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Die Jahre am Weiher: Der zweite Fall für Winnie Heller und Hendrik Verhoeven (German Edition)

Die Jahre am Weiher: Der zweite Fall für Winnie Heller und Hendrik Verhoeven (German Edition)

Titel: Die Jahre am Weiher: Der zweite Fall für Winnie Heller und Hendrik Verhoeven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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Krankenakten fälscht. Das Fieber in die Höhe treibt. Infektionen hervorruft und all diese Dinge … Sie hatte sich perfektioniert.“ Sie stockte und schluckte so trocken und krampfhaft, dass Winnie ihr am liebsten eigenhändig einen neuen Drink eingegossen und sich selbst auch gleich einen genommen hätte. „Manchmal konnte ich sie hören“, fuhr Yvonne Paland mit rauer Stimme fort. „Die Tür zu Lillis Zimmer knarrte ein bisschen, wissen Sie?“ Sie schloss die Augen, als versuche sie, auf diese Weise die quälende Erinnerung auszublenden. „Ich lag wach, bepinkelt und frierend, und ich hörte, wie sie zu Lilli ging. Ich hörte ihre Schritte auf dem Gang. Ihren Atem. Und ich … Ich war froh, verstehen Sie das? Froh, dass nicht ich es war, die sie jetzt quälen würde. Dass ich nicht wieder fort musste. Ins Krankenhaus. Zum Kinderarzt. Ich war einfach nur froh, froh, FROH, dass dieser Kelch an mir vorüberging.“ Ihre Stimme überschlug sich beinahe. Dazu lachte sie. Lachte, weinte, schrie, was auch immer. Irgendwann glätteten sich ihre Züge, als habe jemand einen Schalter umgelegt, und zurück blieb die altbekannte Maske der Gleichgültigkeit, Yvonne Palands ureigene Form von Flucht. „Ich war neun Jahre alt“, wiederholte sie mit einer beinahe gespenstisch anmutenden Ruhe. „Ich war neun Jahre alt und der Meinung, ich hätte genug durchgemacht.“
    „Und w as war mit Ihrer jüngsten Schwester?“, fragte Winnie behutsam. „Was war mit Lorna?“
    Yvonne Palands Antwort überraschte sie. „Sie rettete Lilli das Leben.“
    „Wie meinen Sie das?“
    „Durch die Sache mit Lornas Herz blühte unsere Mutter richtiggehend auf. Endlich eine richtige Krankheit, etwas, an dem es nichts zu rütteln gab, verstehen Sie? Sie hatte es ziemlich toll getrieben mit Lilli, und ich glaube, ein paar von den Ärzten waren misstrauisch geworden. Aber dann wurde auf einmal Lornas Herzfehler entdeckt, und unsere Mutter bekam alles, was sie sich wünschte, sozusagen frei Haus. Besorgte Ärzte, jede Menge Geräte und von Zeit zu Zeit sogar einen Ausflug mit Blaulicht direkt auf die Intensivstation.“
    Die Bitterkeit, die aus ihren Worten sprach, beunruhigte Winnie zutiefst. Diese Frau hätte professionelle Hilfe haben müssen, dachte sie. Sie alle hätten professionelle Hilfe haben müssen. Aber stattdessen waren sie sich selbst überlassen worden, ihren Gespenstern. Lilli, Yvonne Paland und selbst Brigitte Dahl. Jede auf ihre ganz spezifische Weise …
    „Nachdem Lornas Diagnose feststand, war ihr Lilli total egal, verstehen Sie?“ Yvonne Paland hatte ihr Glas geleert. „Das arme Ding wusste gar nicht, wie ihm geschah, nach all diesen  Jahren im Mittelpunkt.“
    Im Mittelpunkt, dachte Winnie fröstelnd. Klingt fast, als seien diese Mädchen selbst noch auf die Verletzungen ihrer Schwestern eifersüchtig gewesen. Aber das war ja eigentlich kein Wunder, immerhin war verletzt sein in dieser Familie gleichbedeutend gewesen mit beachtet werden …
    „Hatten Lilli und Lorna eigentlich ein enges Verhältnis zueinander?“, fragte sie.
    „Oh ja.“ Yvonne Paland nickte mit einer für ihre Verhältnisse durchaus bemerkenswerten Nachdrücklichkeit. „Lilli hing wie wild an Lorna.“
    „Und als Lorna starb?“
    „Keine Ahnung“, antwortete sie, indem sie das leere Glas zwischen ihren Händen hin und her drehte. „Zu diesem Zeitpunkt war ich schon aus dem Haus. Ich hielt es unter den gegebenen Umständen für das Beste, mich schnellstmöglich schwängern zu lassen, um auf eigenen Füßen zu stehen.“ Nun lachte sie wieder dieses hohle Lachen, das Winnie schon bei ihrem ersten Besuch aufgefallen war. „Nach Lornas Tod habe ich Lilli nur noch selten zu Gesicht bekommen.“
    Verdammt, dachte Winnie, dann kannst du mir bestimmt auch nicht erzählen, was deine kleine Schwester in ihrer Freizeit getrieben hat, und erst recht nicht, ob sie mit Edda Bender befreundet war. „Sie wissen nicht zufällig, ob Lilli Ihnen mal was über einen Wassermann erzählt hat?“, fragte sie trotzdem. „Einen Nöck?“
    „Ein Nöck?“, wiederholte Yvonne Paland verständnislos.
    Doch Winnie dachte gar nicht daran, Lillis ältere Schwester über den Hintergrund ihrer Frage aufzuklären. „Ist Ihnen vielleicht nach Lornas Tod irgendetwas Besonderes an Ihrer Schwester aufgefallen?“, fragte sie stattdessen. „Dass Lilli oft mit kleineren Kindern spielte zum Beispiel?“
    Sie schüttelte den Kopf. „Wirklich, ich habe keine

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