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Die kalte Legende

Die kalte Legende

Titel: Die kalte Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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falscher Identität beschäftigt als mit ihrem Tod. »Kann heutzutage niemand mehl tlauen, hä, yin-shi? Minh nicht Minh. Vielleicht du nicht Matin.«
    »Vielleicht hatte die Daily News jaRecht«, sagte Martin, »vielleicht ist dein richtiger Name ja Tsou Zing.«
    »Vielleicht«, stimmte Tsou mit einem verdrossenen Lachen zu.
    »Wel kann sagen?«
     
    Die Gruppe von etwa dreißig jüdischen Siedlern, die Männer mit zizijot und Jarmulken, die Frauen in langen Röcken, langärmeligen Blusen und Kopftüchern, marschierte die Straße entlang in Richtung der Höhle von Machpela, um den Schabbat an der heiligen Stätte zu begrüßen, wo angeblich Stammvater Abraham begraben war. Allen voran gingen Rabbi Ben Zion und Martin, das Schlusslicht bildeten die Kastner-Schwestern. Eskortiert wurde die Schar auf beiden Seiten von je einem Polizisten in blauer Uniform und etwa einem halben Dutzend jüngerer Siedler. Die Beschützer hatten Gewehre oder Uzis über die Schultern gehängt.
    Die Sonne war hinter den Bergen verschwunden, und das Zwielicht zwischen den Gebäuden verdunkelte sich. Instinktiv beschlich Martin ein ungutes Gefühl. Agenten im Einsatz mochten das Tageslicht, weil sie dann die Gefahr kommen sahen, und die Nacht, weil sie sich davor verstecken konnten. Die Dämmerung dazwischen bot keinen der beiden Vorteile. Der wuchtige festungsähnliche Bau über der heiligen Höhle ragte vor ihnen auf wie ein im Nebel verirrtes Schiff.
    »Was halten die Palästinenser hier eigentlich davon, dass ihr hier regelmäßig zu dem Schrein pilgert?«, fragte Martin den Rabbi, während er die Lücken zwischen den Häusern auf der rechten Seite nach irgendwelchen verdächtigen Bewegungen absuchte. Als ein Lichtblitz von einem Dach reflektierte, zuckte Martin zusammen, erkannte dann aber, dass es nur ein letzter Strahl Sonnenlicht war, den die Solarkollektoren eines dreistöckigen Gebäudes widerspiegelten.
    »Die Palästinenser«, erwiderte der Rabbi und deutete auf die Häuser ringsum, »sagen, wir treten ihnen auf die Füße.«
    »Stimmt ja auch, oder?«
    Der Rabbi zuckte die Achseln. »Hören Sie, wir verhalten uns nicht unvernünftig. Diejenigen unter uns, die glauben, dass Gott der Herr dieses Land Abraham und seinen Nachfahren für alle Ewigkeit geschenkt hat, sind durchaus bereit, die Palästinenser hier wohnen zu lassen, solange sie akzeptieren, dass das Land uns gehört.«
    »Und die anderen?«
    »Die können auswandern.«
    »Na ja, damit bleibt ihnen – genauso wie euch – nicht viel Handlungsspielraum.«
    »Besucher von außerhalb haben es immer leicht zu kritisieren, Mr. Odum, und dann fahren sie wieder nach Hause, wo sie sicher sind …«
    »Bei mir zu Hause«, entgegnete Martin, »ist es gar nicht so sicher, wie ich dachte.« Er nahm sich vor, mehr Informationen über den Tod von Stellas Vater einzuholen. Er fragte sich, ob eine Obduktion gemacht worden war.
    »Sie reden von Straßenkriminalität. Das ist nichts im Vergleich zu dem, womit wir es hier zu tun haben.«
    »Ich habe explodierenden Honig gemeint –«
    »Wie bitte?«
    »Schon gut.«
    Martin, der ständig nach möglichen Gefahren Ausschau hielt, sah rechts am Hang oberhalb der Gruppe in einem schmalen Durchgang zwischen zwei palästinensischen Häusern etwas aufblitzen. Plötzlich loderten Flammen auf, und ein brennender Autoreifen, von dem dicker schwarzer Rauch aufstieg, kam den Hügel herunter auf sie zugerollt. Als die Siedler auseinanderstoben, um sich in Sicherheit zu bringen, hallte das kurze, hohle Husten eines Präzisionsgewehrs durch die Siedlung, und direkt vor Martin spritzte der Sand auf. Seine alten Reflexe erwachten zum Leben, und er durchschaute augenblicklich, was los war. Der brennende Reifen war ein Ablenkungsmanöver, der Gewehrschuss war von der anderen Seite gekommen, vermutlich von der Zementzisterne gut hundertfünfzig Meter entfernt auf einer kleinen Anhöhe. Die beiden Polizisten und die bewaffneten Siedler hatten instinktiv reagiert und stürmten in die Richtung, aus der der Reifen gekommen war. Einer der Polizisten brüllte etwas in ein Walkie-Talkie, und gleich darauf heulte hinten in Qiryat Arba eine Sirene los.
    »Der Schuss kam von hinten«, rief Martin und hechtete hinter eine niedrige Mauer in Deckung, als der zweite Schuss einen Schritt hinter der Stelle, wo er gestanden hatte, in den Boden einschlug. Als er hinter der Mauer kauerte und die Muskeln seines versehrten Beines massierte, sah er, wie Stella und ihre Schwester

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