Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die jungen Rebellen

Titel: Die jungen Rebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sándor Márai
Vom Netzwerk:
damit in die ewige Anstaltsgalerie ein.
    »Viele Jahrgänge können sich die Köpfe darüber zerbrechen«, sagt Ábel, »wer die zwei waren, die der Unsterblichkeit den Rücken gekehrt haben.«
    Zwischen den sich auflösenden Grüppchen lungern die Kameraden unausgeschlafen und fröstelnd im Sonnenschein herum. Béla klappert sogar mit den Zähnen.
    »Schlafen«, sagt er. »Ich kann nicht mehr. Also dann bis zum Abend.«
    »Bis zum Abend.«
    Ernő beugt sich plötzlich zu ihnen hin: »Heute morgen war ich bei ihm«, flüstert er.
    Und als sie schweigen und mit gesenkten Blicken trotzig vor sich hin starren, fährt er hastig fort: »Er hat mich nicht hineingelassen. Rief durch die Tür, daß es ihm gutgeht. Er sagte auch, wir sollten nicht auf ihn warten.«
    In der Stille, die daraufhin eintritt, schweigt auch er.
    Tibor zündet sich eine Zigarette an und gibt den anderen Feuer. »Dann warten wir eben nicht auf ihn«, sagt er gleichgültig und höflich. Nach einer Weile reicht er den anderen mit leichter Verbeugung die Hand. »Also dann, heute abend.« Er hängt sich bei Ábel ein.
    Vor dem Schwimmbad müssen sie warten, es ist noch Badezeit der Damen. Sie setzen sich vor der Kasse auf die Bank. Der Geruch von morschem Holz, feuchtem Tang und muffiger Wäsche schlägt durch die Bretterwand der Kabinen. Schrille Mädchenschreie dringen heraus. »Die Langhaarigen«, sagt Tibor. Mit bleiernem Druck glättet die Hitze das Wasser. Diese Wärme ist klebrig, dicht und wie zum Greifen.
    Tibor lehnt sich zurück und beginnt zu pfeifen.
    »Pfeif jetzt nicht«, bittet Ábel ihn.
    Tibor betrachtet seine Fingernägel. Unbefangen und mit singendem Tonfall sagt er: »Mutter gefällt mir nicht. Heute morgen war sie ganz eigenartig. Übrigens, was ich dir sagen wollte … mittags werden wir mit diesem Havas reden.« Er pfeift ein paar Takte, schaut zerstreut und zwinkernd auf den Fluß. »Ich wollte dir sagen«, fährt er fort, »daß ich vor einer halben Stunde in der Stadtkommandantur war. Der Kommandant ist ein Mann, den Vater schätzt, bei ihm habe ich mich gemeldet. Jetzt habe ich die Zusage, daß ich als Freiwilliger einrücken kann. Schon morgen früh.«
    Als Ábel schweigt, legt er die Hand auf sein Knie: »Ich halte das so nicht mehr aus, Ábel, sei mir nicht böse.« Er hebt den Arm, beschreibt einen Bogen. »Ich halte es so nicht aus. Ich kann für das alles nichts.«
    Er dreht sich eine Zigarette und setzt sich aufs Geländer der Holzbrücke, läßt die Beine baumeln. »Was meinst du? Kann nachher jeder das aus dem Arabesque mit heimnehmen, was ihm wichtig ist? … Den Reitsattel muß ich unbedingt nach Hause bringen.«
    Er leckt an der Zigarette und zündet sie an. Als lange keine Antwort kommt, fragt er leicht verunsichert: »Was meinst du?«
    Ábel steht auf und lehnt sich an die Bretterwand. Er ist blaß, fast grau, redet ruhig: »Also ist es zu Ende.«
    »Ich glaube, ja.«
    »Auch mit der Clique und mit dem Arabesque?«
    »Ich glaube, ja.«
    »Dann sage ich es dir«, stößt er hastig hervor und holt tief Luft. »Ich wollte es dir schon lange sagen. Sei mir nicht böse, Tibor, ich kann nichts dafür.« Er lehnt den Kopf an die Wand. Sagt in normalem Konversationston: »Ich wollte es dir wenigstens sagen. Ich liebe dich. Wußtest du das nicht?«
    Er streckt seinen Arm aus und fährt in fiebriger Eile fort: »Sei mir nicht bös, aber ich habe deinetwegen viel gelitten. Schon seit einem Jahr. Ich kann es selbst nicht verstehen, was ich an dir liebe. Einmal mußte ich es dir sagen. Vielleicht, weil du schön bist. Du bist gar nicht besonders klug, Tibor, verzeih. Du mußt es entschuldigen, denn ich bin sehr unglücklich. Würde dir alles geben, was ich habe und was ich haben werde. Glaubst du mir?«
    Tibor springt vom Geländer, wirft die Zigarette weg und packt seinen Arm: »Schwöre!« Mit aller Kraft und verzweifelt schüttelt er Ábels Körper.
    »Ich schwöre.«
    »Daß du darüber nie mehr ein Wort verlieren wirst.«
    »Nie mehr.«
    »Willst du, daß wir Freunde sind?«
    »Ja.«
    »Nie mehr, nicht ein Wort.«
    »Kein Wort.«
    Beide sind außer Atem. Er läßt Ábels Arm los, setzt sich auf die Bank und vergräbt sein Gesicht in den Händen. Ábel geht langsam auf die Brücke, bleibt stehen, lehnt sich ans Geländer und beugt sich übers Wasser. Irgend jemand poltert hinter ihnen über die Brücke. Tibor wartet, bis die Schritte vorüber sind, geht zu ihm hin, stützt den Ellbogen aufs Geländer und legt einen Arm um

Weitere Kostenlose Bücher