Die Jahre am Weiher: Der zweite Fall für Winnie Heller und Hendrik Verhoeven (German Edition)
wäre etwas anderes. Das wäre verzeihbar. Aber so…“
Verhoeven blieb abermals stehen. Direkt vor ihm markierte ein großer Zwinger das Ende des Ganges. Rechts lag ein honigfarbener Pudel hechelnd im Schatten. Der Käfig daneben, der letzte der Reihe, schien leer zu sein. Über der Gittertür war ein verrostetes Schild angebracht, das die Zahl Dreizehn zeigte, und Verhoeven überlegte, ob der Zwinger wohl aus Gründen des Aberglaubens leer geblieben war, denn es war die erste leere Box, die er sah. Ferienzeit, Tierheimzeit, dachte er mit einem leisen Schaudern, auch wenn sich dieser Umstand für ihn als Glücksfall erwies, weil die Auswahl tatsächlich so groß war, wie er behauptet hatte.
Er seufzte und wollte sich eben auf den Rückweg machen, als er in dem Käfig, den er für leer gehalten hatte, doch noch einen Bewohner ausmachte. Ganz hinten, im rückwärtigen Teil des Verschlages, lag ein Hund in der prallen Sonne. Das heißt, eigentlich sah das, was dort lag, nicht wirklich wie ein Hund aus. Eher wie eine Wurst. Eine dicke Wurst mit hell- und dunkelbraunen Flecken.
Als Verhoeven verwundert innehielt, öffnete das Tier ein Auge und blinzelte durch das grelle Sonnenlicht zu ihm herüber. Ein Auge, dachte Verhoeven kopfschüttelnd, wenn du dir so wenig Mühe gibst, nimmt dich garantiert niemand mit nach Hause, mein Freund!
Er legte sich eine Hand über die Stirn, um besser sehen zu können, während der Hund ihn noch immer einäugig taxierte. Nummer dreizehn. Ein Unglückshund. Ein vollkommen desinteressierter Unglückshund noch da zu …
In Verhoevens Rücken bellten und sprangen die Pitbulls, die von Minute zu Minute nervöser wurden. Sie spüren, dass die Zeit der Entscheidung gekommen ist, dachte er und drehte sich um.
Vom Ausgang her kam ihm die Angestellte entgegen. Offenbar war auch sie der Meinung, dass er nun lange genug gezögert hatte. „Und?“, erkundigte sie sich aufgeräumt. „Schon fündig geworden?“
Er konnte ihre Hoffnung geradezu körperlich spüren und fühlte sich mit einem Mal wie gelähmt. „Der Jack Russel dort …“
„Oh, Benny!“, fiel ihm die Frau begeistert ins Wort. „Ja, unser Benny ist wirklich ein Prachtstück, vor allem, wenn Sie sich gerne bewegen.“ Ihre Augen glitten abschätzig über Verhoevens Oberkörper. „Er ist ein Jahr alt und wurde wegen Allergie abgegeben.“ Sie zog bedeutungsvoll die Augenbrauen hoch. „Die üblichen Ausreden, wenn man von einem Tier die Nase voll hat, Sie wissen schon.“
Verhoeven nickte.
„Tja, was kann ich Ihnen sonst noch sagen? Also, Benny ist absolut lieb. Kinderverträglich. Katzenverträglich. Der ideale Familienhund, wenn Sie so wollen.“
Familientauglich. Zuverlässig. Einfach ideal!
„Aber er leidet wirklich fürchterlich, seit er hier im Tierheim ist“, ergänzte die Angestellte mit mitfühlender Miene. „Und das obwohl er erst ein paar Wochen bei uns ist.“
Verhoeven sah an ihr vorbei. Sie leiden alle, dachte er. Alle, die hier sitzen. Auf engstem Raum. In dieser Gluthitze. Unbeachtet. Gelangweilt. Müde.
Hendrik muss lernen, sich festzulegen …
„Warten Sie, ich stelle Sie einander vor.“
Er wollte protestieren, doch die Angestellte hatte bereits die Tür zu Bennys Zwinger geöffnet und Verhoevens Leine an dessen Halsband befestigt.
„Nur zu, gehen Sie eine Runde mit ihm“, forderte sie ihn mit unerschütterlicher Fröhlichkeit auf. „Wenn man zusammen unterwegs ist, merkt man doch erst richtig, ob die Chemie stimmt, nicht wahr?“ Ihr Lachen klang ein wenig gezwungen. „Sie können sich ruhig Zeit lassen.“
Der Rüde sprang aufgeregt an Verhoevens Beinen hoch, kaum dass die Angestellte sein Halsband losgelassen hatte.
„Er bräuchte natürlich noch ein bisschen Erziehung“, bemerkte diese in absolut wertfreiem Ton. „Wir tun hier wirklich unser Bestes, aber leider kommen wir nicht dazu, uns ausreichend mit den Tieren zu …“
„ Natürlich“, fiel Verhoeven ihr ins Wort. „Kein Problem.“
„Nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie brauchen“, sagte sie noch einmal. „ Und wenn Sie mich brauchen: Ich bin im Büro.“
Er sah ihr nach, als sie über den ausgetretenen Plattenweg davonging, während Benny abenteuerlustig an seiner Leine zerrte.
„Sitz“, sagte Verhoeven mechanisch, und zu seinem größten Erstaunen ließ sich der Rüde sofort auf dem ausgedörrten Gras nieder, das neben dem Weg wucherte.
Verhoeven runzelte die Stirn. Er spürte, dass die Angestellte Recht
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