Die Karriere-Bibel
ich in die Carnegie
Hall?« Der Passant schaut ihn kurz an und sagt: »Üben, üben, üben!«
Der Witz hat einen wahren Kern. Der Weg zu Spitzenleistungen führt über Mühen, Ausdauer und Rückschläge. Der Aikido-Meister
George Leonard beschrieb 1992 den Lernprozess als Plateauphasenmodell. Demnach lernen wir nicht linear, sondern von Ebene
zu Ebene: Wenn wir beginnen, eine neue Software, die Vokabeln einer fremden Sprache oder einen frischen Golfschwung zu lernen,
erfolgt zuerst eine Phase des schnellen Fortschritts. Durch alte Verhaltensmuster erleiden wir jedoch irgendwann einen leichten
Rückfall, es geht vorerst nicht weiter. Ab hier heißt es üben, üben, üben, bis wir die Zwischenschritte intus haben. Durch
Wiederholung schleifen sie sich ein. Erst dann erklimmen wir, durch weiteres Üben, das nächste Plateau.
Das Modell ist zugegebenermaßen recht simpel. Dafür veranschaulicht es gut, warum einige wahre Meister werden, während andere
nur den Dilettantenstatus perfektionieren. Letztere lassen sich in drei Typen unterscheiden: Die Ersten gehen anfangs euphorisch
an die neue Aufgabe heran. Dann allerdings kommt der erste Rückschlag – und mit ihm verpufft die Euphorie. Sie brechen frustriert
ab. Die Zweiten verharren auf dem ersten Plateau. Sie sind jetzt keine Anfänger mehr, und das Halbwissen reicht ihnen, um
durchzukommen. Wozu mehr Mühe? Diese Typen treffen ein bequemes, aber gefährliches Arrangement. Die Dritten nutzen die Chance
des Plateaus nicht, um das Antrainierte zu vertiefen. Kaum haben sie die eine Ebene erreicht, klettern sie weiter und weiter
– bis sie ausrutschen und abstürzen. Manche Dinge brauchen eben Zeit.
Der Meister hingegen lässt sich von Rückschlägen nicht abbringen. |300| Er behält sein Ziel im Auge, versucht es weiterhin, egal wie mühevoll das ist. Beherrscht er schließlich sein Metier, verlässt
er die Routine, um seine Grenzen auszubauen. Bis zum Sensei. Falls Sie bereits einen schwarzen Gürtel tragen – es gibt immer
ein nächsthöheres Plateau!
[ Menü ]
2. September
Heldennotstand – Wann Ambitionen gefährlich werden
Jeder Mensch hat drei Optionen, mit Verantwortung umzugehen: Er kann sie meiden, wo es nur geht. Das ist legitim, bringt aber
nicht weit. Man bleibt auf ewig ein Rädchen im Getriebe, ein Spielball der Mächtigen. Wenn das Ihr Ziel ist, sollten Sie dieses
Buch nicht weiterlesen.
Die zweite Option ist das genaue Gegenteil, sich also um Verantwortung zu reißen. Je größer die Verantwortung, umso besser.
Menschen, die so handeln, sind wie eine Supernova. Sie werden sehr schnell sehr groß und entwickeln hohe Strahlkraft. Leider
hält das nicht lange. Binnen kurzer Zeit sind solche Talente ausgeglüht und schrumpfen zum weißen Zwerg. Der Grund dafür ist
simpel: Manager neigen zu Arbeits-Alzheimer. Sie haben einen natürlichen Erinnerungsdefekt, welche Aufgaben sie vergeben und
welche Erfolge Mitarbeiter erzielt haben. Das Motto solcher Bosse: Solange es gut läuft und sich der Mitarbeiter bewährt,
bekommt er mehr Arbeit. Schließlich muss man Eifer belohnen. So laden sich die Fleißigen am Ende mehr Verantwortung auf, als
sie bewältigen können – und scheitern. Zuerst schleichen sich Fehler ein, dann können Termine nicht mehr eingehalten werden,
schließlich liefert man nur noch Mittelmaß ab, oder Schlimmeres. Der Chef wird das nicht akzeptieren – auch nicht, wenn bisher
Spitzenleistungen erbracht wurden. Arbeits-Alzheimer … Sie erinnern sich?!
Helden haben die dumme Angewohnheit, früh zu sterben. Wer ihr Schicksal nicht teilen will, sollte den Umgang mit seinen Ambitionen
lernen und Option drei wählen: nach so viel Verantwortung zu streben wie möglich, sie aber auch abzulehnen, falls nötig. Es
ist ein Zeichen von Professionalität und guter Organisation, bereits am |301| Anfang zu erklären, dass man das neue Projekt nicht auch noch stemmen kann – und nicht erst, wenn man kurz vor dem Abgrund
steht. Idealerweise zeigt man dabei eine
bereitwillige
Ablehnungshaltung: »Gerne übernehme ich diese Aufgabe. Wegen Projekt X und Y kann ich dann aber nicht die Qualität liefern,
die Sie und ich erwarten. Deshalb müssten wir klären, welches Projekt wir dafür verschieben.« Die Botschaft wird ein weiser
Chef würdigen. Sie selbst liefern derweil Spitzenleistung.
[ Menü ]
3. September
Augen auf und durch – Kühnheit siegt
Ramses II. (1298 bis 1213 v. Chr.)
Weitere Kostenlose Bücher