Die kalte Nacht des Hasses
schrecklichem Ableben und durfte davon auch nicht erfahren, bevor ich Black informiert hatte, also musste ich freundlich, verständnisvoll und wohlwollend sein. Schleim dich an die patzige Hexe ran. »Ja, Ma’am, das ist mir klar. Aber ich kann Ihnen versichern, dass ich einen sehr guten Grund habe, Ihnen diese Mühe zu machen. Es handelt sich um eine offizielle polizeiliche Angelegenheit.«
Ms Cardamon bedachte mich mit einer leicht hochgezogenen Augenbraue, die mich vermutlich einschüchtern sollte, oder sie zog sie einfach so weit hoch, wie es nach den letzten fünfunddreißig Botox-Injektionen, die ihre Haut glatt und faltenlos hielten, eben noch ging. »Was heißt das, eine offizielle polizeiliche Angelegenheit? Ich gehe davon aus, dass Sie Dr. Black über diese Anfrage informiert haben?« Hatte ich schon gesagt, hochmütig, arrogant, verachtungsvoll? Oder vielleicht handelte es sich um die Nebenwirkungen einer Botox-Vergiftung? Woher sollte ich das wissen.
»Genau deswegen bin ich heute hier, Ms Cardamon. Um mit Dr. Black über diese Situation zu sprechen. Soweit ich weiß, wird er bald zurückerwartet.«
»Wenn Sie mir sagen würden, um was für eine polizeiliche Angelegenheit es sich handelt, und was genau Sie von Dr. Black wünschen, könnte ich es ihm ausrichten lassen. Er ist ein guter Freund von mir und hat sehr viel zu tun. Sie müssen wahrscheinlich einen Termin bei seiner persönlichen Assistentin vereinbaren.«
Oookay, langsam begann diese Tusse mir auf die Nerven zu gehen. Die paar, die noch übrig waren. Ganz offensichtlich wusste sie nicht, dass ich ebenfalls eine recht gute amiga des guten Doktors war, eine ganz heiße Nummer, genaugenommen, und das nun schon seit fast einem Jahr. Ich nahm mir vor, zu genießen, wie ihr Gesichtsausdruck in sich zusammenfiel, wenn er zeigte, wie sehr er mich mochte, vermutlich sogar ein wenig mehr als sie, hoffte ich. Aber zum Teufel, bis dahin konnte ich genauso gut höflich sein. Ich würde weder fluchen noch sie von ihren spitzen hohen Hacken treten oder auch nur zischen. »Ich kenne Dr. Black ebenfalls und muss leider auf einem Gespräch unter vier Augen mit ihm bestehen. Aber vielen Dank für Ihr Angebot der Vermittlung.«
Sehen Sie, wie nett ich sein kann, wenn es sein muss? Sie nickte und schaffte es irgendwie, die Augenbrauen noch ein wenig weiter ihre erstarrte Stirn hochzuziehen. Ich überlegte, ob ich einen Witz erzählen sollte, um herauszufinden, was mit ihrem Gesicht geschähe, wenn sie lachte, entschied dann aber, dass ich mich schlecht benahm. Fast schon gemein. »Aber wenn Sie jetzt dafür sorgen könnten, dass ich die Liste erhalte, wäre ich Ihnen dankbar. Es wäre zudem sehr hilfreich, wenn Sie alle Mitarbeiter darüber in Kenntnis setzen könnten, dass ich morgen vor, während und nach der Generalprobe Gespräche führen werde. Sie müssen die Zeit finden, mit mir oder meinem Partner Bud Davis zu sprechen.«
»Oh, meine Liebe, das wird meinen Zeitplan mächtig durcheinander bringen. Könnten Sie es nicht am Tag nach dem Wettbewerb machen?«
Aber sicher. Noch besser wäre bestimmt nächste Weihnachten. Ich verabreichte ihr einen gnadenlosen Blick, ich zwinkerte nicht einmal mehr, bis ich mir ihrer ungeteilten, wenn auch immer noch hochnäsigen Aufmerksamkeit sicher war. »Ich spiele keine Spielchen mit Ihnen, Ms Cardamon. Ich möchte es noch einmal wiederholen: Ich bin hier in einer offiziellen polizeilichen Angelegenheit und wir sind auf Ihre umfassende Kooperation angewiesen.«
Sie stieß ein Geräusch aus, das ziemlich nah an das empörte Schnaufen einer alten Jungfer herankam. Unglaublich, erst recht, solange ich noch direkt neben ihr stand.
Sie sagte: »In Ordnung, Officer. Ich werde sehen, was ich tun kann.«
»Sehen Sie am besten mal gleich, was Sie tun können, in Ordnung?«
Ms Cardamon stapfte beleidigt davon und blaffte einen ihrer Assistenten an, der entgeistert schaute. Sie ließ ihre Wut also an anderen aus, prima. Man darf die drängelige Polizistin nicht anschreien? Dann eben die eigenen Mitarbeiter, und gleich fühlt man sich viel besser. Gut, dass ihr Chihuahua zu Hause in Sicherheit war.
Ich stand noch eine Weile herum und beobachtete möglichst unauffällig, wie die Leute an der Bühne und der Lichtanlage herumwerkelten, um all die Mädchen zehn Jahre jünger aussehen zu lassen. Zweifelsohne würde das einige der teilnehmenden Kinder zurück in die Gebärmutter befördern. Aber noch waren keine Teilnehmer zu
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