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Die Jagd - Laymon, R: Jagd - The Endless Night

Die Jagd - Laymon, R: Jagd - The Endless Night

Titel: Die Jagd - Laymon, R: Jagd - The Endless Night Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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ihren Knöchel fest, während die andere ihr Bein hinaufglitt, kurz vor ihrem Schritt innehielt und sie so fest kniff, dass ihr Tränen in die Augen schossen.
    Sie wusste, dass der Kerl seine Hand gerne noch höher geschoben hätte.
    Aber sein Arm war zu kurz dafür.

    »Lassen Sie sie los!«, rief Andy.
    Jody sah sich nach ihm um. Durch den Tränenschleier konnte sie ihn nur verschwommen erkennen.
    Er richtete sich gerade auf, und sie vermutete, dass er sich auf den Mann stürzen wollte, um sie zu retten.
    Sie ließ ihren rechten Arm hervorschnellen und stieß ihn zurück, sodass er von der Mauer fiel.
    Jody verlor das Gleichgewicht und fiel ebenfalls. Die Hände zerrten an ihrem Bein, und sie hing mit ihrem ganzen Gewicht daran, als sie auf der anderen Seite der Mauer hinabstürzte.
    Gleich reißt er mir das Bein aus.
    Sie spannte jeden Muskel in ihrem rechten Bein an.
    Unter ihr krachte Andy grunzend durch das Gebüsch.
    Die Steine an der Oberkante der Mauer bohrten sich schmerzhaft in Jodys Hüfte.
    Und quetschten die Finger, die sie dort umklammert hielten, zwischen der Mauer und ihrem Oberschenkel ein. Der Mann schrie auf und ließ los. Ihr Bein schnellte nach oben, und sie spürte, wie sie ihn mit dem Fuß irgendwo traf, dann fiel sie endgültig mit dem Kopf voraus in die Dunkelheit.
    Sie prallte mit der Schulter gegen einen Baum, wurde zur Seite geschleudert und stürzte einen Abhang hinunter. Immer wieder wurde sie um die eigene Achse gewirbelt. Sie versuchte, Arme und Beine auszustrecken, um endlich ihren Fall zu stoppen, doch sie fand keinen Halt und rollte wie ein Baumstamm einfach weiter. Einmal gelang es ihr, ein Grasbüschel zu packen, das sie samt Wurzeln ausriss, dann bohrte sich etwas in ihre Seite, und schließlich war plötzlich der Boden unter ihr verschwunden.

    Sie befand sich in freiem Fall. Ihr Herz drohte, stehen zu bleiben.
    Einen Augenblick später landete sie auf einem Kiesbett. Die kleinen Steine rollten klackernd davon, als sie darüberglitt, ein letztes Mal herumgewirbelt wurde und schließlich liegen blieb.
    Eine ganze Weile noch wollte die Welt um sie herum einfach nicht aufhören, sich zu drehen.
    Keuchend und mit klopfendem Herzen lag sie auf dem Boden.
    Ich muss aufstehen, sagte sie sich. Aufstehen und rennen. Sie kommen. Sie werden mich umbringen …
    Doch es war nichts zu hören.
    Ich bin tief gefallen, dachte sie. Ziemlich tief. Wenn diese Kerle schon Schiss hatten, vom Balkon zu springen, werden sie an der Mauer mit Sicherheit scheitern.
    Andererseits …
    Sobald ich etwas höre, renne ich los. Aber nicht eine Sekunde vorher.
    Im Moment jedenfalls wollte sie sich überhaupt nicht bewegen. Nicht einmal, um ihr Nachthemd herunterzuziehen.
    Beim Fall hatte es sich hochgeschoben und sie bis zur Taille entblößt. Das gefiel ihr überhaupt nicht. Zum einen konnte jeder ihren nackten Hintern sehen, zum anderen war es ziemlich ungemütlich, so schutzlos auf dem Boden zu liegen. Gott allein wusste, was dort alles herumkroch. Käfer, Spinnen, Würmer, Schlangen …
    Aber eigentlich spürte sie nur Steine. Manche waren so groß wie Murmeln, andere wie Golfbälle, einige waren rund, andere eckig oder sogar spitz – und bohrten sich in ihre Haut. Es schmerzte an ihren Beinen, ihrer Hüfte,
dem Bauch, den Brüsten, den Armen und ihrem Gesicht. An manchen Stellen mehr, an anderen weniger. Aber unangenehm war es überall.
    Sie verschränkte die Arme unter dem Kopf. Eine Anstrengung, von der ihr schwindlig wurde. Schließlich gelang es ihr, den Kopf auf einen Unterarm zu betten.
    Das war viel besser.
    Trotzdem tat ihr alles weh. Und dabei waren die Steine nicht einmal so schlimm. Ihre Haut war an unzähligen Stellen aufgeschürft und brannte wie Feuer. Ihre Muskeln zitterten und verkrampften sich. Auch ihre Knochen schienen in Mitleidenschaft gezogen worden zu sein.
    Sie bewegte vorsichtig die Beine, um festzustellen, ob sie gebrochen waren. Unter ihr lösten sich einige Steine und ritzten ihr die Haut auf. Jede Bewegung schmerzte. Doch anscheinend hatte sie sich nichts gebrochen.
    Apropos gebrochene Knochen.
    Andy. Wo war Andy?
    Langsam hob Jody den Kopf und sah sich um.
    Die Dunkelheit wurde nur von einigen spärlichen Flecken Mondlicht durchbrochen. Anscheinend lag sie auf einem Kiespfad, der zwischen zwei Anhöhen verlief.
    Dann begriff sie: Sie war in einem Bachbett. Einem ausgetrockneten Bachbett.
    Sie spähte über eine Uferseite. Dahinter schien sich der reinste Dschungel zu

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