
Aber warum?
Er hupte eine Handvoll Schafe von der Straße, ohne dabei vom Gas zu gehen.
Oder …
Verflucht, warum war er nicht gleich darauf gekommen?
Sie hatte ihr Aussehen verändert. Trug einen anderen Namen. Versteckte sich an einem gottverlassenen Ort am Ende der Welt. Niemand hier schien sie zu kennen.
Sie war in einem Zeugenschutzprogramm.
Es war ganz natürlich, dass sie sich ihm nicht offenbarte. Schließlich hatte er sich als Journalist ausgegeben. Warum sollte sie
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