Die kalte Spur
nicht einigermaßen sonderbar?«
»Das kann man wohl sagen.«
»Ich frage mich«, sagte Griff mit zusammengekniffenen Augen, »ob diese testamentarische Hinterlassung nicht vielleicht angesetzt wurde, damit der Chauffeur über irgend etwas Stillschweigen bewahrte?«
Der Fahrstuhl traf im neunten Stock ein.
»Es steht Ihnen frei, Ihre Erwägungen anzustellen«, entgegnete der Anwalt.
»Wenn man mir einreden würde«, sagte Griff, »in mein Testament eine derartige Schenkung aufzunehmen, würde ich jedenfalls keine gefährlichen Medikamente herumliegen lassen.
Denn fünfzehntausend Dollar können schon eine ganz hübsche Versuchung darstellen.«
Der Anwalt betrat die Kabine und verbeugte sich formell. »Meine Herren«, sagte er. »Sie haben durchaus das Recht, in meinen Gedanken zu lesen. Aber ich bitte Sie, festzuhalten, daß ich mich selbst zu diesem Punkt in keiner Weise geäußert habe.«
Die Fahrstuhltür wurde geschlossen. Die Kabine glitt abwärts.
Griff spähte auf die Leuchtziffertafel.
»Ich muß wissen, in welchem Stock er aussteigt«, sagte er. Die Tafel zeigte an, daß der Fahrstuhl soeben im siebenten Stockwerk anhielt.
Griff eilte zur Treppe.
»Kommen Sie schnell!« rief er Bleeker zu.
Die beiden Männer rannten die Treppe hinab und spähten den Korridor des siebenten Stocks entlang. Der Anwalt war nicht zu sehen. Griff und Bleeker liefen den Korridor hinunter und bogen um eine Ecke. Da erblickten sie Fisher, der in diesem Moment gerade in einem Zimmer verschwand.
Griff kicherte. »Das klappt ja großartig«, sagte er.
Auf Zehenspitzen trat er an die Zimmertür und klopfte. Eine junge Dame öffnete und blickte die beiden Männer mit großen Augen an.
»Miss Mokley?« fragte Griff.
Sie nickte.
»Wir möchten gern mit Ihnen sprechen. Und es spielt keine Rolle, daß sich Mr. Fisher augenblicklich auch bei Ihnen befindet.«
18
Charles Fisher verzog den Mund zu einem säuerlichen Lächeln.
»Meine Herren«, sagte er, »ich möchte Ihnen zu Ihrem Scharfsinn gratulieren.«
Griff blickte ihn durchdringend an »Ich möchte Ihnen meinerseits gratulieren zu Ihrem geistesgegenwärtigen Verhalten. Mir war nicht klar, ob Sie uns beim Betreten des Hotels bereits gesehen hatten.«
»Wollen Sie mir erklären«, sagte die junge Dame eisig, »was Ihr Erscheinen in meinem Zimmer eigentlich zu bedeuten hat?«
Fisher lächelte plötzlich nicht mehr. Er warf Griff einen vielsagenden Blick zu.
»Meine Herren«, sagte er, »wie Sie wissen, habe ich dieses Zimmer unmittelbar vor Ihnen betreten. Ich hatte also noch keine Möglichkeit, Miss Mokley über den Zweck meines Besuches zu unterrichten. Und ich glaube, daß es auch in Ihrem Interesse wäre, wenn Sie mich jetzt einige Fragen stellen ließen. Sobald ich damit fertig bin, steht es Ihnen selbstverständlich frei, Ihrerseits Ermittlungen anzustellen.«
Griff nickte.
»Sie sind mir noch immer eine Erklärung für Ihr Eindringen in mein Zimmer schuldig«, sagte Miss Mokley.
Fisher blickte sie ernst und vorwurfsvoll an.
»Als Sie vor einigen Tagen festgenommen wurden und sich vor der Polizei als Mary Briggs ausgaben, müssen Sie doch gewußt haben, daß man von Ihnen nähere Auskünfte verlangen würde.«
Das Mädchen starrte ihn an. Ihre Augen wurden immer größer. Ihr Atem ging hastig. Sie ließ sich in einen Sessel fallen.
»Wie haben Sie das festgestellt?« fragte sie.
Fisher lächelte selbstbewußt.
»Wie wir das festgestellt haben, tut nichts zur Sache. Uns interessiert nur, aus welchem Grunde Sie die Polizei zu täuschen versuchten.«
»Wozu die Frage?« sagte sie. »Ich wollte natürlich nicht in ein Verbrechen verwickelt werden. Die Beamten vermuteten offenbar, daß ich Tankstellen ausraubte. Sie können sich ja wohl vorstellen, wie mir zumute gewesen wäre, wenn die Zeitungen auf der Titelseite mein Bild gebracht hätten mit der Unterschrift, daß dieses Mädchen unter Raubverdacht festgenommen worden sei, als es mit einem betrunkenen Mann durch die Gegend fuhr.«
»Dann war also der Name, den Sie der Polizei nannten, falsch?«
»Ja natürlich.«
»Ich werde Ihnen jetzt eine Chance geben«, sagte Fisher, der plötzlich einen drohenden Ton anschlug. »Nutzen Sie diese eine Chance, Miss, um zu beweisen, daß Sie nichts auf dem Kerbholz haben. Sie wissen ja wohl, was es heißt, ins Gefängnis zu kommen, nicht wahr?«
Das Mädchen machte einen unsicheren Eindruck »Wie meinen Sie das?« fragte sie mit bebender Stimme. »Wenn Sie jetzt
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