Die Jagdgesellschaft von Billingshurst
zeigen.
»Das Essen wird erst kurz nach acht Uhr serviert. Bitte nehmen Sie noch einen Aperitif. Ich hoffe, Sie verbringen einen angenehmen Abend.«
»Das werden wir bestimmt«, bemerkte Holmes.
Ich hatte mir Mrs. Franklin, nachdem ich ihren Mann kannte, ein wenig farbloser vorgestellt und konnte diesen irritierenden Kontrast zu August Franklin nicht recht einordnen. Mich interessierte die Meinung meines Gefährten.
»Was halten Sie von unserer Gastgeberin?«
»Nun, sie entspricht nicht dem typischen Bild der Arztfrau. Mrs. Franklin hat sich ihre Neugier und ihren Esprit erhalten. Sie erkennen dies im Ãbrigen an ihrer Garderobe, die in keiner Weise jugendlich oder extravagant wirken soll, sondern ihr Wesen unterstreicht. Von Franklins etwas grobem Naturell ausgehend hätte ich eher den extravaganten Typ vermutet, der eben nicht elanvoll, sondern einfach nur übereifrig ist, was in einer zu lauten, fortwährend geschäftigen Person seinen Ausdruck gefunden hätte.«
Ich machte wohl ein einigermaÃen erstauntes Gesicht. Holmes grinste und schlug vor, an der Bar, die zur verglasten Veranda hin lag, einen Wodka zu nehmen. Es waren schon mindestens 50 Gäste anwesend, darunter konnte ich die Whitelanes und Timothy Manrow ausmachen. Noch nicht eingetroffen waren Sir Thomas Winston und Mrs. Drummond. Ich sah mich im Garten um, der von beträchtlicher GröÃe war und eigentlich mehr einem kleinen Park glich. Franklin war das einzige Mitglied der Jagdgesellschaft, das mitten in Billingshurst wohnte. Holmes stieà mich an.
»Sehen Sie, Watson, die Franklins sind Rosenliebhaber. Gleich da vorne steht ein eigenes Gewächshaus, Mrs. Franklin ist wohl eine passionierte Züchterin, und auf der anderen Seite des Gartens befindet sich ein frisch angelegtes Rosenbeet.«
»Warum sind Sie so sicher, dass es unsere Gastgeberin ist, die Rosen züchtet, und was hat das Ihrer Meinung nach zu bedeuten?«
»Ich stelle nur fest, dass sie Rosen liebt, nichts weiter. Wenn Sie auf die Kleider an der Garderobe im Gewächshaus und auf die GröÃe der Arbeitsschuhe achten, die am Eingang stehen, dann kommt nur die Hausherrin in Frage.«
Nachdem wir eine Weile die Gäste beobachtet hatten, sah ich auf meine Uhr, die kurz vor acht zeigte. Ich gab Holmes ein Zeichen, dass es Zeit war, zu Tisch zu gehen. An der Tür zur Veranda begegneten wir Timothy Manrow.
»Guten Abend, die Herren. Das nenne ich eine Ãberraschung. Sie auch hier, auf dem jährlichen Fest der Eitelkeiten?«
»Ein wenig überladen, meinen Sie?«
»Für meinen Geschmack schon, aber ich bin da als Einzelgänger sicherlich auch ein wenig empfindlicher als die übrigen Mitglieder meiner Spezies.«
»Ich kann Ihnen da durchaus zustimmen. Sind Sie alleine hier?«, fragte mein Gefährte ihn in schon beinahe übertrieben vertraulicher Weise.
»Nein, meine Cousine Anne Linney begleitet mich. Sie lebt in Brighton, legt aber ihre Besuche so, dass wir gemeinsam diese gesellschaftlichen Veranstaltungen wahrnehmen können. Sie unterhält sich gerade mit unserem Gastgeber.«
Manrow deutete in Richtung Eingangshalle, wo man die beiden miteinander scherzen sah. Sie machte aus der Entfernung den Eindruck einer eher schüchternen Person, die darauf bedacht war, nicht unangenehm aufzufallen. Wie schon bei unserem ersten Treffen übermannte Manrow auch dieses Mal seine Neugier.
»Und, was gibt es für Neuigkeiten? Konnten Sie dem Kerl auf die Spur kommen, der John in diese missliche Lage gebracht hat?«
»Nein, bisher haben wir nur Vermutungen. Es fehlt uns zudem an Zeit, denn der Prozess beginnt ja schon morgen. Eines ist jedoch zweifelsohne abzusehen, der Fall sowie das Vorgehen des Täters sind auÃergewöhnlich. Er ist wirklich ein sehr ernst zu nehmender Gegenspieler.«
»Sollten wir nicht hineingehen? Es ist schon nach acht Uhr«, warf ich ein.
Wir machten uns zu unserem Tisch auf, an dem bereits fast alle Gäste Platz genommen hatten. Holmes und ich waren Tischnachbarn, wobei mein Gefährte neben Anne Linney und ich neben Mrs. Drummond, die tatsächlich erschienen war, Platz nehmen sollten. Gegenüber von uns saÃen bereits die Whitelanes sowie Sir Thomas Winston mit Begleitung. Wir gingen zu ihnen und begrüÃten sie. Sir Thomas stellte uns Miss Caroline Woolridge vor, die mindestens zehn Jahre jünger als er zu sein schien und
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