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Die Kastratin

Die Kastratin

Titel: Die Kastratin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Unterhaltung mit, obwohl sie in der anderen Ecke des großen Zimmers stand.
    Der päpstliche Gesandte forderte die Kaiserin eindringlich zu treuer Hingabe an die katholische Kirche, aber auch zu Geduld ihrem irrenden Gemahl gegenüber auf. »Gott wird den Kaiser auf den rechten Pfad lenken«, hörte Giulia ihn sagen. »Vertraut auf seine Macht, Eure Majestät, und denkt an Euren Sohn Rudolf, der am Hofe Eures Bruders im wahren Glauben erzogen wird.«
    Bei dem Gedanken an ihren Sohn überzog ein Strahlen das Gesicht der Kaiserin. »Ich weiß, dass mein Sohn ein treuer Diener der einzigen und wahren Kirche ist. Um ihn mache ich mir keine Sorgen, um seinen Vater aber umso mehr. Solange mein Gatte von solchen Erzketzern wie Christoph von Württemberg umgeben ist, hängt das blutige Schwert der ewigen Verdammnis über ihm.«
    Piccolomini ergriff die Hand der Kaiserin und hielt sie fest. »Habt Mut, Majestät. Gott wird nicht zulassen, dass die Seele des Kaisers der ewigen Höllenpein verfällt. Auch die Kirche bleibt in dieser Sache nicht untätig. Der Württemberger wird den Kaiser nicht mehr lange mit seinen Lügen in Versuchung führen.«
    In seiner Stimme schwang ein Unterton mit, der Giulia die Haare zu Berge stehen ließ. Sie hätte gerne noch mehr erfahren, doch da beendete Piccolomini das Gespräch und verließ die Burgkapelle. Als er an Giulia vorbeikam, blieb er kurz stehen. »Kommt in einer Stunde bei mir vorbei. Ich habe einige neue Lieder erhalten, die Ihr lernen müsst.« Dabei winkte er dem Priester Luis de Vega, ihm zu folgen.
    Giulia sah den beiden nach und versuchte, ihre wirbelnden Gedanken zu ordnen. Wenn sie nicht alles täuschte, führte der Gesandte etwas gegen den Württemberger im Schilde. Was auch immer es sein mochte, es war bestimmt nicht im Sinne des Kaisers, der Frieden zwischen der katholischen Kirche und ihren abgespaltenen Teilen stiften wollte. Giulia vermutete, dass Piccolomini in Wien zurückgeblieben war, um seine Pläne unbeobachtet weitertreiben zu können. Aber sie konnte sich nicht erklären, was er in der Stadt ausrichten wollte, da Christoph von Württemberg wie die meisten anderen Edelleute den Kaiser begleitet hatte.
    Die Kammerfrau der Kaiserin trat auf Giulia zu und wies auf die Tür. »Ihre Majestät wünscht, alleine zu sein.«
    Giulia verbeugte sich vor der Kaiserin und der Dame und verließ den Raum so schnell, als stünde er in Flammen. Auf dem langen Weg in ihr Quartier stellte sie sich immer wieder die Frage, wie sie dem Herzog helfen könnte. Für sie stand fest, dass er in tödlicher Gefahr schwebte, aber sie konnte ihre Überzeugung nur aus dem Bauch heraus begründen und hatte überdies niemanden, den sie ins Vertrauen ziehen konnte.
    Sie war so in Gedanken versunken, dass sie sich in der Abzweigung irrte und es erst vor der Tür zu Piccolominis Räumen bemerkte. Sie starrte das Holz an, als wäre es ihr Feind, und wollte schon umkehren, denn die Stunde, nach der sie erscheinen sollte, war noch nicht verstrichen. Dann aber überlegte sie, anzuklopfen, um die Begegnung mit dem Gesandten schnell hinter sich zu bringen. Da Piccolomini es sich ausdrücklich verbeten hatte, während wichtiger Gespräche gestört zu werden, legte sie ihr Ohr an das Holz, um festzustellen, ob er alleine war, und hörte jemanden erregt sprechen. Sie verstand die Worte nicht, erkannte aber de Vegas spanischen Akzent. Der Beichtvater der Königin schien ungewöhnlich echauffiert, der päpstliche Gesandte antwortete ihm dafür umso kühler, ja beinahe spöttisch. »Beruhigt Euch doch, de Vega. Ich kenne die Umtriebe der Ketzer hier in Wien besser, als Ihr denkt. Unsere Stunde wird bald kommen. Ich warte nur noch auf Nachricht von dem Baiern.«
    De Vega stieß heftig die Luft aus. »Soviel ich weiß, hat der Baier seine Pläne geändert. Er wird nicht erst nach Wien kommen, sondern sofort zum Heer des Kaisers stoßen. Mit ihm wird sich das Gewicht der kirchentreuen Fürsten hier am Hof zweifelsfrei wieder zu unseren Gunsten verschieben und die Ketzerei zurückgedrängt werden.«
    »Nicht nur das. Sein Erscheinen gibt mir die Waffe in die Hand, den gefährlichsten unserer Feinde aus dem Weg zu räumen und dem Einfluss der übrigen das Rückgrat zu brechen.« Piccolominis Stimme klang so selbstzufrieden, dass Giulia das Schlimmste für den Württemberger befürchtete.
    »Was habt Ihr vor?« De Vegas Stimme troff vor Neugier.
    Piccolomini schwieg einen Moment, als überlege er, ob er den Spanier

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