Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman
Ölgemälde.
-Wiedererrichtung eines Restaurants im vierzehnten Stock, Schwimmbecken zu ›Terrassencafe‹ umfunktionieren.
-Terrasse im Stil der Jahrhundertwende gestalten.
-Souterrain-Wohnungen für Personal modernisieren.
-Küchen und Waschküchen neu gestalten.
-Eigentümerwohnung im zwölften Stock wie nach Renovierung im Jahr 1925 erhalten.
Nachdem er diese ambitionierte Liste erstellt hatte, blies Qwilleran in seinen Schnurrbart – ein Ausdruck ungläubigen Staunens. Als er das letzte Kapitel studierte, hatte er noch mehr Grund dafür: Unter dem Strich stand eine neunstellige Summe. Er schluckte hörbar! Eine derartige Geldmenge überstieg sein Fassungsvermögen. Trotz seiner Erbschaft kaufte er seine Hemden noch immer von der Stange und führte Ferngespräche abends, zum verbilligten Tarif. Dennoch wußte er, daß der Klingenschoen-Fonds gewohnt war, ohne mit der Wimper zu zucken, Hunderte von Millionen auszugeben, und er schaffte es, nicht mit der Wimper zu zucken, obwohl er hörbar schluckte.
Während er so dasaß und über die Möglichkeiten und Probleme einer so umfangreichen Renovierung nachdachte, wurde die Stille der Bibliothek plötzlich von Trommeln unterbrochen. Das Trommeln kam von der Wand zu vierzehn-B. Dum dum dum dam-dam dum dam-dam dum BONG! Der letzte Schlag hallte wie ein chinesischer Gong nach. Dann hörte er eine schrille Stimme – die Worte konnte er nicht verstehen – und danach wieder das Trommeln.
Er ging hinaus auf die Terrasse und vorbei an den Glastüren von vierzehn-B, doch wie zuvor waren die Jalousien heruntergelassen. Dann ging er auf den Gang und horchte an der Tür seiner Nachbarin. Er konnte einen Singsang hören und dann wieder Trommeln und ein BONG! Er stand da, das Ohr fast an die Tür gelegt, als ihn Geräusche im Aufzugschacht warnten. Er machte einen Satz zurück – gerade rechtzeitig, denn im nächsten Augenblick entließ Old Red ein Wesen mit stachelig abstehenden Haaren in schwarzer Trikothose, schwarzen Stiefeln, einem schwarzen Poncho und mit schwarzgeschminkten Augen.
»Guten Abend«, sagte er zu dem Wesen und bemühte sich dabei um einen gutnachbarlichen Tonfall.
Ohne zu antworten, fegte er oder sie an ihm vorbei, hämmerte an die Tür von vierzehn-B und wurde unter spitzen, vogelähnlichen Schreien eingelassen.
Der Radau ließ die beiden Katzen völlig kalt; vollgestopft mit Krabbenfleisch und Geleekrapfen lagen sie irgendwo und schliefen sich aus. Qwilleran hingegen verbrachte die nächsten zwei Stunden bei geschlossenen Glastüren und voll aufgedrehter Stereoanlage in der Galerie.
Gegen Ende des Abends, als das Trommeln verklungen war, hörte er Lärm auf dem Gang: Die Tür von vierzehn-B fiel ins Schloß, schrille, mißtönende Stimmen ertönten. Er nahm seinen Papierkorb, öffnete die Eingangstür und tat, als wolle er den Abfall hinausstellen. Dabei bekam er weitere Wesen in Schwarz zu Gesicht, die schnatterten und kreischten wie Bewohner eines Regenwaldes und in Old Red einstiegen. Als sie ihn erblickten, verstummten sie und starrten ihn mit schwarzumränderten Augen an. Qwilleran sagte sich feixend, daß sie wohl Jünger irgendeines Satanskults waren und jetzt mit Old Red in höllische Gefilde hinunterfuhren.
Vielleicht war es die plötzliche Stille, die die Katzen aufweckte, oder ihre innere Uhr, die ihnen sagte, daß es Zeit für ihr Elfuhrhäppchen war. Was immer sie geweckt hatte, sie tauchten von ihrem Schlafplatz auf und vollführten ihr übliches Ritual: Sie gähnten und streckten sich, zuerst beide Vorderbeine, dann ein Hinterbein. Koko sprang auf den Schreibtisch und schnupperte das Grinchman-&-Hills-Gutachten ab. Yum Yum erhob sich auf die Hinterbeine, legte die Pfoten auf den Rand des Papierkorb es und spähte in seine Tiefen, in der Hof fnung, ein zusammengeknülltes Blatt Papier oder ein Stück Schnur zu finden.
»Ich weiß nicht, wie das mit euch ist«, sagte Qwilleran zu den beiden, »aber ich habe einen äußerst interessanten Abend hinter mir. Wenn wir tun, was der Architekt vorschlägt, dann wird dieses Gebäude bald nicht mehr aussehen wie ein Kühlschrank und kein Schandfleck auf dem Zwinger Boulevard mehr sein. Die Eingangshalle wird eine Attraktion sein, die Wohnungen werden aussehen wie Paläste, auf dem Dach wird es ein exklusives Restaurant geben, und man wird keine Katzen mehr halten dürfen. Was sagt ihr dazu?«
»Yau«, machte Koko, der jetzt das Sofa in der Bibliothek untersuchte. Es war mit einer
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