Die irische Meerjungfrau
Keanes?«
»Jack und Tommy? Natürlich.« Der Mechaniker versetzte dem Kotflügel einen letzten Schlag und begutachtete sein Werk.
»Waren wohl ziemlich oft in Foley?«
»Naja, ich kenn Tommy hauptsächlich aus seiner Schulzeit. Hat in den Ferien oft bei uns gejobbt«, antwortete Brian ausweichend, »hat sich für Autos und Motoren interessiert. Wie alle Jungs halt. Sehr talentierter Bursche.«
»Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?« Fin versuchte der Frage einen beiläufigen Unterton zu geben, aber Brian war auf der Hut.
»Nicht mehr seit dem Unfall mit dem Kutter.«
»Und Jack?« Sollte er ihn doch für einen neugierigen Journalisten halten.
»Klasse Mittelfeldspieler in unserer Rugbymannschaft.«
»In letzter Zeit mal wieder mit ihm gespielt?«
»Volltanken, sagten Sie?«
Fin verließ Foley in südlicher Richtung. Er hatte sein Handy aufs Armaturenbrett gelegt und behielt das Display im Auge, bis er endlich eine Anzeige hatte. Er musste fast bis zur Brücke fahren. Neben einem alten Verkehrsschild, das jemand schon vor langer Zeit offenbar als Bremse benutzt hatte, hielt er an und stieg aus.
Sergeant Fowler war am Apparat. »Hallo Diane.«
»Hallo Finbar. Wo steckst du?«
»In Foley. Wo sonst?« Er schluckte eine Bemerkung zu seinem Namen herunter. »Was neues von Vincent?«
»Scotland Yard hat am Hafen von Dover drei Rumänen festgenommen. Sie hatten zehn Millionen Englische Pfund im Kofferraum. Leider genauso gefälscht wie ihre Papiere. Einen Van Gogh haben wir nicht gefunden, aber Ramsay ist überzeugt, der Fall sei gelöst.«
»Alibis?«
»Fehlanzeige«, antwortete Diane, »Ramsay glaubt an ein Geständnis. Alles eine Frage der Zeit. Und was hast du?«
»Eine Personenabfrage. Charlie Quinn.« Fin hörte, wie Diane am anderen Ende der Leitung auf ihrem Schreibtisch wühlte.
»Quinn«, wiederholte sie, »Charlie mit ie oder y?«
»Eigentlich Charlotte«, erwiderte er, »und wenn du schon dabei bist, hätte ich gern noch gewusst, mit wem sie verheiratet ist oder war. Quinn ist wahrscheinlich ihr Mädchenname.«
Letzteres war eine vage Vermutung. Aber wer behielt schon freiwillig den Namen des Exmannes, wenn man froh war, den Typen los zu sein?
»Wird aber ne Weile dauern«, sagte Diane, »ich melde mich, sobald ich was habe.«
Fin überlegte, was er in der Zwischenzeit tun konnte. Viele Möglichkeiten hatte er nicht, war sein Aktionsradius doch auf den Empfangsbereich seines Handys beschränkt. Langsam ließ er den Wagen auf die Straße zurückrollen. Kramte mit der freien Hand den Whisky hervor. Normalerweise hielt er nichts von Alkohol am Steuer, aber die Versuchung war einfach zu groß. Eine Verkehrskontrolle musste er hier ganz sicher nicht fürchten.
Er warf einen Blick in den Rückspiegel. Hatte er da nicht einen Wagen gesehen? Im Schneckentempo kroch er um die nächste Biegung, aber die Straße hinter ihm war genauso leer wie vor ihm. Wenn man von den allgegenwärtigen Schafen absah. Fin trat auf die Bremse. Fehlte noch, dass er tatsächlich mit so einem Pulloverschwein zusammenstieß. Oder mit einem Kobold.
Er schraubte den Flachmann zu. Vielleicht besser nicht.
Er fuhr an der Brücke vorbei und schaukelte gemächlich zur Ostseite der Insel hinüber, als das Handy klingelte. So schnell hatte er nicht mit einem Ergebnis gerechnet.
Aber es war nicht Diane. Es war Lily.
»Hi Dad! Du, hör mal, ich will mit Gaylord zu dem Tanzworkshop am Sonntag. Das ist zwar ne Veranstaltung von der Schule, aber weils am Sonntag stattfindet, brauch ich die Erlaubnis der Eltern und dann brauch ich unbedingt Geld, weil –«
»Halt, halt, Hase, nicht so schnell!« Fin fuhr den Wagen an den Straßenrand. Gaylord? Hieß dieser kickende Bengel nicht Andy? Ein Linksaußen auf einem Tanzworkshop? Was wollte er da lernen – Dribbeldance? Und welche Eltern nannten ihren Sohn Gaylord? »Wer ist Gaylord?«
»Kennst du nicht.« Beruhigende Antwort. »Darf ich, Dad?«
»Erst will ich wissen, wer Gaylord ist.«
»Oh Dad, behandle mich nicht wie ein kleines Kind!«
»Solange du dich wie eins benimmst … Was sagt deine Mutter dazu?«
Betretenes Schweigen am anderen Ende. Es war anzunehmen, dass Susan ihr Einverständnis nicht erteilt hatte.
»Lily? …«
»Ja Dad?« Honigsüße Stimme.
»Gib mir mal Susan.«
»Die ist nicht da.«
»Und wo ist sie?«
»Bei Matthew.«
Matthew? Wer, zum Teufel, war Matthew? »Wer, zum Teufel, ist Matthew?«
»Irgend so ’n aufgeblasener Typ aus ihrer
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