Die Janus-Vergeltung
Positionen für einen Scharfschützen um, obwohl er wusste, dass gute Schützen stets Plätze aufsuchten, wo sie absolut unsichtbar waren.
»Hast du die Uzi dabei?«, fragte Smith in lockerem Ton. Randi deutete auf den Rücksitz. Smith drehte sich um. Da lag tatsächlich eine MP. »Ich hab’s für einen Scherz gehalten.«
Randi schüttelte den Kopf. »Mit Waffen mach ich keine Scherze.«
»Ist das ein Firmenwagen?«
»Ja.« Sie sah ihn von der Seite an. »Willst du mir nicht sagen, was los ist? Das Grand Royal ist weit weg, und trotzdem hat es schon wieder jemand auf dich abgesehen.« Er erzählte ihr von den Fotos und von dem bislang erfolglosen Versuch, Howell und die Frau zu finden.
»Hast du vielleicht etwas von Howell gehört?«, fragte er.
Randi schüttelte den Kopf. »Nein, aber das ist ja nichts Ungewöhnliches. Wir haben normalerweise keinen Kontakt.«
»Es gefällt mir gar nicht, dass Dattar wieder frei herumläuft. Der Kerl hat’s auf mich abgesehen, und dass er so schnell nach dem ersten Anschlag einen zweiten startet, zeigt, dass er ein größerer Fisch ist, als ich dachte.«
Randi seufzte. »Das stimmt wohl. Sein Einfluss schien nie so weit zu reichen – umso beunruhigender, dass er frei herumläuft. Die Geheimdienste von halb Europa sind hinter ihm her, und doch weiß keiner, wo er steckt. Er ist einfach verschwunden.« Smith blickte durch das Beifahrerfenster hinaus und dachte an die Frau, an die gestohlenen Kühlboxen und an Dattar.
Fünfzig Minuten später erreichten sie das Labor der George Mason University. Smith fühlte sich ziemlich ungeschützt, als er aus dem Wagen stieg, deshalb rannte er zum Eingang hinüber. Randi hielt mit ihm Schritt.
Sein Freund, Professor Jinchu Ohnara, empfing ihn beim Eingang des biochemischen Labors. Ohnara – ein Mann in den Sechzigern, schmächtig, volles graues Haar und strahlende braune Augen – war der führende Genetiker der Ostküste. Smith hatte als Student an der UCLA in einem kleineren Projekt mit ihm zusammengearbeitet und verließ sich auch heute noch auf ihn, wenn er eine kompetente Meinung zu einer schwierigen wissenschaftlichen Frage brauchte.
»Ich bin wirklich froh, dass du lebend aus dem Hotel herausgekommen bist.« Ohnara schüttelte Smith die Hand.
»Hat denn jeder gesehen, wie ich da am Fenster gehangen bin?«
Ohnara nickte. »Jeder.«
»Meine fünfzehn Minuten Berühmtheit. Darf ich dir Randi Russell vorstellen? Sie arbeitet in der Gesundheitsbehörde.« Smith benutzte die Tarnidentität, die Randi vorgeschlagen hatte.
»Freut mich. Es ist verständlich, dass sich die Gesundheitsbehörde für diese Bakterien interessiert.«
Randi zog die Stirn kraus. »Das klingt bedrohlich. Haben Sie etwas Besorgniserregendes herausgefunden?«
Ohnara nickte. »Es handelt sich um etwas, das in manchen Teilen der Welt durchaus schwerwiegende gesundheitliche Probleme verursachen kann.« Er wandte sich an Smith. »Ich habe mir die Probe genau angesehen. Aber mach dir selbst ein Bild.«
Er winkte Smith ins Labor weiter. Der leichte Geruch nach Isopropylalkohol wurde stärker, als sie das Labor betraten.
»Du hast sie nicht im Sicherheitslabor geöffnet?« Smith hatte Ohnara ausdrücklich darauf hingewiesen, spezielle Vorkehrungen zu treffen.
»Doch. Außerdem habe ich die Probe in einen Sicherheitsbehälter gegeben, so was wie ein Handschuhfach, mit einem eigenen Lüftungssystem.« Ohnara sah ihn nachdenklich an. »Ich habe die Sicherheitsmaßnahmen getroffen, die für das Vogelgrippevirus üblich sind. Gibt es einen Grund, noch vorsichtiger zu sein?«
»Ich habe keine Ahnung, was es ist. Aber heutzutage weiß man nie …« Smith ließ den Satz in der Luft hängen.
Ohnara seufzte. »Wem sagst du das. Irgendwelche resistenten Bakterien werden uns eines Tages alle umbringen. Dieser Fall scheint mir zwar nicht ganz so gefährlich zu sein, aber du musst trotzdem einen Schutzanzug anziehen.«
Alle drei schlüpften in Einweg-Schutzanzüge und Handschuhe, und Ohnara gab ihnen dazu noch Atemgeräte. Als sie soweit waren, öffnete der Wissenschaftler mit einer Schlüsselkarte eine Tür in einen versiegelten Bereich des Labors und winkte Smith nach rechts weiter. An der gegenüberliegenden Wand stand ein Tisch mit mehreren Hockern. Ein großer durchsichtiger Würfel umgab ein Mikroskop. Gummihandschuhe reichten durch versiegelte Öffnungen in den Behälter, und eingebaute Okulare an allen Seiten des Würfels ermöglichten es mehreren
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