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Die Kartause von Parma

Die Kartause von Parma

Titel: Die Kartause von Parma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stendhal
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wieder erwachte, glaubte er sich in seiner Zelle und begriff nicht, wieso er Bäume sehen konnte. Schließlich kehrte die grausige Wahrheit wieder in sein Gedächtnis zurück. Sofort lief er nach dem Wall, den er auf einer breiten Treppe erstieg. Der Posten, der ganz in der Nähe stand, schnarchte in seinem Schilderhaus. Fabrizzio sah im Grase ein Kanonenrohr liegen; daran band er sein drittes Seil. Es war ein wenig zu kurz, und so fiel er in den schlammigen Graben, wo das Wasser etwa einen Fußtief sein mochte. Während er wieder aufstand und sich zurechtzufinden suchte, fühlte er sich von zwei Männern gefaßt. Im Augenblick erschrak er, aber alsbald hörte er dicht an seinem Ohre ganz leise flüstern: »Monsignore! Monsignore!« Jetzt begriff er, daß die Männer zur Duchezza gehörten. Unmittelbar darauf fiel er in tiefe Ohnmacht. Nach einer Weile merkte er, daß er von Leuten, die stumm und sehr rasch ausschritten, fortgetragen wurde. Dann machte man Halt, was ihn sehr beunruhigte; aber er hatte weder die Kraft zum Sprechen noch dazu, die Augen aufzuschlagen. Er fühlte, daß man ihn drückte; mit einem Male verspürte er den Duft der Kleider der Duchezza. Dieser Duft belebte ihn. Er öffnete die Augen und vermochte die Worte herauszubringen: »O teure Freundin!« Dann umfing ihn von neuem tiefe Ohnmacht.
    Der treue Bruno lag mit einer Handvoll dem Grafen Mosca ergebener Polizisten im Hinterhalt, zweihundert Schritt entfernt. Der Graf selbst hielt sich in einem Häuschen verborgen, unweit des Platzes, wo die Duchezza harrte. Wenn es nötig gewesen wäre, so hätte er ohne Zögern mit ein paar vertrauten Freunden, verabschiedeten Offizieren, den Degen gezogen. Er hielt sich gewissermaßen für verpflichtet, Fabrizzio das Leben zu retten, das ihn außerordentlich bedroht dünkte und dem die Begnadigung des Fürsten verbrieft gewesen wäre, wenn er, Mosca, damals nicht die Dummheit begangen hätte, Serenissimus eine Dummheit zu ersparen.
    Seit Mitternacht irrte die Duchezza, umgeben von Leuten, die bis an die Zähne bewaffnet waren, in dumpfem Schweigen um die Wälle der Zitadelle. Sie vermochte nicht ruhig auf einem Platze zu bleiben; sie dachte, es werde einen Kampf geben, um Fabrizzio seinen Verfolgern zu entreißen. Ihre erregte Phantasie hatte tausend Vorsichtsmaßregeln getroffen, die hier einzeln aufzuführen zu weitschweifig wäre und die unglaublich unvorsichtig waren. Man hat ausgerechnet, daß in jener Nachtmehr als achtzig Helfershelfer auf den Beinen waren und darauf warteten, für irgendeine außergewöhnliche Sache zu fechten. Glücklicherweise führten Ferrante und Ludovico den Oberbefehl über alles, und der Polizeiminister stand ja nicht auf der gegnerischen Seite. Graf Mosca gab acht, daß die Duchezza von niemandem verraten ward; als Minister wußte er von der ganzen Geschichte nichts.
    Die Duchezza verlor vollständig den Kopf, als sie Fabrizzio wiedersah. Krampfhaft schloß sie ihn in ihre Arme. Als sie sich von Blut besudelt sah, war sie außer sich. Es rührte von Fabrizzios Händen her; sie glaubte, er sei ernstlich verletzt. Mit Hilfe eines der Männer zog sie Fabrizzio den Rock aus und wollte ihn verbinden. Zum Glück war Ludovico zur Stelle. Energisch steckte er die Duchezza samt Fabrizzio in einen Wagen, der, in einem Garten dicht vor dem Stadttor verborgen, in Bereitschaft stand. Im Galopp ging es fort, um bei Sacca das jenseitige Ufer des Po zu erreichen. Ferrante bildete mit zwanzig wohlbewaffneten Leuten die Nachhut; er hatte sich bei seinem Haupte geschworen, Verfolger aufzuhalten. Der Graf, allein und zu Fuß, verließ die Umgebung der Zitadelle erst zwei Stunden später, als er sah, daß sich nichts rührte. ›Nun bin ich ein Hochverräter!‹ sagte er sich, berauscht vor Freude.
    Ludovico hatte den ausgezeichneten Einfall, einen jungen, dem Hause der Duchezza ergebenen Arzt, der viel Ähnlichkeit mit Fabrizzio hatte, in einen zweiten Wagen zu setzen.
    »Täuschen Sie eine Flucht vor in der Richtung auf Bologna!« sagte er zu ihm. »Benehmen Sie sich recht auffällig! Sehen Sie zu, daß Sie festgenommen werden! Dann widersprechen Sie sich in Ihren Aussagen, und schließlich gestehen Sie, Sie seien Fabrizzio del Dongo! Vor allem: gewinnen Sie Zeit! Seien Sie geschickt im Ungeschick! Sie kommen mit einem Monat Gefängnis davon, und die gnädige Frau wird Sie mit fünfzig Zechinen entschädigen.«
    »Wer wird an Geld denken, wenn man der gnädigen Frau einen Dienst leistet!«
    Er

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